Discussion:
Diskusion, interesiert, Pasivitaet: systematisch?
(zu alt für eine Antwort)
Andreas Karrer
2025-02-16 23:04:56 UTC
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Hierzugruppe hat man sich schon öfter über die Marotte von Radio- und
Fernsehsprechern aufgehalten, die "Diskusion" statt "Diskussion" sagen,
also das zweite s stimmhaft.

In diesem Fernsehduell kürzlich sagte Maybrit Illner "interesiert",
mit stimmhaftem s.

In einem Podcast sagte der Psychoanalytiker Jakob Müller "Pasivität",
stimmhaftes s.

Diese letzteren zwei sprechen ein nahezu akzentfreies Hochdeutsch (aus
meiner CH-Sicht jedenfalls, und in Bezug auf stimmhafte s bin ich ja
sicher keine Autorität). Natürlich machen auch drei Schwalben noch
keinen Sommer, aber dennoch: Ist da irgendwie ein systematischer
Sprachwandel im Gange?

- Andi
Hans
2025-02-17 08:35:56 UTC
Permalink
Post by Andreas Karrer
Hierzugruppe hat man sich schon öfter über die Marotte von Radio- und
Fernsehsprechern aufgehalten, die "Diskusion" statt "Diskussion" sagen,
also das zweite s stimmhaft.
In diesem Fernsehduell kürzlich sagte Maybrit Illner "interesiert",
mit stimmhaftem s.
In einem Podcast sagte der Psychoanalytiker Jakob Müller "Pasivität",
stimmhaftes s.
Diese letzteren zwei sprechen ein nahezu akzentfreies Hochdeutsch (aus
meiner CH-Sicht jedenfalls, und in Bezug auf stimmhafte s bin ich ja
sicher keine Autorität). Natürlich machen auch drei Schwalben noch
keinen Sommer, aber dennoch: Ist da irgendwie ein systematischer
Sprachwandel im Gange?
Leicht möglich, nach dem Motto "Das einzig Beständige ist der Wandel".
HP Schulz
2025-02-17 08:55:34 UTC
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On Sun, 16 Feb 2025 23:04:56 -0000 (UTC), Andreas Karrer
Post by Andreas Karrer
Hierzugruppe hat man sich schon öfter über die Marotte von Radio- und
Fernsehsprechern aufgehalten, die "Diskusion" statt "Diskussion" sagen,
also das zweite s stimmhaft.
In diesem Fernsehduell kürzlich sagte Maybrit Illner "interesiert",
mit stimmhaftem s.
In einem Podcast sagte der Psychoanalytiker Jakob Müller "Pasivität",
stimmhaftes s.
Diese letzteren zwei sprechen ein nahezu akzentfreies Hochdeutsch (aus
meiner CH-Sicht jedenfalls, und in Bezug auf stimmhafte s bin ich ja
sicher keine Autorität). Natürlich machen auch drei Schwalben noch
keinen Sommer, aber dennoch: Ist da irgendwie ein systematischer
Sprachwandel im Gange?
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
Dass jemand das falsch (mit nur einem s) Geschriebene dann auch
wirklich "richtig" (nämlich stimmhaft) ausspricht, habe ich bisher
noch nicht erlebt.
HP Schulz
2025-02-17 08:57:10 UTC
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Post by HP Schulz
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
So ungefähr vom Kaliber "Rezession"

VG Ingrid
wolfgang s
2025-02-17 09:06:48 UTC
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Post by HP Schulz
Post by HP Schulz
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
So ungefähr vom Kaliber "Rezession"
?
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Currently listening:


http://www.wschwanke.de/ usenet_20031215 (AT) wschwanke (DOT) de
Andreas Karrer
2025-02-17 11:38:25 UTC
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Post by HP Schulz
Post by HP Schulz
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
So ungefähr vom Kaliber "Rezession"
Das scheint mir korrekt geschrieben zu sein. Meinst du die
Falschschreibung "Rezesion" (wohl eher selten), die Verwechslung von
Rezession und Rezension (andere Beustelle) oder -- darum geht es mir --
die Aussprache von Rezession mit stimmhaftem s? Das habe ich noch nir
gehört, wäre die vierte Schwalbe.

- Andi
Stefan Schmitz
2025-02-17 12:23:02 UTC
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Post by Andreas Karrer
Post by HP Schulz
Post by HP Schulz
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
So ungefähr vom Kaliber "Rezession"
Das scheint mir korrekt geschrieben zu sein. Meinst du die
Falschschreibung "Rezesion" (wohl eher selten), die Verwechslung von
Rezession und Rezension (andere Beustelle) oder -- darum geht es mir --
die Aussprache von Rezession mit stimmhaftem s? Das habe ich noch nir
gehört, wäre die vierte Schwalbe.
Rezession kann ich mir viel eher mit stimmhaftem s vorstellen als
interessiert oder Passivität.
Bist du sicher, dass du dich nicht verhört hast? Die akustische
Unterscheidung der verschiedenen s scheint individuell zu sein.
HP Schulz
2025-02-17 15:38:23 UTC
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On Mon, 17 Feb 2025 11:38:25 -0000 (UTC), Andreas Karrer
Post by Andreas Karrer
Post by HP Schulz
Post by HP Schulz
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
So ungefähr vom Kaliber "Rezession"
Das scheint mir korrekt geschrieben zu sein. Meinst du die
Falschschreibung "Rezesion" (wohl eher selten), die Verwechslung von
Rezession und Rezension (andere Beustelle)
Das meine ich. Da wird allerdings das falsche Wort (Rezession) sowohl
geschrieben als auch gesprochen.

Gerade fällt mir noch - im Gesprochenen - die Aussprache "Assesoire"
für das Wort 'Accessoire" ein.

Und natürlich 'Assi' (geschrieben und gesprochen), wo es mit einem
Minimum an Folgerichtigkeit "Asi" heißen müsste.
Post by Andreas Karrer
oder -- darum geht es mir --
die Aussprache von Rezession mit stimmhaftem s?
Eher nicht. Obwohl ... Rezension hat ja ein stimmhaftes s, Rezession
hingegen stimmlos. Also fällt das ein wenig auch hier ins Thema.
Markus Ermert
2025-02-17 15:40:04 UTC
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Post by HP Schulz
Rezension hat ja ein stimmhaftes s,
Nicht überall in DACH.
HP Schulz
2025-02-17 15:48:33 UTC
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Post by Markus Ermert
Post by HP Schulz
Rezension hat ja ein stimmhaftes s,
Nicht überall in DACH.
Ja, richtig, Oberdeutsch hat kein stimmhaftes s.
Thomas Schade
2025-02-17 15:55:03 UTC
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Post by HP Schulz
Gerade fällt mir noch - im Gesprochenen - die Aussprache "Assesoire"
für das Wort 'Accessoire" ein.
Das kenne ich auch so, aber dann beide Vorkommen von s stimmlos bzw.
'scharf' gesprochen, also 'assessoire'.
Post by HP Schulz
Und natürlich 'Assi' (geschrieben und gesprochen), wo es mit einem
Minimum an Folgerichtigkeit "Asi" heißen müsste.
Das hängt davon ab, ob 'Asozial' oder 'Assistent' gemeint ist. Ich kenne
es leider in beiden Bedeutungen.


Ciao
Toscha
--
If you think we can't change the world, it just means
you're not one of those who will. [Jacques Fresco]
HP Schulz
2025-02-17 18:30:12 UTC
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Post by Thomas Schade
Post by HP Schulz
Gerade fällt mir noch - im Gesprochenen - die Aussprache "Assesoire"
für das Wort 'Accessoire" ein.
Das kenne ich auch so, aber dann beide Vorkommen von s stimmlos bzw.
'scharf' gesprochen, also 'assessoire'.
Post by HP Schulz
Und natürlich 'Assi' (geschrieben und gesprochen), wo es mit einem
Minimum an Folgerichtigkeit "Asi" heißen müsste.
Das hängt davon ab, ob 'Asozial' oder 'Assistent' gemeint ist. Ich kenne
es leider in beiden Bedeutungen.
"Assi" kenne ich als 70er-Sprech im Unibereich. Komischer Weise
hauptsächlich im naturwissenschaftlichen Umfeld.

Gemeint hatte ich natürlich "Asozialer".
Thomas Schade
2025-02-17 19:15:35 UTC
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Post by HP Schulz
Post by Thomas Schade
Post by HP Schulz
Und natürlich 'Assi' (geschrieben und gesprochen), wo es mit einem
Minimum an Folgerichtigkeit "Asi" heißen müsste.
Das hängt davon ab, ob 'Asozial' oder 'Assistent' gemeint ist. Ich kenne
es leider in beiden Bedeutungen.
"Assi" kenne ich als 70er-Sprech im Unibereich. Komischer Weise
hauptsächlich im naturwissenschaftlichen Umfeld.
Ich hätte 'komischer Weise' eher zusammen geschrieben. Der 'Assi' läuft
mir zunehmend über den Weg bei Assistenzsystemen im Auto, wie
Spurhalte-Assi, Geschwindigkeits-Assi u. a.


Ciao
Toscha
--
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den
gleichen Horizont. [Konrad Adenauer]
wolfgang s
2025-02-17 09:08:17 UTC
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Post by HP Schulz
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
Dass jemand das falsch (mit nur einem s) Geschriebene dann auch
wirklich "richtig" (nämlich stimmhaft) ausspricht, habe ich bisher
noch nicht erlebt.
Andreas hat es ja aus dem Fernsehen berichtet. Ich hatte auch mal einen
westdeutschen Kollegen, mit der Aussprache der "Diskusion". Vielleicht
ist es einfach eine regionale Variante, die aus irgendwelchen Gründen
gerade im Trend ist?
--
Currently listening: http://youtu.be/7uormHj8Il0

http://www.wschwanke.de/ usenet_20031215 (AT) wschwanke (DOT) de
Andreas Karrer
2025-02-17 11:30:22 UTC
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Post by HP Schulz
On Sun, 16 Feb 2025 23:04:56 -0000 (UTC), Andreas Karrer
Post by Andreas Karrer
Hierzugruppe hat man sich schon öfter über die Marotte von Radio- und
Fernsehsprechern aufgehalten, die "Diskusion" statt "Diskussion" sagen,
also das zweite s stimmhaft.
In diesem Fernsehduell kürzlich sagte Maybrit Illner "interesiert",
mit stimmhaftem s.
In einem Podcast sagte der Psychoanalytiker Jakob Müller "Pasivität",
stimmhaftes s.
Diese letzteren zwei sprechen ein nahezu akzentfreies Hochdeutsch (aus
meiner CH-Sicht jedenfalls, und in Bezug auf stimmhafte s bin ich ja
sicher keine Autorität). Natürlich machen auch drei Schwalben noch
keinen Sommer, aber dennoch: Ist da irgendwie ein systematischer
Sprachwandel im Gange?
Ich sehe das zuvörderst als eine Schreibfehler-Mode.
Das mags auch geben, darum geht es nicht, sondern um die Aussprache von
Wörtern mit ss mit stimmhaftem S. Ich hatte die drei Wörter in der
Betreffzeile mit Absicht mit einem s geschrieben, um anzudeuten, wie
die Sprecher das aussprechen.

- Andi
Christian Weisgerber
2025-02-17 11:14:50 UTC
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Post by Andreas Karrer
Diese letzteren zwei sprechen ein nahezu akzentfreies Hochdeutsch (aus
meiner CH-Sicht jedenfalls, und in Bezug auf stimmhafte s bin ich ja
sicher keine Autorität). Natürlich machen auch drei Schwalben noch
keinen Sommer, aber dennoch: Ist da irgendwie ein systematischer
Sprachwandel im Gange?
Es ist ein natürlicher phonetischer Prozess, einen Konsonanten
zwischen zwei Vokalen, die ja stimmhaft sind, dann ebenfalls stimmhaft
zu sprechen. Das passiert also einfach immer mal auch bei Leuten,
die den Konsonanten eigentlich stimmlos sprechen.

Und ja, daraus kann eine Lautverschiebung erwachsen. Für historische
Beispiele für [s] > [z] könnte ich auf Altlatein, Altfranzösisch,
Altenglisch oder einfach Deutsch verwei_s_en. Ein Beispiel, wo ein
Wort mit /s/ entlehnt wurde, dann aber /z/ entwickelt hat, ist
englisch „possess“ /pəˈzɛs/.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Andreas Karrer
2025-02-17 12:09:53 UTC
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Post by Christian Weisgerber
Post by Andreas Karrer
Diese letzteren zwei sprechen ein nahezu akzentfreies Hochdeutsch (aus
meiner CH-Sicht jedenfalls, und in Bezug auf stimmhafte s bin ich ja
sicher keine Autorität). Natürlich machen auch drei Schwalben noch
keinen Sommer, aber dennoch: Ist da irgendwie ein systematischer
Sprachwandel im Gange?
Es ist ein natürlicher phonetischer Prozess, einen Konsonanten
zwischen zwei Vokalen, die ja stimmhaft sind, dann ebenfalls stimmhaft
zu sprechen. Das passiert also einfach immer mal auch bei Leuten,
die den Konsonanten eigentlich stimmlos sprechen.
Das - stimmloser Konsonant zwischen zwei Vokalen - kommt doch dauernd
vor. Dennoch spricht kaum jemand Wasser, Messung, Massage, bissig,
Bussard mit stimmhaftem s.

Das Phänomen tritt wohl eher bei Fremdwörtern auf.

- Andi
Christian Weisgerber
2025-02-17 13:29:49 UTC
Permalink
Post by Andreas Karrer
Das - stimmloser Konsonant zwischen zwei Vokalen - kommt doch dauernd
vor. Dennoch spricht kaum jemand Wasser, Messung, Massage, bissig,
Bussard mit stimmhaftem s.
Was zu prüfen wäre.
Post by Andreas Karrer
Das Phänomen tritt wohl eher bei Fremdwörtern auf.
Auch die Betonung mag eine Rolle spielen.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Helmut Richter
2025-02-17 16:59:28 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Andreas Karrer
Das - stimmloser Konsonant zwischen zwei Vokalen - kommt doch dauernd
vor. Dennoch spricht kaum jemand Wasser, Messung, Massage, bissig,
Bussard mit stimmhaftem s.
Was zu prüfen wäre.
Post by Andreas Karrer
Das Phänomen tritt wohl eher bei Fremdwörtern auf.
Auch die Betonung mag eine Rolle spielen.
Ja, sie mag. Im Deutschen werden die meisten unbetonten Silben kurz
gesprochen, auch wenn ihnen nur *ein* Konsonant folgt (z.B. der erste
Vokal in Vokal, Regal, Butan, Politik), oft konsequenterweise auch offen
obwohl das nicht wörterbuchgemäß ist.

So werden „kumulieren“ und „diskutieren“ mit zwar unbetont-kurzem, aber
zumindest offiziell geschlossenem u in der zweiten Silbe gesprochen, weil
das u in einer offenen Silbe liegt. Da liegt „Diskussion“ ein wenig neben
dem Sprachgefühl und wird quasi als Ausnahme beim Schreiben gelernt –
schließlich schreibt man ja auch nicht „*Kumullation“.

In solchen Fällen haben oft Verb und Substantiv verschieden viele
Konsonanten: infundieren/Infusion, trahieren/Traktion.
--
Helmut Richter
Markus Ermert
2025-02-17 15:29:24 UTC
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Post by Andreas Karrer
Hierzugruppe hat man sich schon öfter über die Marotte von Radio- und
Fernsehsprechern aufgehalten, die "Diskusion" statt "Diskussion" sagen,
also das zweite s stimmhaft.
In diesem Fernsehduell kürzlich sagte Maybrit Illner "interesiert",
mit stimmhaftem s.
In einem Podcast sagte der Psychoanalytiker Jakob Müller "Pasivität",
stimmhaftes s.
Ich höre immer wieder solche stimmhaften s von allen möglichen Sprechern in
allen möglichen Situationen.

Es mag nicht der perfekten Bühnenaussprache entsprechen, ich nehme es aber
nicht als Fehler wahr. Es bewegt sich in der Bandbreite möglicher
Aussprachen, wenn auch nicht auf allerhöchsten Niveau.

Vergleichbar mit der regionalen Färbung bei "er", "art", "ort" oder
ähnlichen Endsilben, die die meisten normalen und auch viele professionelle
Sprecher haben.

Ich glaube ohnehin, dass sich die meisten Sprecher des Unterschieds der
Stimmhaftigkeit der "s" ebensowenig bewusst sind wie der diversen
Mundpositionen des "r". In der Praxis sind diese Unterschiede unauffällig.
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