Discussion:
Neu im Geschäft?: sich zurechtruckeln (sich einruckeln)
(zu alt für eine Antwort)
Ralf Joerres
2020-03-30 12:38:48 UTC
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Ich nehme an, hier wird es auch schon dem einen oder anderen aufgefallen sein:
Das Verb "sich zurechtruckeln"wird derzeit gerne bemüht, um eine Kombination
von 'muss sich erst noch einspielen' und 'holpriger Start' in einem Bild
zusammenzufassen.

Der 'holprige Start' ist seinerseits schon lange mit dabei. Den frühesten Fund
in den Zeitungskorpora bei DWDS gab's 1982 als Einzelstück, den nächsten dann
erst wieder 1990 einer, die nächsten ab Ende der 80er, und erst in den 90er
und nuller Jahren gab's mehr davon.

Google Books vermeldet einen 'holprigen Start' schon 1970 in einem Buch mit
dem Titel "Oper und Fernsehen". Wenn man Google Ngram Viewer vertrauen kann,
mit stark steigender Tendenz bis 2012 - da endet der Ngram Viewer.

'Sich einruckeln' gibt's übrigens auch schon länger: DWDS kennt es nicht,
aber Google findet reichlich davon. Bereits 2009 unterhielten sich ein paar
Leute auf dict.leo.org darüber.

Ich ziehe daraus den Schluss, dass es für neue Formulierungsmoden fast
immer weiter zurückliegende Vorläufer gibt, von denen man nichts mitbekom-
men hatte. Und auch den: Wo genau der Punkt ist, an dem ein Wort sich mit
einer gewissen Verbreitungsdichte durchsetzt, lässt sich nicht genau
bestimmen. Manche schauen nur in die Wörterbücher und denken, damit haben
sie eine verlässliche Auskunft. Naturgemäß findet man da aber nur den
Berichtsstand von vor 5 bis 10 Jahren. Vieles von der sogenannten Umgangs-
sprache wird überhaupt nie aufgenommen. Ist für den einzelnen sowieso schwer
zu unterscheiden, ob etwas ein Regionalismus oder verbreitete standardnahe
Umgangssprache ist.

Gruß Ralf Joerres
Frank Hucklenbroich
2020-03-30 14:53:09 UTC
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Post by Ralf Joerres
Das Verb "sich zurechtruckeln"wird derzeit gerne bemüht, um eine Kombination
von 'muss sich erst noch einspielen' und 'holpriger Start' in einem Bild
zusammenzufassen.
Ich kannte es bis gerade eben nicht, aber mir ist klar, was gemeint ist.

Grüße,

Frank
Ralf Joerres
2020-03-30 15:01:59 UTC
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Post by Ralf Joerres
Das Verb "sich zurechtruckeln"wird derzeit gerne bemüht, um eine Kombination
von 'muss sich erst noch einspielen' und 'holpriger Start' in einem Bild
zusammenzufassen.
Der 'holprige Start' ist seinerseits schon lange mit dabei. Den frühesten Fund
in den Zeitungskorpora bei DWDS gab's 1982 als Einzelstück, den nächsten dann
erst wieder 1990 einer, die nächsten ab Ende der 80er, und erst in den 90er
und nuller Jahren gab's mehr davon.
Google Books vermeldet einen 'holprigen Start' schon 1970 in einem Buch mit
dem Titel "Oper und Fernsehen". Wenn man Google Ngram Viewer vertrauen kann,
mit stark steigender Tendenz bis 2012 - da endet der Ngram Viewer.
'Sich einruckeln' gibt's übrigens auch schon länger: DWDS kennt es nicht,
aber Google findet reichlich davon. Bereits 2009 unterhielten sich ein paar
Leute auf dict.leo.org darüber.
Ich ziehe daraus den Schluss, dass es für neue Formulierungsmoden fast
immer weiter zurückliegende Vorläufer gibt, von denen man nichts mitbekom-
men hatte. Und auch den: Wo genau der Punkt ist, an dem ein Wort sich mit
einer gewissen Verbreitungsdichte durchsetzt, lässt sich nicht genau
bestimmen. Manche schauen nur in die Wörterbücher und denken, damit haben
sie eine verlässliche Auskunft. Naturgemäß findet man da aber nur den
Berichtsstand von vor 5 bis 10 Jahren. Vieles von der sogenannten Umgangs-
sprache wird überhaupt nie aufgenommen. Ist für den einzelnen sowieso schwer
zu unterscheiden, ob etwas ein Regionalismus oder verbreitete standardnahe
Umgangssprache ist.
Ich kenne "sich zurechtruckeln, etwas r. sich zurecht" aus einer Art entgegenkommender Therapiesprache. Es bedeutet etwa "einen angemessenen Platz finden".
Könnt'ste mal ein Beispiel geben? Ich kann mir das grad in einer
Therapiesituation nicht so recht vorstellen. Naja, vielleicht bei
einer kompletten Neuausrichtung, z.B. Scheidung, Umzug, Berufswechsel,
da müssen sich dann viele Dinge erst zurechtruckeln, bevor sie
wieder normal laufen. So?

Gruß Ralf Joerres
Gunhild Simon
2020-03-30 15:10:15 UTC
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Post by Ralf Joerres
Post by Ralf Joerres
Das Verb "sich zurechtruckeln"wird derzeit gerne bemüht, um eine Kombination
von 'muss sich erst noch einspielen' und 'holpriger Start' in einem Bild
zusammenzufassen.
Der 'holprige Start' ist seinerseits schon lange mit dabei. Den frühesten Fund
in den Zeitungskorpora bei DWDS gab's 1982 als Einzelstück, den nächsten dann
erst wieder 1990 einer, die nächsten ab Ende der 80er, und erst in den 90er
und nuller Jahren gab's mehr davon.
Google Books vermeldet einen 'holprigen Start' schon 1970 in einem Buch mit
dem Titel "Oper und Fernsehen". Wenn man Google Ngram Viewer vertrauen kann,
mit stark steigender Tendenz bis 2012 - da endet der Ngram Viewer.
'Sich einruckeln' gibt's übrigens auch schon länger: DWDS kennt es nicht,
aber Google findet reichlich davon. Bereits 2009 unterhielten sich ein paar
Leute auf dict.leo.org darüber.
Ich ziehe daraus den Schluss, dass es für neue Formulierungsmoden fast
immer weiter zurückliegende Vorläufer gibt, von denen man nichts mitbekom-
men hatte. Und auch den: Wo genau der Punkt ist, an dem ein Wort sich mit
einer gewissen Verbreitungsdichte durchsetzt, lässt sich nicht genau
bestimmen. Manche schauen nur in die Wörterbücher und denken, damit haben
sie eine verlässliche Auskunft. Naturgemäß findet man da aber nur den
Berichtsstand von vor 5 bis 10 Jahren. Vieles von der sogenannten Umgangs-
sprache wird überhaupt nie aufgenommen. Ist für den einzelnen sowieso schwer
zu unterscheiden, ob etwas ein Regionalismus oder verbreitete standardnahe
Umgangssprache ist.
Ich kenne "sich zurechtruckeln, etwas r. sich zurecht" aus einer Art entgegenkommender Therapiesprache. Es bedeutet etwa "einen angemessenen Platz finden".
Könnt'ste mal ein Beispiel geben? Ich kann mir das grad in einer
Therapiesituation nicht so recht vorstellen. Naja, vielleicht bei
einer kompletten Neuausrichtung, z.B. Scheidung, Umzug, Berufswechsel,
da müssen sich dann viele Dinge erst zurechtruckeln, bevor sie
wieder normal laufen. So?
Ich bin nicht so theapieerfahren.
Aber du hast erfaßt, was es heißt: Das ruckelt sich zurecht.

Gruß
Gunhild
Martin Gerdes
2020-03-31 15:32:32 UTC
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Post by Ralf Joerres
Ich nehme an, hier wird es auch schon dem einen oder anderen
aufgefallen sein: Das Verb "sich zurechtruckeln"wird derzeit
gerne bemüht, um eine Kombination von 'muss sich erst noch
einspielen' und 'holpriger Start' in einem Bild zusammenzufassen.
Ich kenne "sich zurechtruckeln, etwas r. sich zurecht" aus
einer Art entgegenkommender Therapiesprache. Es bedeutet etwa
"einen angemessenen Platz finden".
"Etwas zurechtruckeln"? Wunderbares Bild. Wenn ich den Begriff höre,
steht vor meinem geistigen Auge sofort der Möbelverkäufer Paul
Winkelmann (Loriot) aus "Ödipussi", der eine _etwas_ schwergängige
Kommodenschublade schließt.
U***@web.de
2020-04-02 07:17:45 UTC
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Post by Ralf Joerres
Google Books vermeldet einen 'holprigen Start' schon 1970 in einem Buch mit
dem Titel "Oper und Fernsehen". Wenn man Google Ngram Viewer vertrauen kann,
mit stark steigender Tendenz bis 2012
Wer nicht nur nach Denglisch sucht,
wird deutlich früher fündig:
https://books.google.de/books?id=oWMuAAAAYAAJ&q=%22holprigen+Anfang%22&dq=%22holprigen+Anfang%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi9v_7El8noAhUE26QKHdY1AgMQ6AEIKDAA

Gruß, ULF

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