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Regionale Orts- und Einwohnerbezeichnungen
(zu alt für eine Antwort)
Matthias Opatz
2008-09-18 16:16:41 UTC
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In der "Thüringer Allgemeinen" fand ich folgendes Gespräch mit der
Jenaer Sprachwissenschaftlerin Sylvia Weigelt zu der Erscheinung,
Einwohner von anderen Orten mit scherzhaften oder ironischen
Bezeichnungen zu versehen, die zuweilen auch als Selbstbezeichnung
übernommen werden. - Quelle: <http://tinyurl.com/45cnzj> bzw.
<http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.drucken.artikel.php?http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.onlinesuche.volltext.php?zulieferer=ta&redaktion=redaktion&dateiname=dateiname&kennung=on10taTHUThuNational39707&catchline=catchline&kategorie=kategorie&rubrik=Thueringen&region=National&bildid=&searchstring=reiser-fischer&dbserver=1&dbosserver=1&other=&auftritt=TA&kennung=on10taTHUThuNational39707&zulieferer=ta>

| _*Puffbohne und Schneckenhengst*_
|
| Was viele schon immer mal wissen wollten: Wieso sind die Erfurter
| Puffbohnen? Die Geraer Fettguschen? Wer denkt sich so was aus und warum?
| TA fragte die Jenaer Sprachwissenschaftlerin Sylvia WEIGELT (56).
|
| *Wenn Sie aus Jena stammen, was sind Sie da?*
|
| Jenaer Käsehitsche.
|
| *Finden Sie das lustig?*
|
| Originell. Fast immer versteckt sich dahinter eine Geschichte.
|
| *Sie sammeln solche Namen.*
|
| Genau, ich habe im September 2007 die Arbeit angefangen, inzwischen über
| 200 Namen zusammengetragen und begonnen, ihre Herkunft zu erforschen.
|
| *Was gibt´s da so alles?*
|
| Elefantenkitzler in Niederroßla, Mühlhäuser Pflöcke, Sunnbarcher Fresser,
| Pfiffelbacher Schnarcher, die Apoldaer sind Gramonter, die Herbslebener
| Säfter, Bleicheröder Schneckenhengste . . .
|
| *Wie sind Sie drauf gekommen, sich damit zu befassen?*
|
| Ich war voriges Jahr mit meinem Kollegen Rainer Hohberg zu einer Lesung
| in Bleicherode. Da wurde bei einer Stadtführung die Sage von den
| Schneckenhengsten erzählt und dass die Bleicheröder eben Schneckenhengste
| sind. Eine Kulturmanagerin sagte zu uns, sie habe beim Studium jemanden
| getroffen, der sei auch Schneckenhengst gewesen. Das zeigte uns, dass es
| ein hohes Potenzial an Identifikation gibt, zumal in dem groß gewordenen
| Europa viele etwas wie Heimat suchen.
|
| *Wann entstanden die Namen?*
|
| Sie sind relativ jung. Die meisten stammen aus dem 18. und 19.
| Jahrhundert. Interessant ist: Im 20. Jahrhundert kam quasi kaum Neues
| dazu. Es gibt übrigens auch Ballungszentren für diese Namen, dazu gehört
| Ostthüringen, die Gegend um Lobenstein und Neuhaus sowie das Thüringer
| Becken, wo man die Dachwicher Hunne kennt und die Gierschter Gänse.
|
| *Wer hat sie sich ausgedacht?*
|
| Oft stecken Geschichten, verbürgte oder nur überlieferte dahinter, wie
| bei den Niederroßlaern der tragische Tod der Elefantenkuh Miss Baba.
| Manchmal ist auch ein bisschen Häme oder Konkurrenz der Nachbarn dabei
| oder Kirmesburschen haben sich so geneckt. Und manchmal hat sich der Name
| im Laufe der Jahre sogar geändert, denn Erfurter Puffbohnen gibt es erst
| seit 1837. Damals tauchten sie in einem Lied auf. Zuvor waren die
| Erfurter "Krebsfresser".
|
| *Sie haben bestimmt noch ein paar Geschichten dazu.*
|
| Jede Menge. Die Mühlhäuser sollen mit Pflöcken Feinde abgewehrt haben.
| Die Geraer sollen sich, weil sie arm waren, das aber niemals zugeben
| wollten, Fett um den Mund geschmiert haben, um mit angeblich fettem Essen
| zu prahlen. Die Blankenburger heißen Eselfresser. Der Graf von
| Schwarzburg soll einen Esel - ein direkter Nachfahre jenes Tieres, auf
| dem Jesus geritten ist - aus dem heiligen Land mitgebracht haben und die
| Blankenburger haben ihn verspeist. Die Creuzburger heißen Kröpp, weil
| einige Bürger der Stadt wohl einen Kropf hatten.
|
| *Wie sammeln und erforschen Sie die Namen?*
|
| Sie sind meist mündlich überliefert, manches kommt in Chroniken, Liedern,
| Sagensammlungen vor. Im Thüringer Wörterbuch ist manches bereits erfasst.
| Ich sammle weiter, schließlich gibt es fast 2400 Thüringer Orte.
|
| Gespräch: A. REISER-FISCHER.

In der Tat sind manch meiner Empfindung solche Bezeichnungen in
Thüringen signifikant häufiger als ich das aus meiner sächsischen
Herkunftsgegend kenne. Mir fallen gerade noch Blaunasen (Stadtilm)
und Wopper (Goldlauter b. Suhl) ein.

Neben den Bezeichnungen für die Bewohner gibt es zuweilen noch solche
für Orte: *Schiebock* (Bischofswerda; Dialektwort für Schubkarre),
Hoywoj (Hoyerswerda; Wortanfänge von Hoyerswerda und Wojerecy, wie
der Ortsname auf obersorbisch lautet), *Haneu* (Halle-Neustadt, bis
1990 nicht zu Halle gehörend, sondern eine - kreisfreie! - Stadt;
originell phonetische Anlehnung an Hanoi [1]), *Strings* (Strehla/Elbe),
*Nurzen* (Riethnordhausen; Herkunft unklar, möglicherweise eine
Zusammenziehung der zweiten und vierten Silbe) ...

Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?


Matthias



[1] Die Kürzung langer Namen auf zwei Silben ist verbreitet aber
selten so originell wie hier: Hibu (Hildburghausen), Menghämm
(Mengersgereuth-Hämmern), Othal (Oberwiesenthal). Dagegen geht
Limbo (Limbach-Oberfrohna), das mir zuerst als der Name eines
Freizeitbads begegnete, nach Aussagen von Eingeborenen nicht auf
einen regionalen Usus zurück, sondern ist eine Neuschöpfung.
--
Die Regierungen der Päpste waren nur kurz, obgleich immer der Vater
auf den Sohn folgte. Prof. Galletti
Wer zum Kuckuck ist dieser Galletti? => <http://www.galletti.de/>
= Bitte bei Mailantwort Großbuchstaben aus Reply-Adresse löschen. =
Holger Kunadt
2008-09-18 16:36:58 UTC
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Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Ich kenne noch "Gage" für das sächsische Großröhrsdorf.

Qno
--
»Der Urknall ist kein ruhestörender Lärm.«
(Artikel 1 Abs. 3 des Galaktischen Grundgesetzes)
http://www.urania-dresden.de/terrasse/ggg.htm
Martin Gerdes
2008-09-19 13:00:06 UTC
Permalink
Post by Holger Kunadt
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Ich kenne noch "Gage" für das sächsische Großröhrsdorf.
Wie spricht man das?

Die Tübinger Wingerter sind als "Gògen" bekannt, ("ò" ist offenes,
nasaliertes Wort wie in engl. "pawn"), das könnte das gleiche Wort sein.
--
Martin Gerdes
Holger Kunadt
2008-09-20 09:08:03 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Holger Kunadt
Ich kenne noch "Gage" für das sächsische Großröhrsdorf.
Wie spricht man das?
Genau so wie es da steht. Also wie "Frage", nur vorne mit "G". Laut
Wikipedia soll die Herkunft die sächsische Bezeichnung für "Krähe" sein.

Qno
--
»Der Urknall ist kein ruhestörender Lärm.«
(Artikel 1 Abs. 3 des Galaktischen Grundgesetzes)
http://www.urania-dresden.de/terrasse/ggg.htm
Ralf Heinrich Arning
2008-09-18 20:45:40 UTC
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Post by Matthias Opatz
In der "Thüringer Allgemeinen" fand ich folgendes Gespräch mit der
Jenaer Sprachwissenschaftlerin Sylvia Weigelt zu der Erscheinung,
Einwohner von anderen Orten mit scherzhaften oder ironischen
Bezeichnungen zu versehen, die zuweilen auch als Selbstbezeichnung
übernommen werden. - Quelle: <http://tinyurl.com/45cnzj> bzw.
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Kann es sein, daß das sehr regional begrenzte Sitte ist? Mir kommt das
ziemlich fremd vor.

Ralf
T.a.k.
2008-09-18 22:03:37 UTC
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Post by Ralf Heinrich Arning
Post by Matthias Opatz
In der "Thüringer Allgemeinen" fand ich folgendes Gespräch mit der
Jenaer Sprachwissenschaftlerin Sylvia Weigelt zu der Erscheinung,
Einwohner von anderen Orten mit scherzhaften oder ironischen
Bezeichnungen zu versehen, die zuweilen auch als Selbstbezeichnung
übernommen werden. - Quelle: <http://tinyurl.com/45cnzj> bzw.
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Kann es sein, daß das sehr regional begrenzte Sitte ist? Mir kommt das
ziemlich fremd vor.
Ralf
Ne, gibt es auch hier im Hessischen, wenn auch mit Tendenz zum
Aussterben in den jüngeren Generationen. Hier leben Sandhasen,
Schlippscher, Schnotze (letzteres böse beleidigend). Von der Mosel
kenne ich die Cochemer Schmandelecker.

Gruß
T.a.k.
Helga Schulz
2008-09-19 10:27:44 UTC
Permalink
Post by Ralf Heinrich Arning
Post by Matthias Opatz
In der "Thüringer Allgemeinen" fand ich folgendes Gespräch mit der
Jenaer Sprachwissenschaftlerin Sylvia Weigelt zu der Erscheinung,
Einwohner von anderen Orten mit scherzhaften oder ironischen
Bezeichnungen zu versehen, die zuweilen auch als Selbstbezeichnung
übernommen werden. - Quelle: <http://tinyurl.com/45cnzj> bzw.
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Kann es sein, daß das sehr regional begrenzte Sitte ist? Mir kommt das
ziemlich fremd vor.
Nein, das ist wohl nur nicht zu Dir vorgedrungen, weil Du nicht
so stark lokal verankert warst.
Das ist eine sehr verbreitete Folklore, gewiß noch weit über D
hinaus (nicht nur DACH- das gibt es auch in anderen
Sprachgebieten). Man nennt das "Ortsneckereien". Den Bewohnern
des nächsten Dorfes Übernamen zu geben, ist ein traditioneller
Bestand davon. In Südbaden wird das gerne mal an Fasnacht
thematisiert, die Narrenvereine benennen sich mitunter nach den
"Übernamen".
Ich komm nicht mehr drauf, wie die Grießemer hießen.
Sackduechglunki? (Den Bewohnern von Grießen wurde nachgesagt, sie
ließen die Taschentücher halb aus den Hosentaschen hängen)
Neil Asset
2008-09-19 11:27:59 UTC
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Post by Ralf Heinrich Arning
Kann es sein, daß das sehr regional begrenzte Sitte ist? Mir kommt das
ziemlich fremd vor.
Mir kommt es so vor, als ob das alles Ostdeutsche Orte wären. Ich kann
mich allerdings auch irren. Solch ein Brauch ist mir jedenfalls weder
von meiner alten (Sauerland) noch von meiner neuen Heimat (Rheinhessen)
bekannt.
Dass es zwischen Bewohnern benachbarter Ortschaften nicht immer
friedlich zugeht, dürfte allerdings ein weltweites Phänomen sein.

NA
Helga Schulz
2008-09-19 18:38:18 UTC
Permalink
Post by Neil Asset
Post by Ralf Heinrich Arning
Kann es sein, daß das sehr regional begrenzte Sitte ist? Mir kommt das
ziemlich fremd vor.
Mir kommt es so vor, als ob das alles Ostdeutsche Orte wären.
Ja, wenn es ein Artikel aus der Thüringischen Zeitung über
Lokales ist, kann man das fast annehmen.

Es ist aber im Westen genauso verbreitet, meine Arbeitskollegen
damals im Musterzeichneratelier in Lörrach hatten auch für jeden
Ort einen Übernamen.
Ein Notar in Wuppertal erzählte, hier herrsche nicht Klein-Klein
wie anderswo, sondern Bergisch-Pepita: es geben sich schon die
Bewohner unterschiedlicher Straßenzüge Übernamen.
Post by Neil Asset
Ich kann
mich allerdings auch irren. Solch ein Brauch ist mir jedenfalls weder
von meiner alten (Sauerland) noch von meiner neuen Heimat (Rheinhessen)
bekannt.
Du hast wahrscheinlich noch nicht die erforderlichen 200 h am
Alteinheimischenstammtisch der örtlichen Dorfwirtschaft
abgesessen, so daß man Dich noch nicht für würdig erachtete, so
etwas mitbekommen zu dürfen.
Post by Neil Asset
Dass es zwischen Bewohnern benachbarter Ortschaften nicht immer
friedlich zugeht, dürfte allerdings ein weltweites Phänomen sein.
Sowieso.
Florian Ritter
2008-09-21 13:57:39 UTC
Permalink
Post by Helga Schulz
Post by Neil Asset
Post by Ralf Heinrich Arning
Kann es sein, daß das sehr regional begrenzte Sitte ist? Mir kommt das
ziemlich fremd vor.
Mir kommt es so vor, als ob das alles Ostdeutsche Orte wären.
Ja, wenn es ein Artikel aus der Thüringischen Zeitung über
Lokales ist, kann man das fast annehmen.
Warum so spitz, gute Frau? FR
Florian Ritter
2008-09-21 13:55:19 UTC
Permalink
Post by Ralf Heinrich Arning
Post by Matthias Opatz
In der "Thüringer Allgemeinen" fand ich folgendes Gespräch mit der
Jenaer Sprachwissenschaftlerin Sylvia Weigelt zu der Erscheinung,
Einwohner von anderen Orten mit scherzhaften oder ironischen
Bezeichnungen zu versehen, die zuweilen auch als Selbstbezeichnung
übernommen werden. - Quelle: <http://tinyurl.com/45cnzj> bzw.
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Kann es sein, daß das sehr regional begrenzte Sitte ist? Mir kommt das
ziemlich fremd vor.
Nö, gibt's auch in Mecklenburg. Die Einwohner der Geburtsstadt meiner
Mutter - Marlow - werden "Bärenfänger" genannt und hören das ganz und
garnicht gerne. Man wollte mir die damit zusammenhängende Geschichte
auch nicht erzählen.

Nähm s' mi näch oewel, ick komm ut Roebel - FR
René
2008-09-18 21:17:54 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Rolschter Brommochsen, Volkschter Wasserglotzer, Blankenburger Eselsfresser.
--
You may all go to hell, and I will go to Texas.
Helmut P. Einfalt
2008-09-19 04:50:04 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Stierwascher (Stadt-Salzburger).
Zeiseifånger ("Zeisigfänger", Halleiner; oft als "Halleiner Zeisei"
bezeichnet)...

Helmut
--
Nach dera Zei'n kimmt nix mehr
Andreas Karrer
2008-09-19 07:39:47 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
"Zürihegel" ist sogar im DWB verzeichnet. Es war offenbar ursprünglich
eine abschätzige Bezeichnung; heute wird das Wort von den Indigenen
durchaus mit Stolz verwendet:

narr, querkopf, schweiz. hegel, baurenhegel grobian STALDER 2, 30;
im Aargau wird der eigenname Heinrich in den spottnamen Heichel,
Zürih-Hegel 'querkopf' umgesetzt. ROCHHOLZ bei FROMM. 6, 458b; es
rührt das mundartliche verbum hegeln, 'hernehmen, mit worten oder
schlägen, auf eine niedrige art foppen' (STALDER a. a. o.), bair.
hegeln zum besten haben, aufziehen, necken (SCHM. 2, 164), schwäb.
hegen plagen (SCHMID 268) an; als die den hegel gefoppet (officiere
einen neuen ehemann), er würde mir (der frau) die hosen lassen
müssen. Simpl. 3, 40 Kurz.

Eine weiterer Hinweis darauf ausserdem, dass der Vorname Heinrich
allhier zu einer bestimmten Zeit sehr häufig gewesen sein muss, vgl.
http://groups.google.com/group/de.etc.sprache.deutsch/msg/b621a1b78a1e249f

Ein "Hegel" ist sonst ein Messer oder Taschenmesser; auch das war den
Grimms bekannt:

hegel, schweiz. auch eine schlechte art zulegemesser, mit hölzernem griff.

- Andi
Wolfram Heinrich
2008-09-19 07:47:25 UTC
Permalink
Post by Andreas Karrer
"Zürihegel" ist sogar im DWB verzeichnet. Es war offenbar ursprünglich
eine abschätzige Bezeichnung; heute wird das Wort von den Indigenen
narr, querkopf, schweiz. hegel, baurenhegel grobian STALDER 2, 30;
im Aargau wird der eigenname Heinrich in den spottnamen Heichel,
Zürih-Hegel 'querkopf' umgesetzt. ROCHHOLZ bei FROMM. 6, 458b; es
rührt das mundartliche verbum hegeln, 'hernehmen, mit worten oder
schlägen, auf eine niedrige art foppen' (STALDER a. a. o.), bair.
hegeln zum besten haben, aufziehen, necken (SCHM. 2, 164), schwäb.
hegen plagen (SCHMID 268) an; als die den hegel gefoppet (officiere
einen neuen ehemann), er würde mir (der frau) die hosen lassen
müssen. Simpl. 3, 40 Kurz.
"es rührt das mundartliche verbum hegeln, 'hernehmen, mit worten oder
schlägen, auf eine niedrige art foppen' (STALDER a. a. o.), bair. hegeln
zum besten haben, aufziehen, necken (SCHM. 2, 164)"

Ach, wenn das der Schopenhauer gewußt hätte, das hätt ihn gfreut.

Ciao
Wolfram
--
Horch - ein Schrank geht durch die Nacht, / voll mit nassen Hemden... / den
hab ich mir ausgedacht, / um Euch zu befremden.
F. W. BERNSTEIN
<www.theodor-rieh.de> <www.theodor-rieh.de/heinrich>
<www.mpu-beratung.eu> <www.brueckenbauer.it>
Holger Freese
2008-09-19 08:30:45 UTC
Permalink
Matthias Opatz schrieb: |
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Stralsunder Flunder, Sassnitzer Eckenscheißer aus meiner Heimat.
In Südbaden, wo ich schon lange wohne, gibt es die Tradition auch.

Gruß,

Ho
Joachim Pense
2008-09-19 14:32:41 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Meenzer Biddl (Mainzer Büttel)
Heiner (Darmstädter)
Offizierswitwen (Wiesbadenerinnen)
Pämasensä Schlabbefliggä (Pirmasenser Schlappenflicker)
Eimirsingedochned (Landauer)
Ebbelwoibembelschnuude (Frankfurter)

Joachim
Yvonne Steiner
2008-09-19 14:58:52 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Den "Zürihelgel" hat Andi schon genannt.

Weiter kommen mir noch in den Sinn, die:

Aargauer -> Rüeblifrässer (Karottenfresser)
Luzerner -> Chatzestrecker (Katzenstrecker)
--
Yvonne Steiner
Joachim Pense
2008-09-19 15:12:00 UTC
Permalink
Post by Yvonne Steiner
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Den "Zürihelgel" hat Andi schon genannt.
Aargauer -> Rüeblifrässer (Karottenfresser)
Luzerner -> Chatzestrecker (Katzenstrecker)
Und die Bebbi aus Basel

Joachim
Yvonne Steiner
2008-09-19 15:23:45 UTC
Permalink
Post by Joachim Pense
Post by Yvonne Steiner
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Den "Zürihelgel" hat Andi schon genannt.
Aargauer -> Rüeblifrässer (Karottenfresser)
Luzerner -> Chatzestrecker (Katzenstrecker)
Und die Bebbi aus Basel
An die hatte ich auch schon gedacht, aber gilt das nicht nur für die
Fasnachtscliquen?

So wie auch die "Bärnermutzen" einer bestimmten Gruppierung angehören.
--
Yvonne Steiner
Joachim Pense
2008-09-19 16:24:32 UTC
Permalink
Post by Yvonne Steiner
Post by Joachim Pense
Und die Bebbi aus Basel
An die hatte ich auch schon gedacht, aber gilt das nicht nur für die
Fasnachtscliquen?
Das müsste ein Basler final beantworten.

Es gibt zwar eine Fasnachtsclique "Basler Bebbi Basel", aber Gugeln liefert
mir auch sowas:

|«Mir fraien is uff Ihre Bsuech und saage
| uff Wiiderluege am Frytig 14. Augschte 2009
| bim 26. Em Bebbi sy Jazz!»

oder

| Der Bebbi-Sack dürfte teurer werden
| Seit Jahren klafft in der Basler Abfallrechnung ein Loch. Die Regierung
| will dieses voraussichtlich mit höheren Abfallgebühren verkleinern. Und
| das ausgerechnet jetzt, da die KVA-Tarife sinken.

Da seh ich jetzt nicht viel Fasnachtsbezug.

Joachim
Martin Trautmann
2008-09-22 14:31:37 UTC
Permalink
Post by Yvonne Steiner
Post by Joachim Pense
Und die Bebbi aus Basel
An die hatte ich auch schon gedacht, aber gilt das nicht nur für die
Fasnachtscliquen?
Viele der hiesigen Fastnachts-Gruppen haben sich aus solchen regionalen
Besonderheiten abgeleitet. Alemannische Besonderheit? Ich vermute,
durch die Zünfte werden die Namen einfach bekannter, was sonst vergessen
würde.

http://www.fasnet-forum.de/vereinigungen/von.htm

"Käsrieber", "Lalli", "Pflumedrucker" usw.

Schönen Gruss
Martin
Andreas Karrer
2008-09-21 18:48:55 UTC
Permalink
Post by Yvonne Steiner
Aargauer -> Rüeblifrässer (Karottenfresser)
Ich kannte nur Rüebliländer, weil dort alle Arten von Rüben (Karotten,
Zuckerrüben, Steckrüben usw.) angebaut werden. Das Rüebliland im engeren
Sinn ist das (für Schweizer Verhältnisse) breite Tal der Reuss und der
Bünz. Ich bin dort tatsächlich mal mit dem Segelflugzeug in einem
Rübenacker gelandet. Lehmige Angelegenheit, das.

Die Gegend um Reinach, Beinwil, Burg (wo Hermann Burger herkam),
Pfeffikon heisst "Stumpenland", nach den Stumpen -- billige Zigarren --
die dort hergestellt wurden. Von den ehemals zig Fabriken ist siw nur
noch Villiger übriggeblieben.

- Andi
Carsten Kruse
2008-09-19 17:36:52 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Herkunftsgegend kenne. Mir fallen gerade noch Blaunasen (Stadtilm)
und Wopper (Goldlauter b. Suhl) ein.
Die Gerschen Fettguschen kennst Du ja schon (kommt von dem Fett
(anderswo eher Schmalz genannt, was man sich gern aufs Brot strich und
so ums Maul nach dem Futtern hatte), aber ich kann noch die Zeulenrodaer
Karpfenpfeifer beisteuern.
--
Bye/7, Carsten http://fallschirmspringen-in-gera.de

...Sexy women are nature's way of saying 'keep it up!'
Rüdiger Silberer
2008-09-19 20:36:21 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Bambercher Zwiefeltreter
Nembercher Pfefferseck
Schillingsfürster Igelfresser
--
ade, Rüdiger
Erst wenn der letzte Software-Entwickler verhaftet,
und die letzte Idee patentiert ist...
... werdet Ihr merken, daß Rechtsanwälte nicht programmieren können.
Gerald Fix
2008-09-21 14:28:18 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Neben den Bezeichnungen für die Bewohner gibt es zuweilen noch solche
für Orte: *Schiebock* (Bischofswerda; Dialektwort für Schubkarre),
Bei Karl May kommt, wenn ich mich recht erinnere, ein ähnliches Wort
vor und wird dort aber mit "Schibboleth" erklärt.
Post by Matthias Opatz
Welche originellen regionalen Orts- oder Einwohnerbezeichnungen
können die Teilnehmer dieses Zirkels beisteuern?
Ich weiß nicht, ob es originell ist, aber das klassische Beispiel sind
wohl die Ulmer Spatzen.
--
Viele Grüße
Gerald Fix
Gerald Fix
2008-09-22 14:08:44 UTC
Permalink
On Sun, 21 Sep 2008 16:28:18 +0200, Gerald Fix
Post by Gerald Fix
Post by Matthias Opatz
Neben den Bezeichnungen für die Bewohner gibt es zuweilen noch solche
für Orte: *Schiebock* (Bischofswerda; Dialektwort für Schubkarre),
Bei Karl May kommt, wenn ich mich recht erinnere, ein ähnliches Wort
vor und wird dort aber mit "Schibboleth" erklärt.
Ich habe es gefunden. Der Hobble-Frank erklärt, bestimmte Leute
könnten "Schiebebock" nicht ausprechen und wird belehrt, damit sei
wohl "Schiboleth" gemeint. Da der Frank wohl - großzügig gesehen - aus
der Gegend von Bischofswerda kommt, ist die Ähnlichkeit schon
verbüffend.
--
Viele Grüße
Gerald Fix
Volker Gringmuth
2008-09-22 14:13:41 UTC
Permalink
Da der Frank wohl - großzügig gesehen - aus der Gegend von
Bischofswerda kommt
WIMRE "Klotzsche bei Dresden".


vG
Gerald Fix
2008-09-22 15:18:48 UTC
Permalink
Post by Volker Gringmuth
Da der Frank wohl - großzügig gesehen - aus der Gegend von
Bischofswerda kommt
WIMRE "Klotzsche bei Dresden".
Das ist ja ziemlich nahe bei Bischofswerda und falls die Einwohner von
Bischofswerda irgendeine sprachliche besonderheit aufwiesen, könnte
hier tatsächlich der Schibboleth Vater des Schiebebocks sein.
--
Viele Grüße
Gerald Fix
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