Discussion:
quod licet Iovi, non licet bovi
(zu alt für eine Antwort)
Marcin Nazwis
2021-01-22 17:13:55 UTC
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Guten Tag,

Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?

Gruß
Marcin
Detlef Meißner
2021-01-22 18:19:32 UTC
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Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Was dem Herrn erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Knecht/Sklaven
erlaubt."

Oder, ganz modern: "Was dem Chef erlaubt ist, ist (noch lange) nicht
seinen Angestellten erlaubt."

Familiär: "Was dem Vater erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Sohn
erlaubt."

Detlef
--
"Was die Massen überzeugt, sind keine Fakten, noch nicht einmal
erfundene Fakten, sondern die Konsistenz der Illusion." (Hannah Arendt)
Jakob Achterndiek
2021-01-22 19:16:27 UTC
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Post by Detlef Meißner
Post by Marcin Nazwis
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Was dem Herrn erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Knecht/Sklaven
erlaubt."
Oder, ganz modern: "Was dem Chef erlaubt ist, ist (noch lange) nicht
seinen Angestellten erlaubt."
Familiär: "Was dem Vater erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Sohn
erlaubt."
Das sind aber keine Übersetzungen, sondern umschreibende Erläuterungen.
Diese aber - je nach Perspektive - verwässern entweder die Vorlage oder
blähen die Vergleichsobjekte überdimensional auf. Da spielt am Rande die
sogenannte "Fallhöhe" der klassischen Dramaturgie hinein, die auch in
der Übersetzung erhalten bleiben sollte.

Irgend ein kluger Mensch hat kommentiert, man müsse in der zivilisierten
Welt, in der ein jeder wenigstens potentiell dieselbe Würde beanspruchen
könnte, den Spruch umkehren: "Qud licet bovi, non licet Iovi." Das würde
ich dann frei übersetzen: "Was jeder Ochse glaubt sich erlauben zu
dürfen, das sollte ein Jupiter sich vornehm verkneifen."
--
j/\a
Detlef Meißner
2021-01-22 21:48:48 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Detlef Meißner
Post by Marcin Nazwis
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Was dem Herrn erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Knecht/Sklaven
erlaubt."
Oder, ganz modern: "Was dem Chef erlaubt ist, ist (noch lange) nicht
seinen Angestellten erlaubt."
Familiär: "Was dem Vater erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Sohn
erlaubt."
Das sind aber keine Übersetzungen, sondern umschreibende Erläuterungen.
Er wollte eine modernere Übersetzung haben. Geht wohl schlecht, wenn
man Jupiter drinlässt.
Aber vielleicht meint er mit modern ja auch gegendert.

Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau noch
lange nicht."
Post by Jakob Achterndiek
Diese aber - je nach Perspektive - verwässern entweder die Vorlage oder
blähen die Vergleichsobjekte überdimensional auf. Da spielt am Rande die
sogenannte "Fallhöhe" der klassischen Dramaturgie hinein, die auch in
der Übersetzung erhalten bleiben sollte.
Der Satz wird heute oft ohne Bezug zur klassischen Dramaturgie
verwendet, meist von einem "Jupiter".

Detlef
--
Das Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfaltung der
Persönlichkeit. (Mark Twain)
Jakob Achterndiek
2021-01-23 09:21:48 UTC
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[.. Quod licet Iovi, non licet bovi ..]
Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau
noch lange nicht."
Na ick weeß nich: 'n Ochs als Frau ... aber warum einklich nich?
Der Satz wird heute oft ohne Bezug zur klassischen Dramaturgie
verwendet, meist von einem "Jupiter".
Wer auf Fallhöhe gern verzichtet und trotzdem das Klassische mit
dem Biologisch-Animalischen verbinden möchte, der könnte sich an
die zahlreichen Liebschaften des Jupiter/Zeus erinnern:
<Loading Image...>
Das erklärt den Spruch für jedermann einsichtig: Jupiter/Zeus
durfte seinem Zeugungsdrang freien Lauf lassen; den Ochsen jedoch
hat man kastriert.
--
j/\a
Detlef Meißner
2021-01-23 09:44:15 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
[.. Quod licet Iovi, non licet bovi ..]
Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau
noch lange nicht." Na ick weeß nich: 'n Ochs als Frau ... aber warum
einklich nich? Der Satz wird heute oft ohne Bezug zur klassischen
Dramaturgie verwendet, meist von einem "Jupiter".
Wer auf Fallhöhe gern verzichtet und trotzdem das Klassische mit
dem Biologisch-Animalischen verbinden möchte, der könnte sich an
<https://i2.wp.com/www.latein-pagina.de/ovid/pic_ovid_4/zeus.gif>
Das erklärt den Spruch für jedermann einsichtig: Jupiter/Zeus
durfte seinem Zeugungsdrang freien Lauf lassen; den Ochsen jedoch
hat man kastriert.
Geht's bei dem Zitat eher ums Dürfen oder ums Können?

Detlef
--
"Was die Massen überzeugt, sind keine Fakten, noch nicht einmal
erfundene Fakten, sondern die Konsistenz der Illusion." (Hannah Arendt)
Hans
2021-01-23 13:20:55 UTC
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Post by Detlef Meißner
Post by Jakob Achterndiek
[.. Quod licet Iovi, non licet bovi ..]
Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau
noch lange nicht."   Na ick weeß nich: 'n Ochs als Frau ... aber
warum einklich nich? Der Satz wird heute oft ohne Bezug zur
klassischen Dramaturgie verwendet, meist von einem "Jupiter".
Wer auf Fallhöhe gern verzichtet und trotzdem das Klassische mit
dem Biologisch-Animalischen verbinden möchte, der könnte sich an
<https://i2.wp.com/www.latein-pagina.de/ovid/pic_ovid_4/zeus.gif>
Das erklärt den Spruch für jedermann einsichtig: Jupiter/Zeus
durfte seinem Zeugungsdrang freien Lauf lassen; den Ochsen jedoch
hat man kastriert.
Geht's bei dem Zitat eher ums Dürfen oder ums Können?
Vermutlich beides
Johannes Leckebusch
2021-01-23 23:03:27 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Detlef Meißner
Post by Marcin Nazwis
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Was dem Herrn erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Knecht/Sklaven
erlaubt."
Oder, ganz modern: "Was dem Chef erlaubt ist, ist (noch lange) nicht
seinen Angestellten erlaubt."
Familiär: "Was dem Vater erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Sohn
erlaubt."
Das sind aber keine Übersetzungen, sondern umschreibende Erläuterungen.
Er wollte eine modernere Übersetzung haben. Geht wohl schlecht, wenn man
Jupiter drinlässt.
Aber vielleicht meint er mit modern ja auch gegendert.
Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau noch
lange nicht."
<autsch> Da kannste ja gleich sagen: Was der Macho darf, ist der
Feministin noch lange nicht erlaubt ...

Oder leben wir schon in einem Zeitenwandel?
Post by Jakob Achterndiek
Diese aber - je nach Perspektive - verwässern entweder die Vorlage oder
blähen die Vergleichsobjekte überdimensional auf. Da spielt am Rande die
sogenannte "Fallhöhe" der klassischen Dramaturgie hinein, die auch in
der Übersetzung erhalten bleiben sollte.
Der Satz wird heute oft ohne Bezug zur klassischen Dramaturgie
verwendet, meist von einem "Jupiter".
Aha.
--
Johannes Leckebusch - AR3

https://johannes-leckebusch.de/
https://johannes-leckebusch.de/Fotogalerien/index.html
https://foto.ungruen.de/index2.html
https://flickr.com/photos/johannes_leckebusch/
Detlef Meißner
2021-01-24 08:29:48 UTC
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Post by Johannes Leckebusch
Post by Jakob Achterndiek
Post by Detlef Meißner
Post by Marcin Nazwis
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Was dem Herrn erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Knecht/Sklaven
erlaubt."
Oder, ganz modern: "Was dem Chef erlaubt ist, ist (noch lange) nicht
seinen Angestellten erlaubt."
Familiär: "Was dem Vater erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Sohn
erlaubt."
Das sind aber keine Übersetzungen, sondern umschreibende Erläuterungen.
Er wollte eine modernere Übersetzung haben. Geht wohl schlecht, wenn man
Jupiter drinlässt.
Aber vielleicht meint er mit modern ja auch gegendert.
Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau noch
lange nicht."
<autsch> Da kannste ja gleich sagen: Was der Macho darf, ist der
Feministin noch lange nicht erlaubt ...
Oder leben wir schon in einem Zeitenwandel?
Sarkasmus!

Detlef
--
Die Mathematik lehrt uns, dass man Nullen nicht übersehen darf.
Manfred Hoß
2021-01-23 23:08:00 UTC
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Post by Detlef Meißner
Post by Jakob Achterndiek
Post by Detlef Meißner
Post by Marcin Nazwis
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Was dem Herrn erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Knecht/Sklaven
erlaubt."
Oder, ganz modern: "Was dem Chef erlaubt ist, ist (noch lange) nicht
seinen Angestellten erlaubt."
Familiär: "Was dem Vater erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Sohn
erlaubt."
Das sind aber keine Übersetzungen, sondern umschreibende Erläuterungen.
Er wollte eine modernere Übersetzung haben. Geht wohl schlecht, wenn
man Jupiter drinlässt.
Aber vielleicht meint er mit modern ja auch gegendert.
Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau noch
lange nicht."
Ich habe einen anderen Vorschlag: "Wie der Herr, so nicht das Gescherr."

Gruß
Manfred.
Detlef Meißner
2021-01-24 08:30:59 UTC
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Post by Manfred Hoß
Post by Detlef Meißner
Post by Jakob Achterndiek
Post by Detlef Meißner
Post by Marcin Nazwis
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Was dem Herrn erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Knecht/Sklaven
erlaubt."
Oder, ganz modern: "Was dem Chef erlaubt ist, ist (noch lange) nicht
seinen Angestellten erlaubt."
Familiär: "Was dem Vater erlaubt ist, ist (noch lange) nicht dem Sohn
erlaubt."
Das sind aber keine Übersetzungen, sondern umschreibende Erläuterungen.
Er wollte eine modernere Übersetzung haben. Geht wohl schlecht, wenn
man Jupiter drinlässt.
Aber vielleicht meint er mit modern ja auch gegendert.
Ich hätte da einen Vorschlag: "Was der Herr darf, darf die Frau noch
lange nicht."
Ich habe einen anderen Vorschlag: "Wie der Herr, so nicht das Gescherr."
Ist jetzt aber nicht im Sinne des Fragenden, der wollte etwas
Moderneres.

Detlef
--
Es ist ein Jammer, dass die Besserwisser zwar alles besser wissen, aber
nichts besser machen. (Ernst Ferstl)
Christina Kunze
2021-01-22 20:49:08 UTC
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Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
Keine feststehende, Du hast da freie Möglichkeiten.

Was Zeus darf, darf der Ochs noch lange nicht.

Ein deutsches Sprichwort, das diesem genau entspricht, gibt es wohl nicht.

chr
Bertel Lund Hansen
2021-01-23 08:39:04 UTC
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Post by Christina Kunze
Post by Marcin Nazwis
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
Keine feststehende, Du hast da freie Möglichkeiten.
Meine Mutter sagte ab undd zu auf Dänisch (übersetzt):

Es gibt einen Unterschied zwischen
König Leopold und Jürgen Hutmacher.

Die Namen haben keine besondere Bedeutung.
--
/Bertel
Quinn C
2021-01-23 17:46:29 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Christina Kunze
Post by Marcin Nazwis
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
Keine feststehende, Du hast da freie Möglichkeiten.
Es gibt einen Unterschied zwischen
König Leopold und Jürgen Hutmacher.
Die Namen haben keine besondere Bedeutung.
Der dänische Joe the Plumber?

P.S. War "Jürgen" die deutsche Übersetzung des Originals?
--
Was den Jüngeren fehlt, sind keine Botschaften, es ist der Sinn
für Zusammenhänge.
-- Helen Feng im Zeit-Interview
Bertel Lund Hansen
2021-01-23 19:01:09 UTC
Permalink
Post by Quinn C
P.S. War "Jürgen" die deutsche Übersetzung des Originals?
Ja, "Jørgen".

Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.

"Leopold" war ein Fehler (ohne Bedeutung).
--
/Bertel
Heinz Lohmann
2021-01-25 01:55:29 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Quinn C
P.S. War "Jürgen" die deutsche Übersetzung des Originals?
Ja, "Jørgen".
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
"Leopold" war ein Fehler (ohne Bedeutung).
Der König Salomon aus der Bibel?
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Stefan Ram
2021-01-25 02:50:48 UTC
Permalink
Post by Heinz Lohmann
Der König Salomon aus der Bibel?
Estne alterus rex Salomon?

(Me paenitet, latine inquinate loquor.)
Bertel Lund Hansen
2021-01-25 09:11:07 UTC
Permalink
Post by Heinz Lohmann
Post by Bertel Lund Hansen
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
Der König Salomon aus der Bibel?
Ja, aber es braucht nur ein wohlbekannter König zu sein.
--
/Bertel
Ulf Kutzner
2021-01-25 10:16:05 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Quinn C
P.S. War "Jürgen" die deutsche Übersetzung des Originals?
Ja, "Jørgen".
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
Wir kennen hier den Vornamen Jürgen, sehr selten Jürg,
und in Norddeutschland auch Jörg.

Artikelsuffix für Vornamen wurde ausgeschlossen. Wie erklären sich
nun die Varianten mit und ohne -en?
Jørg scheint sich auf Norwegen zu konzentrieren.
Thomas Schade
2021-01-25 10:28:06 UTC
Permalink
Post by Ulf Kutzner
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Quinn C
P.S. War "Jürgen" die deutsche Übersetzung des Originals?
Ja, "Jørgen".
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
Wir kennen hier den Vornamen Jürgen, sehr selten Jürg,
und in Norddeutschland auch Jörg.
Und in DE ganz selten wohl auch Jörgen.


Ciao
Toscha
--
A pizza is basically a real-time pie chart of how much pizza is left.
Bertel Lund Hansen
2021-01-25 10:47:42 UTC
Permalink
Post by Ulf Kutzner
Post by Bertel Lund Hansen
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
Artikelsuffix für Vornamen wurde ausgeschlossen. Wie erklären sich
nun die Varianten mit und ohne -en?
Ich glaube, dass du die Variation "Jörg" erklären muss. In
Dänemark kennen wir "Jørgen" und "Jørn", aber "Jørg" ist selten.
36 Männer heissen "Jørg" und 76 heissen "Jörg".

https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B8rgen
Post by Ulf Kutzner
Jørg scheint sich auf Norwegen zu konzentrieren.
Nicht besonders. Hier kann man nach norwegische Namen suchen:

https://www.ssb.no/navn/

[Jørg]
Resultat
Det er 215 menn som har Jørg som første fornavn (Vornamen)
Det er 127 menn som har Jørg som eneste fornavn (einzigste)
Det er 5 personer som har Jørg som etternavn (Nachnamen)

Diese Wikipediaseite handelt sich um "Jørgen"

https://no.wikipedia.org/wiki/J%C3%B8rgen

Sie ist auf Norwegisch, aber das meiste versteht ihr sicher
trotzdem.
--
/Bertel
Ulf Kutzner
2021-01-25 11:06:15 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Ulf Kutzner
Post by Bertel Lund Hansen
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
Artikelsuffix für Vornamen wurde ausgeschlossen. Wie erklären sich
nun die Varianten mit und ohne -en?
Ich glaube, dass du die Variation "Jörg" erklären muss. In
Dänemark kennen wir "Jørgen" und "Jørn", aber "Jørg" ist selten.
36 Männer heissen "Jørg" und 76 heissen "Jörg".
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B8rgen
Post by Ulf Kutzner
Jørg scheint sich auf Norwegen zu konzentrieren.
https://www.ssb.no/navn/
[Jørg]
Resultat
Det er 215 menn som har Jørg som første fornavn (Vornamen)
Det er 127 menn som har Jørg som eneste fornavn (einzigste)
Det er 5 personer som har Jørg som etternavn (Nachnamen)
Das ist schon einmal deutlich mehr als bei Euch.

Bemerkenswert allerdings, daß bi Euch die deutsch-schwedische Umlautnotation
bei diesem Vornamen mehr als doppelt so häufig ist wie die dänisch-norwegische.
Bertel Lund Hansen
2021-01-25 14:38:56 UTC
Permalink
Post by Ulf Kutzner
Bemerkenswert allerdings, daß bi Euch die deutsch-schwedische
Umlautnotation bei diesem Vornamen mehr als doppelt so häufig
ist wie die dänisch-norwegische.
Ja, das dachte ich auch. Vielleicht spielt Schwedisch eine Rolle,
denn da gibt es kein ø, nur ö. Aber ich weiss es nicht. Es könnte
auch sein, dass Leute heute gerne 'unik' sein wollen und deshalb
einen ungewöhnlichen Buchstabe wählen?
--
/Bertel
Stefan Schmitz
2021-01-25 11:11:07 UTC
Permalink
Post by Ulf Kutzner
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Quinn C
P.S. War "Jürgen" die deutsche Übersetzung des Originals?
Ja, "Jørgen".
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
Wir kennen hier den Vornamen Jürgen, sehr selten Jürg,
und in Norddeutschland auch Jörg.
Jürg habe ich nie gehört. Und eine Konzentration von Jörg auf den Norden
würde mich sehr wundern: https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B6rg#Verbreitung
Post by Ulf Kutzner
Artikelsuffix für Vornamen wurde ausgeschlossen. Wie erklären sich
nun die Varianten mit und ohne -en?
Alle sind Abwandlungen von Georg.
Andreas Karrer
2021-01-25 15:39:36 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Ulf Kutzner
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Quinn C
P.S. War "Jürgen" die deutsche Übersetzung des Originals?
Ja, "Jørgen".
Der er forskel på kong Salomon og Jørgen Hattemager.
Wir kennen hier den Vornamen Jürgen, sehr selten Jürg,
und in Norddeutschland auch Jörg.
Jürg habe ich nie gehört. Und eine Konzentration von Jörg auf den Norden
würde mich sehr wundern: https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B6rg#Verbreitung
Jürg ist schweizerisch (bzw. war, ist ausser Gebrauch geraten).

Dafür ist Jürgen in der CH ganz unüblich -- wenn jemand
schweizerdeutsch spricht und so heisst (oder Torsten, Wiebke, Detlef,
Volker, Gesche, Ludger, etc.), nimmt man an, dass die Eltern aus
Deutschland kommen.

- Andi
René Marquardt
2021-01-23 12:47:03 UTC
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Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
Gruß
Marcin
Was ich selber darf und tu, steht dir Ochs' noch lang nicht zu.
Johannes Leckebusch
2021-01-23 23:04:47 UTC
Permalink
Post by René Marquardt
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
Gruß
Marcin
Was ich selber darf und tu, steht dir Ochs' noch lang nicht zu.
Das klingt nett!
--
Johannes Leckebusch - AR3

https://johannes-leckebusch.de/
https://johannes-leckebusch.de/Fotogalerien/index.html
https://foto.ungruen.de/index2.html
https://flickr.com/photos/johannes_leckebusch/
Diedrich Ehlerding
2021-01-23 14:11:12 UTC
Permalink
Post by Marcin Nazwis
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
Vielleicht "Rang hat seine Privilegien".
--
gpg-Key (DSA 1024) D36AD663E6DB91A4
fingerprint = 2983 4D54 E00B 8483 B5B8 C7D1 D36A D663 E6DB 91A4
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Ralf Joerres
2021-01-25 15:13:46 UTC
Permalink
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
Man hört umgangssprachlich häufiger mal:
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."

Witzig in diesem Zusammenhang: 'dasselbe' und 'das gleiche' werden in
der Umgangssprache fast unterschiedslos gebraucht, was dann regelmäßig
einem Neunmalklugen Gelegenheit gibt, sein Pfauenrad zu schlagen und
überlegenes Sprachwissen zur Schau zu stellen.

Gruß Ralf Joerres
Detlef Meißner
2021-01-25 15:21:24 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
^^^^^^^^^^ ^^^^^^^^
Wird auch hier so vorgeschlagen:
https://www.openthesaurus.de/synonyme/edit/39573

Und jetzt die große Frage: schreibt man "Gleiche" groß, weil das
davorsteht?

Detlef
--
Die deutsche Sprache sollte sanft und ehrfurchtsvoll zu den toten
Sprachen abgelegt werden, denn nur die Toten haben die Zeit, diese
Sprache zu lernen. (Mark Twain)
Ralf Joerres
2021-01-25 17:58:08 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
            ^^^^^^^^^^                                       ^^^^^^^^
https://www.openthesaurus.de/synonyme/edit/39573
Und jetzt die große Frage: schreibt man "Gleiche" groß, weil das
davorsteht?
Scheint so zu sein. Es gibt da keine einheitliche Regelung, 'Gleiche'
wird hier als 'substantiviertes' Adjektiv interpretiert, anders als
'anderes' in 'etwas anderes', trotz analoger Struktur. Dass 'selbe'
nicht getrennt und groß geschrieben wird, dürfte daran liegen, dass es
nicht als unabhängiges Wort vorkommt, da gibt's nur 'selber' und
'selbst' als freie Prädikative (Adjektive können es nicht sein, und
Adverbien wäre zu ungenau).

Ralf Joerres
Stefan Schmitz
2021-01-25 18:14:20 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
             ^^^^^^^^^^                                       ^^^^^^^^
https://www.openthesaurus.de/synonyme/edit/39573
Und jetzt die große Frage: schreibt man "Gleiche" groß, weil das
davorsteht?
Scheint so zu sein. Es gibt da keine einheitliche Regelung, 'Gleiche'
wird hier als 'substantiviertes' Adjektiv interpretiert,
Was ist denn das Gleiche? Das Schöne und das Gute können aus sich heraus
existieren.
Gleich ist hier Adjektiv zu einem weggelassenen Substantiv, muss also
klein geschrieben werden.
Post by Ralf Joerres
anders als
'anderes' in 'etwas anderes', trotz analoger Struktur. Dass 'selbe'
nicht getrennt und groß geschrieben wird, dürfte daran liegen, dass es
nicht als unabhängiges Wort vorkommt, da gibt's nur 'selber' und
'selbst' als freie Prädikative (Adjektive können es nicht sein, und
Adverbien wäre zu ungenau).
https://www.dwds.de/wb/selb
Ralf Joerres
2021-01-26 00:52:52 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Ralf Joerres
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
             ^^^^^^^^^^                                       ^^^^^^^^
https://www.openthesaurus.de/synonyme/edit/39573
Und jetzt die große Frage: schreibt man "Gleiche" groß, weil das
davorsteht?
Scheint so zu sein. Es gibt da keine einheitliche Regelung, 'Gleiche'
wird hier als 'substantiviertes' Adjektiv interpretiert,
Was ist denn das Gleiche? Das Schöne und das Gute können aus sich heraus
existieren.
Gleich ist hier Adjektiv zu einem weggelassenen Substantiv, muss also
klein geschrieben werden.
Was ist das Schöne? Vielleicht das Schön-Sein als solches. Man erkennt
oft das Schöne im Alltäglichen nicht, mir jedenfalls geht es so.

Gibt es nicht auf eine analoge Weise auch 'das Gleiche'? Kann man nicht
auch versuchen, in ungleichen Dingen das Gleiche zu finden?

Wenn du meinst, dass da ein Substantiv weggelassen wurde: Welches sollte
das sein?

Für mich ist 'das Gleiche sagen' einigermaßen gleichbedeutend mit 'mit
anderen Worten dasselbe sagen'. Umgangssprachlich sagt man da auch kurz
'dasselbe sagen'. Gemeint ist so oder so: sich entsprechend äußern. Das
kann man auch anders formulieren: ins gleiche Horn tuten, beipflichten,
etwas auch so sehen, derselben Ansicht zu sein scheinen usw., aber da
sind jeweils andere Nuancen gesetzt.
Post by Stefan Schmitz
Post by Ralf Joerres
anders als 'anderes' in 'etwas anderes', trotz analoger Struktur. Dass
'selbe' nicht getrennt und groß geschrieben wird, dürfte daran liegen,
dass es nicht als unabhängiges Wort vorkommt, da gibt's nur 'selber'
und 'selbst' als freie Prädikative (Adjektive können es nicht sein,
und Adverbien wäre zu ungenau).
https://www.dwds.de/wb/selb
Auch in 'im selben Atemzug' ist 'selb' nicht unabhängig, sondern
abhängig von dem Artikelteil in 'im', und der Artikel (es muss immer der
bestimmte sein) muss immer unmittelbar vor dem 'selbe' stehen. Über den
Wortstatus ließe sich streiten. Inhaltlich vergleichbar wäre 'nämlich',
aber das kann sich auch mit dem unbestimmten Artikel (und vielleicht
auch mit anderen Indefinita: jeder nämliche ..., kein nämliches ...)
kombinieren: Der nämliche Fall / ein nämlicher Fall ereignete sich ...

Ein weitläufig vergleichbarer Fall wäre 'rümpfen', das auch nur zusammen
mit 'Nase' vorkommt, soweit ich weiß.

Gruß Ralf Joerres
Christina Kunze
2021-01-25 15:21:55 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
Das ist nicht genau dasselbe.
Quod licet Iovi ... kenne ich in Situationen, in denen jemand (in
besserer/höherer/einflussreicherer Position) für sich Sonderrechte
beansprucht. Da geht es nicht darum, dass zwei dasselbe tun, sondern
darum, dass der zweite erst gar nicht darüber nachdenken soll, das auch
zu wollen.

chr
Detlef Meißner
2021-01-25 15:28:24 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
Das ist nicht genau dasselbe.
Quod licet Iovi ... kenne ich in Situationen, in denen jemand (in
besserer/höherer/einflussreicherer Position) für sich Sonderrechte
beansprucht. Da geht es nicht darum, dass zwei dasselbe tun, sondern darum,
dass der zweite erst gar nicht darüber nachdenken soll, das auch zu wollen.
Der Zweite bekommt es gesagt, weil er Anstalten macht, etwas zu tun/ zu
sagen, was ihm (angeblich) nicht zusteht.
Man weist ihn in die Schranken.

Detlef
--
Das Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfaltung der
Persönlichkeit. (Mark Twain)
Ralf Joerres
2021-01-25 17:48:40 UTC
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Post by Christina Kunze
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
Das ist nicht genau dasselbe.
Grundsätzlich ja, stimmt. Im lat. Zitat geht es um ein 'Dürfen' und
'Nicht-Dürfen', beim deutschen Spruch in der Anwendung oft um
'Diskriminierung'. Beides hängt miteinander zusammen.
Post by Christina Kunze
Quod licet Iovi ... kenne ich in Situationen,
Ich kenne es überhaupt nicht aus Situationen, nur aus Büchern.
Post by Christina Kunze
in denen jemand (in
besserer/höherer/einflussreicherer Position) für sich Sonderrechte
beansprucht. Da geht es nicht darum, dass zwei dasselbe tun, sondern
darum, dass der zweite erst gar nicht darüber nachdenken soll, das auch
zu wollen.
So kann man es benutzen, aber auch zur Rechtfertigung oder zumindest
Begründung solcher 'Sonderrechte', oder? Welchen Gebrauch man von
solchen Redensarten macht, hat man teilweise selbst in der Hand. Der
Unterschied liegt für mich eher in der Situationsbindung aufgrund der
Bedeutung: Wenn du die Füße auf den Schreibtisch legst, ist (= bedeutet)
das etwas anderes, als wenn der Chef das tut. Also eher ein 'Das ist ja
wohl was völlig anderes!' Trotzdem passen beide Sätze.

Vielleicht ist der Überschneidungsbereich nicht groß, aber es scheint
ihn zu geben. "Was schnauzt du mich so an wegen der nicht weggeräumten
Tasse in der Teeküche!? Die Chefin hat ihre auch nicht weggeräumt! Hast
du die vielleicht auch angemeckert?" Auch hier kann wohl mit beiden
Sätzen reagiert werden, ein für den Gleiche-Selbe-Satz nicht unbedingt
ganz typischer Anwendungsbereich, aber möglich, und wird auch so
vorkommen. Iovi-bovi funktioniert besser bei Macht- oder
Prestigegefälle, Selbe-Gleiche eher bei unterschiedlicher politischer
oder moralischer Bewertung ähnlicher Handlungen.

Leider fehlt mir das schlagende Beispiel, mit dem ich glasklar aufzeigen
könnte, dass beides voll austauschbar ist, oder umgekehrt, dass beides
in vergleichbarer Situation eine völlig andere Bedeutung hat. In
Alltagssituationen habe ich eher die deutsche Version gehört, aber ich
weiß nicht mehr, wie die Situation war.

Auch der deutsche Satz soll übrigens einen lateinischen Vorläufer haben:
"Duo cum faciunt idem, non est idem." (Publius Terentius Afer Terenz, 2.
Jh. v. Chr.)

Gruß Ralf Joerres
Helmut Richter
2021-01-25 18:11:35 UTC
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Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
Witzig in diesem Zusammenhang: 'dasselbe' und 'das gleiche' werden in der
Umgangssprache fast unterschiedslos gebraucht, was dann regelmäßig einem
Neunmalklugen Gelegenheit gibt, sein Pfauenrad zu schlagen und überlegenes
Sprachwissen zur Schau zu stellen.
Bei Worten und Taten wie hier wird der Neunmalkluge darauf hinweisen, dass
es darauf ankommt, ob Worte und Taten durchs Sagen bzw. Tun verbraucht
werden. Falls ja, muss derjenige, der dasselbe sagen bzw. tun will, neue
Worte bzw. Taten dazu verwenden und schafft so allenfalls Gleiches. Falls
nein, kann er die Worte oder Taten wiederverwenden und auf diese Weise
dasselbe sagen bzw. tun. Und was gilt dann für Gedanken, die jemand
gedacht aber nicht geäußert hat?

Für mich als gelernten Mathematiker ist es sowie das Gleiche wie dasselbe.
Aber vom großen Logiker Schütte hörte ich einst am Ende eines Beweises
statt des üblichen „und Sie sehen, das ist alles gleich“ („alles“ sind
hier mehrere Terme, deren Gleichheit bewiesen worden war) die eigenwillige
Formulierung „und Sie sehen, das ist alles bis auf Gleichheit dasselbe“.
--
Helmut Richter
Ralf Joerres
2021-01-26 00:13:15 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Post by Marcin Nazwis
Guten Tag,
Gibt es eine modernere Übersetzung für diese Sentenz, als
„Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt"?
"Wenn zwei das Gleiche sagen / tun, ist es noch lange nicht dasselbe."
Witzig in diesem Zusammenhang: 'dasselbe' und 'das gleiche' werden in der
Umgangssprache fast unterschiedslos gebraucht, was dann regelmäßig einem
Neunmalklugen Gelegenheit gibt, sein Pfauenrad zu schlagen und überlegenes
Sprachwissen zur Schau zu stellen.
Bei Worten und Taten wie hier wird der Neunmalkluge darauf hinweisen, dass
es darauf ankommt, ob Worte und Taten durchs Sagen bzw. Tun verbraucht
werden. Falls ja, muss derjenige, der dasselbe sagen bzw. tun will, neue
Worte bzw. Taten dazu verwenden und schafft so allenfalls Gleiches. Falls
nein, kann er die Worte oder Taten wiederverwenden und auf diese Weise
dasselbe sagen bzw. tun. Und was gilt dann für Gedanken, die jemand
gedacht aber nicht geäußert hat?
Oder für Sätze, die scheinbar wortidentisch sind, aber vom 'Wiederholer'
mit einer anderen Bedeutung geäußert werden, als ursprünglich gemeint?
Wobei man bezweifeln mag, dass überhaupt jemals zwei Sätze mit derselben
Bedeutung gemeint sein können, weil keine zwei Leben gleich verlaufen
und die Wörter und Sätze nur grob annähernd abbilden, was jemand fühlt
und assoziiert und sinnlich erlebt auf seinem Lebensweg. Und nicht
einmal dieses unvollkommene Werkzeug, bei dem die Hälfte und mehr fehlt,
nutzen die meisten auch nur ansatzweise, für das meiste Erlebte fehlen
die Worte, und doch schwingt es mit, wenn wir sprechen. Der Kammerton a'
hat auf einem Klavier und auf einer Geige 440 Hz, ist es dann derselbe
Ton? Der gleiche?

Ich dachte bei meiner lästerlichen Bemerkung mehr an ein Kritisieren vom
Kaliber 'Schraubenzieher'/'Schraubendreher', das eher durch die Lust am
Kritisieren und am Belehren und Rechthaben motiviert ist als an
Wissensvermehrung und intellektueller Bereicherung des anderen - nur ein
rabulistisches Spiel mit der Laxheit alltäglichen Sprechens, eine
arglistig gezückte Goldwaage, mit der unschuldige Wortbedeutungen
anlasslos und aus dem Nichts heraus aufs Nanogramm gewogen werden.
Post by Helmut Richter
Für mich als gelernten Mathematiker ist es sowie das Gleiche wie dasselbe.
Aber vom großen Logiker Schütte hörte ich einst am Ende eines Beweises
statt des üblichen „und Sie sehen, das ist alles gleich“ („alles“ sind
hier mehrere Terme, deren Gleichheit bewiesen worden war) die eigenwillige
Formulierung „und Sie sehen, das ist alles bis auf Gleichheit dasselbe“.
.... wobei 'bis auf' zwei Bedeutungen haben kann: alles, nur das
bis-auf-Argument nicht, oder: alles, bis hin zu diesem, ja sogar
einschließlich diesem. Für mich ergibt weder das eine noch das andere
richtig Sinn, vielleicht sollte es eine Valentinade (Semmelnbröseln) sein.

Gruß Ralf Joerres
Stefan Ram
2021-01-26 00:31:11 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Oder für Sätze, die scheinbar wortidentisch sind, aber vom 'Wiederholer'
mit einer anderen Bedeutung geäußert werden, als ursprünglich gemeint?
Hier fällt mir die musikalische Analogie ein, daß man mit
der Begleitung die Harmonisierung oder sogar die Tonart
ändern könnte, während das Soloinstrument den Ton (die Frequenz)
einfach beibehält. Es ist dann noch "derselbe" Ton (oder?),
aber er hat in der neue Harmonie / Tonart eine ganz andere
Funktion oder ist vielleicht in der neuen Tonart sogar leiterfremd!

Ich habe selber einmal mit einfachsten Mitteln acht Takte
eingespielt, wo (im fünften Takt) die gleiche Melodie (wie
im ersten Takt) bei geänderter Tonart erklingt.

http://www.purl.org/stefan_ram/mp3/change.mid

Die Demo hat acht Takte. Zum fünften Takt wechselt
die Begleitung die Tonart, das Soloinstrument dann
erst zum sechsten.

Dem entspricht ein Mensch, der seine Meinung beibehält,
während sich die der Gesellschaft um ihn herum ändert.
Die Meinung die vorher "unauffällig"/"ok" war ist nun verpönt.

Gerade durch das Beibehalten ist eine Änderung eingetreten,
könnte man sagen; der "Opportunist" ist zum "Abweichler"
geworden.

Meine Komposition repräsentiert einen "langsamen
Opportunisten", der seine Meinung mit einer gewissen
Verzögerung anpaßt.
Post by Ralf Joerres
Der Kammerton a'
hat auf einem Klavier und auf einer Geige 440 Hz, ist es dann derselbe
Ton? Der gleiche?
"440 Hz" ist ja nur die Grundfrequenz, nicht das tatsächliche
Frequenzgemmisch, welches auch als "Klang" bezeichnet wird.

Es ist eine Frage der Definition von "Ton". Umgangssprachlich
ist sie wohl nicht genau genug, um die Frage beantworten
zu können.
Bertel Lund Hansen
2021-01-26 09:21:43 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Es ist eine Frage der Definition von "Ton". Umgangssprachlich
ist sie wohl nicht genau genug, um die Frage beantworten
zu können.
Doch. Wenn die Grundfrequenz dieselbe ist, sagt man, dass das
derselben Ton ist. Ein Dirigent schlägt seine Stimmgabel an, und
dann können mehrere Singer denselben Ton singen, obwohl ihre
Klänge verschieden sind. So auch mit Instrumenten. Sowohl
umgangssprachlich als auch fachsprachlich.
--
/Bertel
Ralf Joerres
2021-01-26 09:45:54 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Oder für Sätze, die scheinbar wortidentisch sind, aber vom 'Wiederholer'
mit einer anderen Bedeutung geäußert werden, als ursprünglich gemeint?
Hier fällt mir die musikalische Analogie ein, daß man mit
der Begleitung die Harmonisierung oder sogar die Tonart
ändern könnte, während das Soloinstrument den Ton (die Frequenz)
einfach beibehält. Es ist dann noch "derselbe" Ton (oder?),
aber er hat in der neue Harmonie / Tonart eine ganz andere
Funktion oder ist vielleicht in der neuen Tonart sogar leiterfremd!
Ich habe selber einmal mit einfachsten Mitteln acht Takte
eingespielt, wo (im fünften Takt) die gleiche Melodie (wie
im ersten Takt) bei geänderter Tonart erklingt.
Daran dachte ich auch. Menschen sind wohl so gemacht, dass sie alles
permanent von allen möglichen Zufälligkeiten und von Beiwerk bereinigen
und immer das strukturell gleiche herausabstrahieren. Das ist mit den
Phonemen so, mit den grammatischen Kategorien, mit Analogien, mit
Genre-Zuordnungen usw. Und auch mit Wörtern (Wortbedeutungen) an sich.
Im Einzelfall (und vor allem in der Isolierung) ist es schwer, zu sagen,
wo der Baum aufhört und der Strauch anfängt, im Alltag beim Spaziergang
durch Wald und Wiese ist das normalerweise kein Problem.
Post by Stefan Ram
http://www.purl.org/stefan_ram/mp3/change.mid
Läuft bei mir nicht (unsichere Seite), aber ich denke, ich weiß, was du
meinst.
Post by Stefan Ram
Die Demo hat acht Takte. Zum fünften Takt wechselt
die Begleitung die Tonart, das Soloinstrument dann
erst zum sechsten.
Dem entspricht ein Mensch, der seine Meinung beibehält,
während sich die der Gesellschaft um ihn herum ändert.
Die Meinung die vorher "unauffällig"/"ok" war ist nun verpönt.
Das ist, für mich, metaphorisch.
Post by Stefan Ram
Gerade durch das Beibehalten ist eine Änderung eingetreten,
könnte man sagen; der "Opportunist" ist zum "Abweichler"
geworden.
Meine Komposition repräsentiert einen "langsamen
Opportunisten", der seine Meinung mit einer gewissen
Verzögerung anpaßt.
Post by Ralf Joerres
Der Kammerton a'
hat auf einem Klavier und auf einer Geige 440 Hz, ist es dann derselbe
Ton? Der gleiche?
"440 Hz" ist ja nur die Grundfrequenz, nicht das tatsächliche
Frequenzgemmisch, welches auch als "Klang" bezeichnet wird.
Da sind wir dann bei Mehrfachbedeutungen. 'Ton' ist Sinuston mit
bestimmter Schwingungszahl, aber auch 'Klang', kann auch 'Geräusch'
sein, 'Widerwort' (ich will keinen Ton hören), 'Tierlaut' usw.
Post by Stefan Ram
Es ist eine Frage der Definition von "Ton". Umgangssprachlich
ist sie wohl nicht genau genug, um die Frage beantworten
zu können.
Ich stelle mir das so vor, dass wir in verschiedenen Perspektiven
abstrahieren. Auf einer singenden Säge 'schwimmen' die Töne, sie jaulen
ein wenig an den Übergängen, dennoch können wir Melodien erkennen und
die Tonhöhen bestimmen. Die gemeinte Melodie ist das Identische, das man
erkennen kann, aus Einzeltönen zusammengesetzt und in Notenschrift
notierbar. Dabei kann man von der Tonart abstrahieren (transponieren),
die Identität der Melodie hängt nicht von der Tonhöhengleichheit ab. Man
kann sie auf verschiedenen Instrumenten legato oder staccato spielen, in
allen möglichen Tempi, man kann sie variieren, über sie improvisieren,
immer bleibt sie als Trägerstruktur erkennbar.

Beim Sprechen-Hören ist es mit der Laut-Interpretation ähnlich: Je nach
Stimmlage und vokalischer Grundfärbung eines Sprechers kann der Klang,
der bei einem Sprecher als offenes 'e' verstanden wird, bei einem
anderen Sprecher als helles 'a' durchgehen, bei wieder einem anderen als
dunkles 'i'.

Auch mit Sätzen und Wörtern funktioniert es analog: Ich ziehe mir
Wiedererkanntes heraus und setze es in Beziehung zu meiner
Äußerungsabsicht und stelle so meine nächste Äußerung zusammen, alles
zunächst ganz unmittelbar und unanalysierbar. Ich gerate in Situationen,
und dabei laufen Sätze und Satzfetzen mit. Will ich dazu etwas sagen,
passe ich das strategisch (Höflichkeit, Schmeichelei, ...) und
adressatenspezifisch und situationsbezogen an: Was erlauben Sie sich /
Kollege, achte auf dein Worte / Willst du mich beleidigen? / Noch so'n
Spruch, Kiefernbruch / Starke Worte! / Hört hört! / Was fällt dir ein! /
Das darfst aber du so nicht sagen / Ich verbitte mir diese
Ausdrucksweise / Nicht in diesem Ton! ... Und in manchen Situationen
überkommt mich ein 'Wenn zwei das Gleiche sagen ...' oder das
Quod-licet-Zitat.

Gruß Ralf Joerres
Stefan Ram
2021-01-26 20:40:12 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Im Einzelfall (und vor allem in der Isolierung) ist es schwer, zu sagen,
wo der Baum aufhört und der Strauch anfängt
Dieses Thema wird auch auf der Wikipedia-Seite

|Paradoxie des Haufens

behandelt. In meinen Worten: Man kann vage Prädikate nicht
genau definieren, denn, wenn dies möglich wäre, wären sie ja
nicht vage. (Im Grunde wieder ein Übersetzungsproblem.)

Identität und Gleichheit sind von der Form her exakte
Prädikate, da zwei Dinge entweder identisch (gleich) sind
oder nicht. Daher ist es schwierig, diese Prädikate auf
Situationen mit fließenden Übergängen der Ähnlichkeit anzuwenden.

Praktisch kann man sich in die Situation eines
hypothetischen Mannes versetzen, der gerne eine
hypothetische Frau heiraten will will, die aber nur Männer
ab 1800 mm als Ehemann akzeptieren will, während er nur
1799 mm groß ist und jetzt argumentiert, daß ein Millimeter
wohl kaum eine große Bedeutung haben dürfte. Aber, wenn die
Frau den 1799-Mann zuläßt, weil ein Millimeter bedeutungslos
ist, warum dann nicht auch einen 1798-Mann? U.s.w.
Post by Ralf Joerres
Beim Sprechen-Hören ist es mit der Laut-Interpretation ähnlich: Je nach
Stimmlage und vokalischer Grundfärbung eines Sprechers kann der Klang,
der bei einem Sprecher als offenes 'e' verstanden wird, bei einem
anderen Sprecher als helles 'a' durchgehen, bei wieder einem anderen als
dunkles 'i'.
Hierzu hatte ich einmal eine Textgraphik angefertigt, die
zeigt wie verschiedene F1-Dauer-Kombinationen (F1=erster
Formant) von Hörern verschiedener Sprache als /E/ oder /æ/
interpretiert wurden. Sie ist aber nur bei Verwendung einer
dicktengleichen Schriftart und eines Newsreaders mit
leerzeichentreuer Anzeige gut erkennbar.

|
|
|._ Linguistic
| "-._ Units
|,__ "-._
| """"---"-. /x/
| __,,..--"""
|"" .-"
| .-"
Auditory | .-"
Continuum |-"
|._
| "-._
|,__ "-._
| """"---"-. /y/
| __,,..--"""
|"" .-"
| .-"
| .-"
|-"
|
|Perceptual
| Mapping

French listeners
.-------------------------------------------------------.
^ 400 F1/Hz |
| |
| |
| |
| |
| |
| E E |
| EE E E |
| E E E |
| E E E E E E |
| E EE E E |
| E |
| æ E E |
|,,,, æ E E E |
| .,,,,,,__ |
| ..,,,,,,,,,,,,,,,,.................,,,,,,,|
| E æ |
| æ |
| æ æ æ æ |
| æ æ æ |
| æ æ æ |
| æ |
| æ ææ |
| æ æ |
| ææ æ |
| æ |
| |
| |
| æ |
| |
| |
| |
| |
| |
| |
| |
| 1000 duration/ms |
'------------------------------------------------------>'
50 200
English listeners
.-------------------------------------------------------.
^ 400 F1/Hz = |
| - |
| - |
| - |
| ,. |
| = |
| - |
| = |
| .- |
| E = |
| E -. |
| E .- |
| E = |
| E = |
| E E E E E E = |
| EE = |
|E E E = |
|E E E .= |
| E E ,= æ |
| E = |
| æ= æ |
| æ ,- æ æ æ |
| E = æ |
| -- æ |
| E æ = |
| E .= æ |
| E .= æ E æ æ |
| -- æ æ |
| -- æ |
| -- |
| ,-, æ |
| --. æ |
|.-- æ æ |
|. æ |
| æ æ |
| æ |
| 1000 duration/ms |
'------------------------------------------------------>' 1000
50 200
(nach P. Escudero)
Helmut Richter
2021-01-26 13:14:55 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Helmut Richter
Für mich als gelernten Mathematiker ist es sowie das Gleiche wie dasselbe.
Aber vom großen Logiker Schütte hörte ich einst am Ende eines Beweises
statt des üblichen „und Sie sehen, das ist alles gleich“ („alles“ sind
hier mehrere Terme, deren Gleichheit bewiesen worden war) die eigenwillige
Formulierung „und Sie sehen, das ist alles bis auf Gleichheit dasselbe“.
.... wobei 'bis auf' zwei Bedeutungen haben kann: alles, nur das
bis-auf-Argument nicht, oder: alles, bis hin zu diesem, ja sogar
einschließlich diesem. Für mich ergibt weder das eine noch das andere richtig
Sinn, vielleicht sollte es eine Valentinade (Semmelnbröseln) sein.
Nein, es ist Jargon, der mir erst jetzt als quer zur Umgangssprache
auffällt. Siehe meine längliche Antwort an Quinn.
--
Helmut Richter
Quinn C
2021-01-26 00:18:24 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Aber vom großen Logiker Schütte hörte ich einst am Ende eines Beweises
statt des üblichen „und Sie sehen, das ist alles gleich“ („alles“ sind
hier mehrere Terme, deren Gleichheit bewiesen worden war) die eigenwillige
Formulierung „und Sie sehen, das ist alles bis auf Gleichheit dasselbe“.
Ich kann mir schon intuitiv vorstellen, was da in seinem Kopf vorging.
Sowas wie "bis auf Isomorphie gleich": zwei Graphen sind gleich, wenn
sie nach Anwendung einer isomorphen Abbildung identisch ("selb") wären.
--
Es giebt keine Freiheit der Männer, wenn es nicht eine Freiheit der
Frauen giebt. Wenn eine Frau ihren Willen nicht zur Geltung bringen
darf, warum soll es der Mann dürfen.
-- Hedwig Dohm (1876)
Helmut Richter
2021-01-26 12:06:18 UTC
Permalink
Post by Quinn C
Post by Helmut Richter
Aber vom großen Logiker Schütte hörte ich einst am Ende eines Beweises
statt des üblichen „und Sie sehen, das ist alles gleich“ („alles“ sind
hier mehrere Terme, deren Gleichheit bewiesen worden war) die eigenwillige
Formulierung „und Sie sehen, das ist alles bis auf Gleichheit dasselbe“.
Ich kann mir schon intuitiv vorstellen, was da in seinem Kopf vorging.
Sowas wie "bis auf Isomorphie gleich": zwei Graphen sind gleich, wenn
sie nach Anwendung einer isomorphen Abbildung identisch ("selb") wären.
Ja, genau so ist das. Da bin ich auf meine eigene Gewöhnung an
Mathematiker-Jargon hereingefallen. Ralf Joerres’ jüngster Beitrag
(gleicher Thread, anderer Inhalt) hat mich auf die Idee gebracht, wie man
die Bedeutungsverschiebung von „bis auf“ bis hin zu fast dem Gegenteil mit
Hilfe eines Beispiels erklären kann.

Man hat zwei Chorsätze desselben Liedes in verschiedenen Tonarten, aber
sonst genau gleich; klingt also genau gleich, bloß höher oder tiefer. Das
Umschreiben in eine anderen Tonlage heißt in der Musik Transposition.

Normalerweise verwendet man „bis auf“ in der Bedeutung „mit Ausnahme von“:

Die beiden Chorsätze sind bis auf die Tonlage gleich.

Mathematiker verwenden es sehr oft auch genau so („alle bis auf endlich
viele“), daneben aber auch so, dass die Änderung der Eigenschaft anstelle
der Eigenschaft selbst erwähnt wird:

Die beiden Chorsätze sind bis auf Transposition gleich.

Und im nächsten Schritt genügt dann schon die Änderungsmöglichkeit
anstelle der Änderung selbst:

Die beiden Chorsätze sind gleich bis auf die Möglichkeit, sie durch
Transposition ineinander überzuführen.

Dieser dritte Schritt wird dann gemacht, wenn die Existenz einer
geeigneten Abbildung der entscheidende Punkt ist. Um Quinns Beispiel
herzunehmen, ohne es zu erläutern: Isomorphie herrscht, wo es einen
Isomorphismus (= eine isomorphe Abbildung) gibt, egal wie der aussieht;
Gleichmächtigkeit von Mengen herrscht, wo es eine Bijektion gibt, egal wie
die aussieht. Damit ist die Isomorphie bzw. Gleichmächtigkeit wichtiger
als die vermittelnde Abbildung, die man nur zur Anwendung der Definition
von Isomorphie bzw. Gleichmächtigkeit braucht.

Verwendet wird eine solche Satzkonstruktion, wenn es auf den Unterschied
für die folgenden Schritte in der Beweisführung nicht ankommt, man aber zu
faul ist, eine entsprechende Äquivalenzrelation zu definieren. Es genügt,
wenn die Hörer oder Leser das könnten und einsehen, dass das den Beweis
nur umständlicher macht, aber nicht richtiger oder einleuchtender.

Genaugenommen hat man aber die Bedeutung von „bis auf“ fast ins Gegenteil
verändert, weil der letzte Satz ja gerade bedeutet:

Die beiden Chorsätze sind im Wesentlichen gleich, und zwar durch die
Möglichkeit, sie durch Transposition ineinander überzuführen.

Die Möglichkeit der Transposition wird also gerade betrachtet und nicht
durch „bis auf“ für unbeachtlich erklärt. Aber eben doch: dadurch, dass
wir die Möglichkeit der Transposition haben, brauchen wir die
unterschiedliche Tonhöhe nicht mehr zu beachten – wenigstens nicht für die
Auswahl des Chorsatzes für einen Anlass, wohl aber danach für seine
Singbarkeit für die Chormitglieder.

„im Wesentlichen gleich“ ist hier die umgangssprachliche Übersetzung des
in der Mathematik definierten Begriffs „äquivalent“.

War mir bis jetzt noch nicht aufgefallen, dass da das umgangssprachliche
„bis auf“ deutlich anders verwendet wird als in der Umgangssprache.

Das Zitat aus Schüttes Vorlesung geht aber einen ungewöhnlichen Schritt
weiter: nicht gleich bis auf Äquivalenz, sondern identisch („dasselbe“)
bis auf Gleichheit. Gemeint war wohl sowas wie „sieht verschieden aus, ist
aber doch gleich“. Wenn ich mich nach einem halben Jahrhundert noch recht
erinnere, gab es schon eine gewisse Heiterkeit in der Zuhörerschaft, aber
keinen Bedarf für eine Diskussion.
--
Helmut Richter
Quinn C
2021-01-26 23:17:08 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Helmut Richter
Aber vom großen Logiker Schütte hörte ich einst am Ende eines Beweises
statt des üblichen „und Sie sehen, das ist alles gleich“ („alles“ sind
hier mehrere Terme, deren Gleichheit bewiesen worden war) die eigenwillige
Formulierung „und Sie sehen, das ist alles bis auf Gleichheit dasselbe“.
Verwendet wird eine solche Satzkonstruktion, wenn es auf den Unterschied
für die folgenden Schritte in der Beweisführung nicht ankommt, man aber zu
faul ist, eine entsprechende Äquivalenzrelation zu definieren. Es genügt,
wenn die Hörer oder Leser das könnten und einsehen, dass das den Beweis
nur umständlicher macht, aber nicht richtiger oder einleuchtender.
Genaugenommen hat man aber die Bedeutung von „bis auf“ fast ins Gegenteil
Die beiden Chorsätze sind im Wesentlichen gleich, und zwar durch die
Möglichkeit, sie durch Transposition ineinander überzuführen.
Die Möglichkeit der Transposition wird also gerade betrachtet und nicht
durch „bis auf“ für unbeachtlich erklärt. Aber eben doch: dadurch, dass
wir die Möglichkeit der Transposition haben, brauchen wir die
unterschiedliche Tonhöhe nicht mehr zu beachten – wenigstens nicht für die
Auswahl des Chorsatzes für einen Anlass, wohl aber danach für seine
Singbarkeit für die Chormitglieder.
„im Wesentlichen gleich“ ist hier die umgangssprachliche Übersetzung des
in der Mathematik definierten Begriffs „äquivalent“.
War mir bis jetzt noch nicht aufgefallen, dass da das umgangssprachliche
„bis auf“ deutlich anders verwendet wird als in der Umgangssprache.
Welche andere Verwendung hast Du denn dabei im Sinn?

Die Verwendung in "bis auf Kleinigkeiten sind die Arbeiten beendet"
scheint mir fundamental dieselbe zu sein wie in den mathematischen
Beispielen: "abgesehen von". Das Objekt kann auch konkret benannt sein:
"Bis auf eine letzte Bake sind alle Baken entfernt."

Es kommt vor, daß "bis" und "auf" quasi zufällig aufeinandertreffen in
sowas wie "Ich spüre die Kälte bis auf die Knochen"; das ist dann in
gewissem Sinne das Gegenteil der anderen Verwendung, aber wie gesagt,
das ist keine feste Fügung der beiden Wörter, denn in anderen Fällen
heißt es "bis ins Mark" oder "bis vor die Tür" usw.

Das "Gegenteil" darin ist vielleicht nur der Kontrast von "bis
einschließlich" und "bis ausschließlich".
--
Was den Jüngeren fehlt, sind keine Botschaften, es ist der Sinn
für Zusammenhänge.
-- Helen Feng im Zeit-Interview
Ralf Joerres
2021-01-27 01:26:20 UTC
Permalink
Post by Quinn C
Die Verwendung in "bis auf Kleinigkeiten sind die Arbeiten beendet"
scheint mir fundamental dieselbe zu sein wie in den mathematischen
"Bis auf eine letzte Bake sind alle Baken entfernt."
Es kommt vor, daß "bis" und "auf" quasi zufällig aufeinandertreffen in
sowas wie "Ich spüre die Kälte bis auf die Knochen"; das ist dann in
gewissem Sinne das Gegenteil der anderen Verwendung, aber wie gesagt,
das ist keine feste Fügung der beiden Wörter, denn in anderen Fällen
heißt es "bis ins Mark" oder "bis vor die Tür" usw.
Also dann: Der Kinosaal ist bis auf den letzten Platz besetzt - auch nur
ein zufälliges Zusammentreffen.

Stimmt schon: Der springende Punkt bei der Doppeldeutigkeit ist nicht
die Phrase 'bis auf', sondern die Präsposition 'bis', die kann inklusiv
und exklusiv verwendet werden: Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp. Lokal ist das
vielleicht anders, da werden oft andere Präpositionen hinzugenommen: bis
an, bis zu, bis hinter, bis vor, bis hin zu ...
Post by Quinn C
Das "Gegenteil" darin ist vielleicht nur der Kontrast von "bis
einschließlich" und "bis ausschließlich".
Eben.

Ralf Joerres
Stefan Ram
2021-01-27 01:49:11 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Ralf Joerres
2021-01-27 09:16:25 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Ralf Joerres
Stefan Ram
2021-01-27 10:08:37 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Wenn in einem Vertrag mit dem Malereibetrieb geschrieben
oder gesagt wurde: "Die Arbeit muß bis Dienstag erledigt
sein.", liefert das BGB eine Erklärung der Bedeutung von
"bis Dienstag", die dann sogar gerichtsfest sein dürfte.
Was will man mehr? Was sonst sollte zur Interpretation
herangezogen werden?

Lediglich "wieder raus sein" verwirrt mich etwas, aber wegen
"bis" handelt es sich wohl auch dabei um ein Frist/ende/.
Jakob Achterndiek
2021-01-27 10:20:52 UTC
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Post by Stefan Ram
Lediglich "wieder raus sein" verwirrt mich etwas, aber wegen
"bis" handelt es sich wohl auch dabei um ein Frist/ende/.
Mißlich ist nur, wenn als Ende nicht ein Punkt, sondern eine
Strecke (hier eine Zeit-Strecke) gesetzt wird. Das haben auch
die Juristen erkannt und da eine Festlegung getroffen: Es gilt
der Endpunkt der Strecke.
--
j/\a
Jakob Achterndiek
2021-01-27 12:19:30 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Stefan Ram
Lediglich "wieder raus sein" verwirrt mich etwas, aber wegen
"bis" handelt es sich wohl auch dabei um ein Frist/ende/.
Mißlich ist nur, wenn als Ende nicht ein Punkt, sondern eine
Strecke (hier eine Zeit-Strecke) gesetzt wird. Das haben auch
die Juristen erkannt und da eine Festlegung getroffen: Es gilt
der Endpunkt der Strecke.
Übrigens: Das "wieder raus sein" bezeichnet ja den Beginn
eines neuen Zustandes. Der muß zwangsläufig nach dem Endpunkt
des vorausgegangenen Zustandes liegen, da die Handwerker noch
drin waren. Damit ist hoffentlich auch diese Wirrnis entwirrt.
--
j/\a
Ralf Joerres
2021-01-27 13:36:15 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Jakob Achterndiek
Post by Stefan Ram
Lediglich "wieder raus sein" verwirrt mich etwas, aber wegen
"bis" handelt es sich wohl auch dabei um ein Frist/ende/.
Mißlich ist nur, wenn als Ende nicht ein Punkt, sondern eine
Strecke (hier eine Zeit-Strecke) gesetzt wird. Das haben auch
die Juristen erkannt und da eine Festlegung getroffen: Es gilt
der Endpunkt der Strecke.
Übrigens: Das "wieder raus sein" bezeichnet ja den Beginn
eines neuen Zustandes. Der muß zwangsläufig nach dem Endpunkt
des vorausgegangenen Zustandes liegen, da die Handwerker noch
drin waren. Damit ist hoffentlich auch diese Wirrnis entwirrt.
Dann also doch: Montag eine Millisekunde vor Mitternacht ist Schicht,
wegen 'sein'. Und der Satz 'bis Dienstag einschließlich müssen wir hier
wieder raus sein' wäre falsch. Stimmt, wenn ich's mir recht überlege.

Ralf Joerres
Ralf Joerres
2021-01-27 13:27:35 UTC
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Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Wenn in einem Vertrag mit dem Malereibetrieb geschrieben
oder gesagt wurde: "Die Arbeit muß bis Dienstag erledigt
sein.", liefert das BGB eine Erklärung der Bedeutung von
"bis Dienstag", die dann sogar gerichtsfest sein dürfte.
Was will man mehr? Was sonst sollte zur Interpretation
herangezogen werden?
Also wenn bis Montag 23.59.59 Uhr die Tür hinter den Malern zufällt,
wäre alles im Lot. Mein Beispiel war aber kein Zitat aus einer
Gerichtsverhandlung, auch kein juristisches Fallbeispiel aus einem
BGB-kommentar, sondern ein Satz aus dem richtigen Leben. Was meint der
Altgeselle, und was verstehen die Kollegen - weißt du das auch?
Post by Stefan Ram
Lediglich "wieder raus sein" verwirrt mich etwas
So spricht man bei uns, genauer 'hier wieder raus sein', und notabene
'bis (!) Dienstag hier wieder raus sein', und nicht 'Dienstag hier
wieder raus sein'.
Post by Stefan Ram
aber wegen
"bis" handelt es sich wohl auch dabei um ein Frist/ende/.
Die Frage ist, wann dieses Ende sein soll.

Ralf Joerres
Sergio Gatti
2021-01-27 14:40:49 UTC
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Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Wenn in einem Vertrag mit dem Malereibetrieb geschrieben
oder gesagt wurde: "Die Arbeit muß bis Dienstag erledigt
sein.", liefert das BGB eine Erklärung der Bedeutung von
"bis Dienstag", die dann sogar gerichtsfest sein dürfte.
Was will man mehr? Was sonst sollte zur Interpretation
herangezogen werden?
Also wenn bis Montag 23.59.59 Uhr die Tür hinter den Malern zufällt,
wäre alles im Lot.
Als Rechtsübersetzer und somit Pseudojurist meine ich, dass gemäß BGB §
188 (1) die Arbeit bis _Dienstag_ um 23.59 Uhr erledigt sein muss. Das
ist MUSEN der Ablauf des letzten Tages der Frist.
Post by Ralf Joerres
Mein Beispiel war aber kein Zitat aus einer
Gerichtsverhandlung, auch kein juristisches Fallbeispiel aus einem
BGB-kommentar, sondern ein Satz aus dem richtigen Leben. Was meint der
Altgeselle, und was verstehen die Kollegen - weißt du das auch?
Im richtigen Leben würde ich es so verstehen, dass die Arbeit bis zum
Ende der Arbeitszeit der Maler am Dienstag erledigt sein muss. In
anderen Worten: Die Maler können auch am Dienstag dran arbeiten, aber
sie dürfen am Dienstag nicht Schluss machen und wegfahren, wenn etwas
noch unerledigt ist. Besser wäre es natürlich, wenn sie schon am Montag
oder in der Woche davor fertig sind und am Dienstag eine andere bezahlte
Arbeit übernehmen können.

Aber ich habe nie in einem Malereibetrieb gearbeitet und weiß daher
nicht, was der Altgeselle meint und was seine Kollegen verstehen.
Stefan Schmitz
2021-01-27 14:30:25 UTC
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Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Wenn in einem Vertrag mit dem Malereibetrieb geschrieben
oder gesagt wurde: "Die Arbeit muß bis Dienstag erledigt
sein.", liefert das BGB eine Erklärung der Bedeutung von
"bis Dienstag", die dann sogar gerichtsfest sein dürfte.
Nein, die liefert es nicht.
"Bis Dienstag" ist keine nach Tagen bestimmte Frist.
"Innerhalb von fünf Tagen" wäre eine.

In dem Vertrag wird man sinnvollerweise einen Übergabetermin
vereinbaren, der innerhalb der üblichen Arbeitszeiten liegt.
Hans
2021-01-27 14:50:03 UTC
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Post by Stefan Schmitz
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
                                Bis Dienstag müssen wir hier wieder
raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
   Wenn in einem Vertrag mit dem Malereibetrieb geschrieben
   oder gesagt wurde: "Die Arbeit muß bis Dienstag erledigt
   sein.", liefert das BGB eine Erklärung der Bedeutung von
   "bis Dienstag", die dann sogar gerichtsfest sein dürfte.
Nein, die liefert es nicht.
"Bis Dienstag" ist keine nach Tagen bestimmte Frist.
"Innerhalb von fünf Tagen" wäre eine.
In dem Vertrag wird man sinnvollerweise einen Übergabetermin
vereinbaren, der innerhalb der üblichen Arbeitszeiten liegt.
Wie wäre es mit der Formulierung "bis einschließlich Dienstag"? Dann
wäre alles klar.
Sergio Gatti
2021-01-27 16:30:43 UTC
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Post by Stefan Schmitz
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Wenn in einem Vertrag mit dem Malereibetrieb geschrieben
oder gesagt wurde: "Die Arbeit muß bis Dienstag erledigt
sein.", liefert das BGB eine Erklärung der Bedeutung von
"bis Dienstag", die dann sogar gerichtsfest sein dürfte.
Nein, die liefert es nicht.
"Bis Dienstag" ist keine nach Tagen bestimmte Frist.
Den Zweifel hatte ich auch. Aber als Pseudojurist bin ich nicht sicher,
dass deine Behauptung stimmt. Wäre es für meine Arbeit wichtig und wären
die öffentlichen Bibliotheken offen, würde ich mal schauen, was die
Kommentare zum BGB dazu sagen.
Post by Stefan Schmitz
"Innerhalb von fünf Tagen" wäre eine.
In dem Vertrag wird man sinnvollerweise einen Übergabetermin
vereinbaren, der innerhalb der üblichen Arbeitszeiten liegt.
Das ist auf jeden Fall die beste Vorgehensweise, und zwar mit genauer
Datumsangabe.
Ralf Joerres
2021-01-27 22:42:04 UTC
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Post by Sergio Gatti
Post by Stefan Schmitz
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp.
"Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem /Ablauf/
des letzten Tages der Frist." - BGB § 188 (1)
Tja, der allgemeine Sprachgebrauch und die juristischen Festlegungen zur
Bedeutung einzelner Sprachbestandteile sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Wenn in einem Vertrag mit dem Malereibetrieb geschrieben
oder gesagt wurde: "Die Arbeit muß bis Dienstag erledigt
sein.", liefert das BGB eine Erklärung der Bedeutung von
"bis Dienstag", die dann sogar gerichtsfest sein dürfte.
Nein, die liefert es nicht.
"Bis Dienstag" ist keine nach Tagen bestimmte Frist.
Den Zweifel hatte ich auch. Aber als Pseudojurist bin ich nicht sicher,
dass deine Behauptung stimmt. Wäre es für meine Arbeit wichtig und wären
die öffentlichen Bibliotheken offen, würde ich mal schauen, was die
Kommentare zum BGB dazu sagen.
Ich hab mir mal einen gebrauchten Palandt zugelegt, gab's wenige Jahre
alt für kleines Geld, Da ändert sich ja nicht ständig alles. Viele
Rechtsanwälte müssen sich den wohl immer wieder neu kaufen und stoßen
ihre gebrauchten Exemplare ab. Ich kuck da aber jetzt nicht nach, ist
oft auch (für mich) schwer zu verstehen, Juristendeutsch halt. Kriegste
bei booklooker und sonstwo.
Post by Sergio Gatti
Post by Stefan Schmitz
"Innerhalb von fünf Tagen" wäre eine.
In dem Vertrag wird man sinnvollerweise einen Übergabetermin
vereinbaren, der innerhalb der üblichen Arbeitszeiten liegt.
Das ist auf jeden Fall die beste Vorgehensweise, und zwar mit genauer
Datumsangabe.
So weit so gut.

Gruß Ralf Joerres
Ulf Kutzner
2021-01-28 07:22:28 UTC
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Post by Ralf Joerres
Post by Sergio Gatti
Kommentare zum BGB dazu sagen.
Ich hab mir mal einen gebrauchten Palandt zugelegt, gab's wenige Jahre
alt für kleines Geld, Da ändert sich ja nicht ständig alles. Viele
Rechtsanwälte müssen sich den wohl immer wieder neu kaufen und stoßen
ihre gebrauchten Exemplare ab. Ich kuck da aber jetzt nicht nach, ist
oft auch (für mich) schwer zu verstehen
Da darfst Du Dich nicht am Aküfi stoßen.
Ralf Joerres
2021-01-28 16:53:50 UTC
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Post by Ulf Kutzner
Post by Ralf Joerres
Post by Sergio Gatti
Kommentare zum BGB dazu sagen.
Ich hab mir mal einen gebrauchten Palandt zugelegt, gab's wenige Jahre
alt für kleines Geld, Da ändert sich ja nicht ständig alles. Viele
Rechtsanwälte müssen sich den wohl immer wieder neu kaufen und stoßen
ihre gebrauchten Exemplare ab. Ich kuck da aber jetzt nicht nach, ist
oft auch (für mich) schwer zu verstehen
Da darfst Du Dich nicht am Aküfi stoßen.
Das ist kein 'Fi', sondern schlichte Notwendigkeit; auch so schon hat
dieses kleine Monster über 3000 Seiten.

RJ

Quinn C
2021-01-27 02:55:49 UTC
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Post by Ralf Joerres
Post by Quinn C
Die Verwendung in "bis auf Kleinigkeiten sind die Arbeiten beendet"
scheint mir fundamental dieselbe zu sein wie in den mathematischen
"Bis auf eine letzte Bake sind alle Baken entfernt."
Es kommt vor, daß "bis" und "auf" quasi zufällig aufeinandertreffen in
sowas wie "Ich spüre die Kälte bis auf die Knochen"; das ist dann in
gewissem Sinne das Gegenteil der anderen Verwendung, aber wie gesagt,
das ist keine feste Fügung der beiden Wörter, denn in anderen Fällen
heißt es "bis ins Mark" oder "bis vor die Tür" usw.
Also dann: Der Kinosaal ist bis auf den letzten Platz besetzt - auch nur
ein zufälliges Zusammentreffen.
Man kann um der Eindeutigkeit willen "bis zum letzten Platz" sagen. Mit
"voll" statt "besetzt" noch etwas natürlicher.
Post by Ralf Joerres
Stimmt schon: Der springende Punkt bei der Doppeldeutigkeit ist nicht
die Phrase 'bis auf', sondern die Präsposition 'bis', die kann inklusiv
und exklusiv verwendet werden: Bis Dienstag müssen wir hier wieder raus
sein - sagt der Maler-Altgeselle zu seinem Trupp. Lokal ist das
vielleicht anders, da werden oft andere Präpositionen hinzugenommen: bis
an, bis zu, bis hinter, bis vor, bis hin zu ...
"Bis mit (Freitag)" haben wir hier schon gelegentlich diskutiert.
--
Subject: Apple-Mitglied (Ihr Konto Federung Kündigungsfrist)
-- SPAMPOESIE
Stefan Ram
2021-01-25 20:52:33 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Witzig in diesem Zusammenhang: 'dasselbe' und 'das gleiche' werden in
der Umgangssprache fast unterschiedslos gebraucht, was dann regelmäßig
einem Neunmalklugen Gelegenheit gibt, sein Pfauenrad zu schlagen und
überlegenes Sprachwissen zur Schau zu stellen.
Was ist der Unterschied zwischen »dasselbe« und »das gleiche«?
==============================================================

Zunächst sei die Frage einmal kurz vorweg beantwortet:
In einem gegebenen Zusammenhang wird mit »das gleiche«
Gleichheit in bezug auf eine gröberes Begriffsverständnis
und mit »dasselbe« Gleichheit in bezug auf ein feineres
Begriffsverständnis ausgedrückt. Um welche Begriffsverständnisse
es sich aber jeweils handelt, muß dem Zusammenhang entnommen
werden und kann nicht allgemein festgelegt werden.
Die Unterscheidung ist weniger fachsprachlich sondern eher
umgangssprachlich, weswegen sie nicht zu ernst genommen werden
sollte.

.----------
| Identität eines Dinges mit sich selbst

»Von /zwei/ Dingen zu sagen, sie seien identisch, ist ein
Unsinn, und von /Einem/ zu sagen, es sei identisch mit sich
selbst, sagt gar nichts.«

Ludwig Wittgenstein, Tractatus Logico-Philosophicus (5.5303), 1921

.----------
| Verschiedene Bezeichnung einer Entität

Wir haben aber in der Sprache das Phänomen, daß wir eine Sache
mit zwei verschiedenen Weisen bezeichnen können. Im Falle der
Venus kann man sagen:

»Der Himmelskörper "Morgenstern" ist der gleiche Planet
wie der Himmelskörper "Abendstern".«

Die verschiedenen sprachlichen Bezeichnungen können verschiedene
Wege der Erkenntnis der Sache in der Erfahrung wiederspiegeln.

Allerdings gilt natürlich auch

»Das Wort "Morgenstern" ist nicht das gleiche Wort
wie das Wort "Abendstern".«

Manche Mißverständnisse entstehen wenn klärende
Gattungsbezeichnungen (wie »Himmelskörper« oder »Wort«)
weggelassen werden:

»Der Morgenstern ist der Abendstern.«

»"Morgenstern" ist nicht "Abendstern".«

Im zweiten Falle sind die Wörter gemeint und nun ruht die
ganze Last der Klarstellung dieser Absicht auf den Anführungszeichen
(use-mention-distinction: Ohne die Anführungszeichen ist die
Interpretation "objektsprachlich", mit ihnen "metasprachlich").

Oder zwei unterschiedlich erklärte (definierte) Begriffe könnten
in einem Modell dieselbe Entität bezeichnen, was bei der
Definition der Begriffe zunächst nicht offensichtlich sein muß.

Man spricht hier auch manchmal von »intensionaler« und
»extensionaler« Gleichheit: Die Intension ist die Beschreibung.
Verschiedene Beschreibungen können die gleiche Sache oder die
gleiche Menge von Sachen beschreiben (also die gleiche Extension),

.----------
| Gleichheit angegebener Entitäten

Viele mathematische Modelle enthalten heute ja nur noch
Mengen, und für die kann man Gleichheit stets extensional
definieren:

»x = y« bedeutet: »"e ist Element von x" hat den
Wahrheitswert von "e ist Element von y" für alle e«.

Die Bekräftigung, daß eine Menge zu sich selbst gleich ist,
ist - wie gesagt - wirklich redundant. Der Sinn der
extensionalen Gleichheitsdefinition wird erst erkennbar,
wenn man in »x« und »y« zwei (möglicherweise verschiedene)
/Beschreibungen/ von Mengen sieht. Sie sagt dann, wann zwei
(verschiedene) Beschreibungen die gleiche Menge beschreiben.

.----------
| Gleichwertigkeit unterschiedlicher Entitäten

Dann gibt es das Wort "gleich" als Kurzform von »gleichwertig«
"~". Eine Funktion induziert eine Äquivalenzrelation in ihrem
Definitionsbereich, vermittels x ~ x' :<==> f( x )= f( x' ).

(Die Wortbedeutung aus dem Abschnitt zum Morgenstern
entspricht hier dieser Funktion »f«.)

Betrachtet man beispielsweise die Abbildung, die einem Term
seinen Wert zuordnet, so ist der Term "2+2" dem Term "2*2"
zwar nicht gleich, aber gleichwertig.

Nun sagt man aber zu »gleichwertig« auch manchmal kurz
»gleich«, also »2+2 ist gleich 2*2«. Will man dann wirklich
von Gleichheit der Terme sprechen, so verwendet man
»dasselbe« oder spricht von »Identität«, sagt also »"2+2" sei
gleich "2*2", aber "2+2" sei nicht dasselbe wie "2*2" oder
"2+2" sei nicht identisch mit "2*2"

Aber auch Terme können wieder hinsichtlich einer anderen
Äquivalenzrelation identifiziert werden, denn der Term »2+2«
ist dem Term »2 +2« gleich, obwohl die Zeichenfolgen
unterschiedlich sind.

Daher kann man, wenn man genau sprechen will, die
Unterscheidung zwischen "das gleiche" und "dasselbe" aufgeben
und statt dessen jeweils die Gattung und damit den Begriff
genau angeben, also in Reihenfolge zunehmender Feinheit:

»Der Wert "2+2" ist gleich dem Wert "2*2".«

»Der Term "2+2" ist gleich dem Term "2+ 2".«

»Die Zeichenfolge "2+2" ist gleich der Zeichenfolge "2+2".«

Aber auch die letzten beiden Zeichenfolgen kann man wiederum
als unterschiedlich ansehen, wenn man zu ihrer Identität
noch die Position innerhalb des Textes, an der sie sich befinden,
zählt (Zeichenfolgenexemplare). So ergibt sich dann eine immer
feinere Unterscheidung von Werten zu Termen, Zeichenfolgen und
schließlich Zeichenfolgenexemplaren. (Letztere kann man auch noch
weiter verfeinern: Das Wort »Haus« an einer bestimmten Stelle
einer Seite eines Buchwerkes (einer Auflage), das vorherige in
einem bestimmten Exemplar dieses Buches, und das vorherige zu
einem bestimmten Zeitpunkt.)

Neue Entitätsklassen werden manchmal auch dadurch definiert, daß
erklärt wird, wann zwei ihrer Entitäten einander gleich sein
sollen. Beispielsweise ist das 2-Tupel (a,b) dem 2-Tupel (c,d)
gleich genau dann, wenn a c und b d gleich ist.

.----------
| System und Zustand

In der Physik hat man Systeme und Zustände und muß so beim
Vergleich sagen, ob man fragt, ob dasselbe System oder
dasselbe System und derselbe Zustand vorliegt.

Heraklit sagte:

»Niemand kann zweimal in den gleichen Fluß steigen, denn
immer andere Wasser strömen beständig nach.«

Kratylos soll geschrieben haben:

»Niemand kann auch nur einmal in den gleichen Fluß steigen.«

Und Wittgenstein wurde zugeschrieben:

»Der Mann, der sagte, man könne nicht zweimal in den
gleichen Fluß steigen, sagte etwas Falsches; man kann
zweimal in den gleichen Fluß steigen.«

Diese Zitate zeigen auch einmal wieder, daß auf diesem Gebiet
keine Einigkeit über die Begriffe besteht.

Tatsächlich geht es aber darum, was man unter einem Fluß
überhaupt versteht, insbesondere wann zwei Beschreibungen
(oder Bezeichnungen) von Flüssen den gleichen Fluß beschreiben.

Einerseits versteht man unter einem Fluß das Wasser,
welches gerade in einem Flußbette ist. Andererseits wird der
Fluß auch oft als durch sein Bett identifiziert und nicht durch
die als individuell markierbar angenommenen Wasserteilchen darin.

Was genau ein Fluß ist und wodurch er genau spezifiziert wird,
ist also nicht eindeutig festgelegt. Diese Flexibilität ist
in der Umgangssprache gerade hilfreich, während man bei
mathematischen Begriffen Wert auf eine eindeutige (extensionale)
Definition legt.

Auch in der Informatik schätzt man diese Flexibilität anscheinend
wenn man mit »Bit« mal einen Bitspeicher, mal dessen Zustand
(»0« oder »1«) und mal die in einem Bitspeicher enthaltene
Informationsmenge bezeichnet.

Je nach der Definition von »Fluß« ist es also egal, ob man
»den gleichen« oder »denselben« Fluß sagt: Man /kann/ zweimal
in den gleichen (oder »denselben«) Fluß steigen oder man
kann es nicht.

Aber auch die Identität eines einzelnen Systems enthält nicht
selbstverständliche Selbstidentität, sondern eine
interpretierende Äquivalenzrelation. Ist Bundeskanzler Gerhard
Schröder noch derselbe Mensch, wie der Juso-Vorsitzende
Gerhard Schröder? Wie viele Atome, die damals seinen Körper
ausmachten, sind inzwischen durch Stoffwechsel ausgetauscht
worden?

Bei Teilchen unterscheidet man innere und äußere Freiheitsgrade:
Zwei Teilchen können in allen inneren Freiheitsgraden gleich
sein und sich nur in ihrem Ort unterscheiden. Damit ist das
eine Teilchen eine exakte Kopie des anderen Teilchens an einem
anderen Ort.

Zwei Bosonen können in allen Freiheitsgraden (inneren und äußeren)
übereinstimmen. Sind zwei Bosonen, die in allen Quantenzahlen
übereinstimmen, dann dieselbe Sache? Man kann zwar sagen, daß
es zwei Teilchen sind, aber es gibt dann nichts mehr, in dem
sie sich unterscheiden.

Das altbekannte, laut Cicero schon den Stoikern bekannte, »Prinzip
des Ununterscheidbaren« (»Principium identitatis indiscernibilium«)
kann zwar oft, aber vielleicht nicht hier, angewendet werden. Es besagt
in einer Formulierung, daß zwei Dinge gleich seien, wenn alle ihre
Eigenschaften gleich sind.

Man könnte, wenn man will, vereinbaren, daß »gleichwertig« bedeutet,
daß zwei Dinge in einer (im Kontext besonders relevanten)
Eigenschaft (ihres »Wertes«) gleich sind, »gleich« daß sie
in bezug auf all im Kontext relevanten Eigenschaften gleich sind
(sich aber noch in anderen irrelevanten Eigenschaften unterscheiden
könnten), und »identisch«, wenn sie in bezug auf alle Eigenschaften
gleich sind (seien sie nun gerade relevant oder nicht).

.----------
| Die Axt mit den getauschten Teilen

Oliver Cromm <***@crommatograph.info> writes:
|So wie dieselbe Axt, bei der nur zweimal die Klinge und dreimal
|der Stiel getauscht wurde? :-)

Das ist das Problem der Identität in eine kurze und doch
verständliche Frage gepackt: Ist es noch dieselbe Axt, nachdem
zweimal die Klinge und dreimal der Stiel getauscht wurde?

Die Antwort scheint mir darin zu bestehen, daß es alles nur
eine Frage der Definition ist. Wenn ich eine bestimmte Axt,
sagen wir, »die Heilige Axt des Römischen Reiches« so definiere,
daß sie aus »dem Heiligen Stiel« und »der Heiligen Klinge«
besteht, so ist sie dann nicht mehr dieselbe.

Man kann aber die Axt auch dadurch definieren, daß sie durch
einen Weiheprozeß bestimmt wird. Wenn man die Klinge entfernt
(auch ist eine Definitionsfrage, ob dabei die Klinge oder der
Stiel entfernt wird), dann wird die entfernte Klinge »entweiht«
und die neue Klinge »geweiht«. Danach ist das ganze wieder
»die Heilige Axt des Römischen Reiches«, weil sie aus
»der geweihten Klinge« und dem »geweihten Stiel« besteht.

Die ganze Physik beruht auf der Betrachtung physikalischer
Systeme, welche zu jedem Zeitpunkt in einem Zustand sind.
Dabei unterliegt es ebenfalls einer gewissen Willkür, wenn
man zwei Zustände demselben System zuordnet und dadurch
etwas definiert, daß zeitlich invariant ist (das System).
So bringen wir etwas Ordnung in die chaotische Welt, eine
Ordnung, welche auch die Sprache ermöglicht.

.----------
| »Das gleiche« und »dasselbe«

Der Unterschied zwischen »das gleiche« und »dasselbe« wird
gerne gemacht, wenn es im Kontext zwei verschiedene
Äquivalenzrelationen gibt, um dann mit »das gleiche« einen
bezug auf die gröbere und mit »dasselbe« einen Bezug auf die
feinere Äquivalenzrelation zu markieren.

Das typische Beispiel ist wohl

»Du hast dasselbe Kleid wie Deine Freundin an!«
»Nein - ich habe das gleiche Kleid wie sie an!«

Hier beizeichnet »das gleiche« für die als zweite sprechende
Person Gleichheit hinsichtlich der Äquivalenzrelation »vom
gleichen Produktionsmuster« (Schnitt, Art des Stoffes, Art des
Musters), »dasselbe« bezeichnet Identität einer physikalischen
Sache im Sinne ihres verfolgbaren Wegs in der Raumzeit.

Aber diese Zuordnung ist nicht zwingend, so daß eine
Verbesserung von jemandem, der »das gleiche« oder »dasselbe«
anders verwendet, als man dies selber tun würde, oft unnötig
und nicht immer zwingend ist. Schließlich kann man meist
verstehen, was gemeint ist. Auch kann der Sprecher mit einem
gewissen Recht »das gleiche« und »dasselbe« immer so
definieren, daß seine Verwendung richtig ist.

Also, man darf auf diesem Gebiete nichts für
selbstverständlich halten, sondern sollte die verwendeten
Begriffe und Äquivalenzrelationen möglichst explizit angeben
oder sich ihrer wenigsten bewußt sein.

Manchmal wird behaupt: »Mutter und Tochter benutzen dasselbe
Parfum« bedeute immer »es gibt nur einen Flacon, den sich
Mutter und Tochter teilen«

Das ist aber die von mir nicht geschätzte starre
Interpretation, die ihre Subjektivität unbewußt, diese als
objektiv richtig vermeint.

Tatsächlich kann man aber genauso gut den Flakon als Klasse
ansehen ("zwei Parfümtropfen sind gleich, wenn sie aus
demselben Flakon kommen") und als individuell nur den gleichen
Tropfen ansehen.

Weil es eben subjektiv ist, was man als Klasse und was als
Individuum ansieht, wie ich hoffe mit obigem Beispiel gezeigt
zu haben, sollte man es anderen zugestehen, ihre eigene
Auffassung davon zu haben. Deswegen würde ich niemanden
korrigieren, der "dasselbe" oder "das gleiche" irgendwie
verwendet, solange ich verstehen kann, was er meint.

Gleichheit von Dingen der »Realität« ist immer eine
Frage der Modellbildung und des genauen Typs der
Modellentität (etwa mag ein System in zwei verschiedenen
Zuständen trotzdem als das gleiche System angesehen werden:
Die Gleichheit gilt hier für den Entitätstyp »System«, aber
nicht für den Entitätstyp »Zustand«.)

Siehe auch (ersetze "x" durch "."):

dexwikipediaxorg/wiki/Identit%C3%A4t
dexwikipediaxorg/wiki/Leibniz-Gesetz
wwwxmathxharvardxedu/~mazur/preprints/when_is_onexpdf
homepagexsmcxedu/kennedy_john/IDENTITYxPDF
Ralf Joerres
2021-01-26 10:10:55 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Witzig in diesem Zusammenhang: 'dasselbe' und 'das gleiche' werden in
der Umgangssprache fast unterschiedslos gebraucht, was dann regelmäßig
einem Neunmalklugen Gelegenheit gibt, sein Pfauenrad zu schlagen und
überlegenes Sprachwissen zur Schau zu stellen.
Was ist der Unterschied zwischen »dasselbe« und »das gleiche«?
==============================================================
Zunächst sei die Frage ...
Das war eine schöne Vorlesung, von der ich 25% verstanden zu haben mir
einbilde. Einiges möchte ich später noch einmal nachlesen, um es so gut
es geht mir einzuprägen, aber das mit dem Einprägen fällt mir leider
sehr schwer. Ich habe es gelesen als eine sehr auf Präzision bedachte
Zerlegung von im Alltag unbedacht benutzten Konzepten von Gleichheit und
Identität, die ich in ähnlicher Weise mehr geahnt als gedanklich
durchdrungen habe.

Dafür bis hierhin danke!

Ralf Joerres
Lesen Sie weiter auf narkive:
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