Discussion:
"jemand Fremdes schreibt"
(zu alt für eine Antwort)
Stefan Ram
2007-10-25 23:17:21 UTC
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Eine Nachrichtenagentur behauptet, daß eine Frau gesagt habe:

»"Ich werde verhindern, dass jemals jemand Fremdes Harry-
Potter-Bücher schreibt", sagte die Autorin in einem
Interview für deutsche Straßenmagazine.«

Die Wortfolge »jemand Fremdes« sieht für mich etwas merkwürdig aus.

Liegt das an der Großschreibung von »Fremdes«?

Was ist »jemand« und »Fremdes« hier jeweils für eine Wortart?

Und welche syntaktische Rolle haben diese beiden Wörter hier?
Wolfram Heinrich
2007-10-25 23:52:19 UTC
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Post by Stefan Ram
»"Ich werde verhindern, dass jemals jemand Fremdes Harry-
Potter-Bücher schreibt", sagte die Autorin in einem
Interview für deutsche Straßenmagazine.«
Die Wortfolge »jemand Fremdes« sieht für mich etwas merkwürdig aus.
Fremd halt.

Ciao
Wolfram
--
Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.
KARL VALENTIN
www.theodor-rieh.de, www.theodor-rieh.de/heinrich, www.brueckenbauer.it
Stephen Hust
2007-10-26 00:24:46 UTC
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Post by Stefan Ram
»"Ich werde verhindern, dass jemals jemand Fremdes Harry-
Potter-Bücher schreibt", sagte die Autorin in einem
Interview für deutsche Straßenmagazine.«
Die Wortfolge »jemand Fremdes« sieht für mich etwas merkwürdig aus.
Liegt das an der Großschreibung von »Fremdes«?
Was ist »jemand« und »Fremdes« hier jeweils für eine Wortart?
Und welche syntaktische Rolle haben diese beiden Wörter hier?
Früher haben /jemand/ und /niemand/ den Genitiv nach sich gehabt.

"Da ist ein Brief; er muß von jemand Hohes sein" (Goethe, "Die
Mitschuldigen").

| *506*
| [...]
| In den Fügungen "jemand /anders/", "jemand /Fremdes/" usw. sind
| "anders" und "Fremdes" ursprüngliche Genitive des Neutrums, die
| jetzt erstarrt sind und als Adverb bzw. als Nominativ oder
| Akkusativ Neutrum aufgefaßt werden. Sie können deshalb auch in
| anderen Kasus stehen:
|
| Ich bin von jemand /anders/ gesehen worden. Der Brief muß von
| jemand /Fremdes/ sein.
|
| [...]
|
| Statt des gewöhnlichen "jemand Fremdes" gebraucht der
| Süddeutsche auch das Maskulinum des Adjektivs:
|
| jemand /Fremder/.
|
| In den übrigen Kasus ist die Beugung des Adjektivs allgemeiner:
|
| Das war jemandes /anderen/ Werk. Ich habe mit jemand
| /Fremdem/ gesprochen; mit jemand /Unsichtbarem/ (Glaeser);
| jemand /Fremden/ (Stefan Zweig).
|
(Duden, Grammatik, 1959.)
--
Steve

My e-mail address works as is.
Gunhild Simon
2007-10-26 09:28:55 UTC
Permalink
On 26 Okt., 02:24, Stephen Hust <***@a1.net> wrote:
...
Post by Stephen Hust
|
|
| Das war jemandes /anderen/ Werk. Ich habe mit jemand
| /Fremdem/ gesprochen; mit jemand /Unsichtbarem/ (Glaeser);
| jemand /Fremden/ (Stefan Zweig).
|
(Duden, Grammatik, 1959.)Genau da, bei der Beugung fängt das Interessante an.
Man hat allerlei zur Auswahl, wo das Sprachfefühl durch Neuerungen und
Abschleifungen uns im Stich zu lassen droht:
Sprich mit
... jemandem Fremden, jemandem anderen, jemandem anders
(niemandem ...)
... jemand Fremden, jemand anderen, (niemand ...)
... jemand Fremdes, jemand anders (niemand ...)

Die Duden-Grammatik o6 beobachtet, dass diese Indefinitpronomen
zunehmend einer Beugung entbehren können - also entsprechend dem
letzten Beispiel.

Gruß,
Gunhild
Volker Gringmuth
2007-10-26 04:09:51 UTC
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Post by Stefan Ram
Die Wortfolge »jemand Fremdes« sieht für mich etwas merkwürdig aus.
Nö, ist normal. "Jemand" entspricht "etwas", nur auf Personen bezogen.
Witzig wirds im Genitiv: "jemandes Fremden".
Post by Stefan Ram
Liegt das an der Großschreibung von »Fremdes«?
Kann sein, die ist aber richtig.
Post by Stefan Ram
Was ist »jemand« und »Fremdes« hier jeweils für eine Wortart?
Denk Dir etwas Gutes, dann hast du etwas Entsprechendes ... "jemand"
ist wie immer Pronomen, und "Fremdes" ein substantiviertes Adjektiv als
Kopula dazu (wenn das in dem Fall noch so heißt).


vG
--
Ceterum censeo Popocatepetlum non in Canada sed in Mexico situm esse.

<http://einklich.net>
Stefan Ram
2007-10-26 12:52:47 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Die Wortfolge »jemand Fremdes« sieht für mich etwas merkwürdig aus.
Danke für die Antworten!

Mich erinnern das erste Wort in Konstruktionen, wie

- etwas Fremdes
- jemand Fremdes

, doch sehr an Artikel, wie in

- ein Fremdes
- das Fremde

. Es wurde aber hier wohl »Indefinitpronomen« genannt.

Tatsächlich nennt Canoo ein Indefinitpronomen in einer bestimmten
Stellung ein »Artikelwort«:

»Das Indefinitpronomen "andere" steht als Artikelwort vor
einem Nomen oder allein als Stellvertreter eines Nomens.
In beiden Stellungen wird es wie ein Adjektiv flektiert«

http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/InflectionRules/FRegeln-P/Pron-Indef/Pron-andere3.html

»Neben den Artikeln im engeren Sinne gibt es weitere
Wörter, die die Merkmale eines Artikels aufweisen.
Es handelt sich um gewisse Pronomen, die nicht nur
alleinstehend, sondern auch wie ein Artikel vor einem
Nomen verwendet werden. Zu diesen Artikeln im weiteren
Sinne gehören zum Beispiel "dieser", "jener", "mein",
"jeder", "kein" usw.«

http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Wort/Artikel/Artikelwort/index.html

Möglicherweiser gehört auch »jemand« und »etwas« zu dieser
Wortmenge.
Martin Gerdes
2007-10-26 22:00:02 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
»"Ich werde verhindern, dass jemals jemand Fremdes Harry-
Potter-Bücher schreibt", sagte die Autorin in einem
Interview für deutsche Straßenmagazine.«
Die Wortfolge »jemand Fremdes« sieht für mich etwas merkwürdig aus.
Die Erscheinung kenne ich. Man wird seiner Kenntnis unsicher, wenn alles um
einen herum falsch schreibt.
Post by Stefan Ram
Liegt das an der Großschreibung von »Fremdes«?
Das kann sein, aber an sich entspricht sie den alten Regeln.
Post by Stefan Ram
Was ist »jemand« und »Fremdes« hier jeweils für eine Wortart?
Ich sehe "jemand" hier als unbestimmtes Zahlwort, danach schreibt man groß.

"Etwas Fremdes" würde man auch großschreiben.

In der letzten Zeit habe ich mir über diese Konstruktion Gedanken gemacht.
In der sinngemäß gleichen Konstruktion mit "anders" hat man das Wort
"anders" (in allen Formen) ja kleingeschrieben: "Etwas anderes", "jemand
anderes".

Ich könnte mir *"jemand fremdes" oder *"etwas großes" durchaus vorstellen.

Die BRaZ propagiert bekanntlich die unmäßige Großschreibung, eine an sich
unsystematische Regelung (Kleinschreibung nach Präposition ohne impliziten
Artikel trotz substantivischer Form) hat man im Zuge der BRaZ-Revisionen ja
bereits beseitigt (1996:bei weitem, 2006: bei Weitem). An sich fehlt nun
noch die Schreibänderung bei Superlativen auf "am". "Das schönste Hemd"
bleibt natürlich klein, hier ist der Superlativ klares Adjektiv. "Dieses
Hemd ist am *Schönsten" müßte nach Gallmann aber doch sicherlich
großgeschrieben werden. Es bleibt spannend.
--
Martin Gerdes
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