Discussion:
Unverhofft kommt oft ...
(zu alt für eine Antwort)
Thomas Schade
2013-11-08 19:00:02 UTC
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... heißt es im Sprichwort.

Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.

Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?


[1]
<http://m.promiflash.de/tatort-staatsanwalt-ueberraschend-verstorben-13110839.html>

Ciao
Toscha
--
Erst wenn ihr den letzten Macho ins Ausland vertrieben habt
und der letzte Sexist im Gefängnis sitzt,
werdet ihr merken, dass Vibratoren keine Koffer tragen.
Jon J Panury
2013-11-08 19:20:32 UTC
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Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
DUSE findet das völlig korrekt: unkorrekt.
Christina Kunze
2013-11-08 23:17:40 UTC
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Post by Jon J Panury
Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
DUSE findet das völlig korrekt: unkorrekt.
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie ihrer
Bestandteile.
"Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich unerwartet" und ist weder
positiv noch negativ konnotiert, ich glaube, es ist mir (insbesondere in
Texten vom Anfang des 20. Jhs) schon öfter in Verbindung mit Negativem
begegnet.

chr
Roland Franzius
2013-11-09 05:33:33 UTC
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Post by Christina Kunze
Post by Jon J Panury
Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
DUSE findet das völlig korrekt: unkorrekt.
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie ihrer
Bestandteile.
"Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich unerwartet" und ist weder
positiv noch negativ konnotiert, ich glaube, es ist mir (insbesondere in
Texten vom Anfang des 20. Jhs) schon öfter in Verbindung mit Negativem
begegnet.
Es gibt da durch die Verwendung des "hoffens" im Gegensatz zum neutralen
"erwarten" einen Bedeutungsunterschied zwischen unerwartet und unverhofft.

"Unverhofft" kennzeichnet eher den Zufalltreffer, der außerhalb des ins
Kalkül gezogenen Ereignisraums liegt, also normalerweise mit
Wahrscheinlichkeit 0 und dennoch in sehr großen Ereignisräumen nicht
wirlich selten auftritt.

"Unerwartet" dagegen bezeichnet Ereignisse, die trotz geringer positiver
Wahrscheinlichkeiten eintreten, und dies mit absoluter Sicherheit, wenn
man sie für nahezu ausgeschlossen hält.


Das Spiel mit diesen psychologischen Modellen beherrscht die gesamte
Versicherungsmathematik, in der der auf längere Sicht sichere Ruin eines
zeitlichen Zufallsprozesses mittels allerlei Schneidemethoden
wegdikutiert oder für die überschaubare Zukunft unter jede positive
Grenze gedrückt zu werden pflegt.
--
Roland Franzius
Joachim Pense
2013-11-09 06:49:16 UTC
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Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie ihrer
Bestandteile.
"Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich unerwartet" und ist weder
positiv noch negativ konnotiert, ich glaube, es ist mir (insbesondere in
Texten vom Anfang des 20. Jhs) schon öfter in Verbindung mit Negativem
begegnet.
Mir klingt das "hoffen" noch zu deutlich durch. Wenn ich das Wort in
Verbindung mit einem negativen Ereignis höre/lese, stolpere ich.

Joachim
Matthias Opatz
2013-11-10 17:43:38 UTC
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Post by Joachim Pense
Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie ihrer
Bestandteile.
"Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich unerwartet" und ist weder
positiv noch negativ konnotiert, ich glaube, es ist mir (insbesondere in
Texten vom Anfang des 20. Jhs) schon öfter in Verbindung mit Negativem
begegnet.
Mir klingt das "hoffen" noch zu deutlich durch. Wenn ich das Wort in
Verbindung mit einem negativen Ereignis höre/lese, stolpere ich.
Das Zerlegen eines Wortes in seine Bestandteile ist eher typisch
für seltnee Wörter, denen man unverhofft begegnet. "Uverhofft" ist
für mich völlig üblich. Das ist die Hoffnungsanmutung ebenso von der
gängigen Sprachpraxis "verdeckt" wie etwa der Schlüssel und das Bein
im Schlüsselbein (oder der Sozialismus in nationalsozialistisch).


Matthias
--
Nach der Schlacht von Leipzig sah man Pferde, denen 3, 4 und noch mehr
Beine abgeschossen waren, herrenlos herumlaufen. Prof. Galletti
Wer zum Kuckuck ist dieser Galletti? ==> <http://www.galletti.de/>
== Bitte bei Mailantwort Großbuchstaben aus Reply-Adresse löschen. ==
Matthias Opatz
2013-11-10 18:26:51 UTC
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Post by Joachim Pense
Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie ihrer
Bestandteile.
"Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich unerwartet" und ist weder
positiv noch negativ konnotiert, ich glaube, es ist mir (insbesondere in
Texten vom Anfang des 20. Jhs) schon öfter in Verbindung mit Negativem
begegnet.
Mir klingt das "hoffen" noch zu deutlich durch. Wenn ich das Wort in
Verbindung mit einem negativen Ereignis höre/lese, stolpere ich.
Das Zerlegen eines Wortes in seine Bestandteile ist eher typisch
für seltene Wörter, denen man unverhofft begegnet. "Unverhofft" ist
für mich völlig üblich. Das ist die Hoffnungsanmutung ebenso von der
gängigen Sprachpraxis überdeckt wie etwa der Schlüssel und das Bein
im Schlüsselbein (oder der Sozialismus in nationalsozialistisch).


Matthias
--
Nach der Schlacht von Leipzig sah man Pferde, denen 3, 4 und noch mehr
Beine abgeschossen waren, herrenlos herumlaufen. Prof. Galletti
Wer zum Kuckuck ist dieser Galletti? ==> <http://www.galletti.de/>
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Jakob Achterndiek
2013-11-09 09:32:54 UTC
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Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie
ihrer Bestandteile. "Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich
unerwartet" und ist weder positiv noch negativ konnotiert, ich
glaube, es ist mir (insbesondere in Texten vom Anfang des 20. Jhs)
schon öfter in Verbindung mit Negativem begegnet.
Bisher nicht beachtet ist, daß es *nicht* ungehofft oder unerhofft
heißt, sondern unverhofft. "Verhoffen" ist in der Jägersprache ganz
geläufig und bedeutet "(vom Wild) stehen bleiben, um zu lauschen, zu
horchen, Witterung zu nehmen"¹. Dann ist eigentlich klar, was ein
"unverhofftes" Ereignis für so ein wildes Tier bedeutet.

¹ <http://www.duden.de/suchen/dudenonline/verhoffen>

j/\a
--
Florian Ritter
2013-11-09 13:25:51 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie
ihrer Bestandteile. "Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich
unerwartet" und ist weder positiv noch negativ konnotiert, ich
glaube, es ist mir (insbesondere in Texten vom Anfang des 20. Jhs)
schon öfter in Verbindung mit Negativem begegnet.
Bisher nicht beachtet ist, daß es *nicht* ungehofft oder unerhofft
oder unvermutet
Post by Jakob Achterndiek
heißt, sondern unverhofft. "Verhoffen" ist in der Jägersprache ganz
geläufig und bedeutet "(vom Wild) stehen bleiben, um zu lauschen, zu
horchen, Witterung zu nehmen"¹.
Und beim Jagdhund "vorstehen" - FR
Matthias Opatz
2013-11-10 17:44:52 UTC
Permalink
Post by Florian Ritter
Post by Jakob Achterndiek
Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie
ihrer Bestandteile. "Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich
unerwartet" und ist weder positiv noch negativ konnotiert, ich
glaube, es ist mir (insbesondere in Texten vom Anfang des 20. Jhs)
schon öfter in Verbindung mit Negativem begegnet.
Bisher nicht beachtet ist, daß es *nicht* ungehofft oder unerhofft
oder unvermutet
Und wo genau kommt darin die Hoffnung vor, um die es in diesem Faden
gerade geht?

Matthias
--
Nach der Schlacht von Leipzig sah man Pferde, denen 3, 4 und noch mehr
Beine abgeschossen waren, herrenlos herumlaufen. Prof. Galletti
Wer zum Kuckuck ist dieser Galletti? ==> <http://www.galletti.de/>
== Bitte bei Mailantwort Großbuchstaben aus Reply-Adresse löschen. ==
Thomas Schade
2013-11-10 17:42:34 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Post by Florian Ritter
Post by Jakob Achterndiek
Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie
ihrer Bestandteile. "Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich
unerwartet" und ist weder positiv noch negativ konnotiert, ich
glaube, es ist mir (insbesondere in Texten vom Anfang des 20. Jhs)
schon öfter in Verbindung mit Negativem begegnet.
Bisher nicht beachtet ist, daß es *nicht* ungehofft oder unerhofft
oder unvermutet
Und wo genau kommt darin die Hoffnung vor, um die es in diesem Faden
gerade geht?
Immerhin kommt Mut drin vor, das ist ja auch was Positives.


Ciao
Toscha
--
Let there be rock
[AC/DC]
Florian Ritter
2013-11-11 16:22:32 UTC
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Post by Matthias Opatz
Post by Florian Ritter
Post by Jakob Achterndiek
Post by Christina Kunze
Die Bedeutung von Wörtern entspricht nicht immer der Etymologie
ihrer Bestandteile. "Unverhofft" bedeutet für mich "gänzlich
unerwartet" und ist weder positiv noch negativ konnotiert, ich
glaube, es ist mir (insbesondere in Texten vom Anfang des 20. Jhs)
schon öfter in Verbindung mit Negativem begegnet.
Bisher nicht beachtet ist, daß es *nicht* ungehofft oder unerhofft
oder unvermutet
Und wo genau kommt darin die Hoffnung vor, um die es in diesem Faden
gerade geht?
Du, Matze, warum bist'n Du immer so? FR
Matthias Opatz
2013-11-11 17:15:36 UTC
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Post by Florian Ritter
Post by Matthias Opatz
Und wo genau kommt darin die Hoffnung vor, um die es in diesem Faden
gerade geht?
Du, Matze, warum bist'n Du immer so? FR
Weestedoch: Desterwäächn*!

[*] Needichnfalls geht ooch: Daderdrum!

Matthias
--
Nach der Schlacht von Leipzig sah man Pferde, denen 3, 4 und noch mehr
Beine abgeschossen waren, herrenlos herumlaufen. Prof. Galletti
Wer zum Kuckuck ist dieser Galletti? ==> <http://www.galletti.de/>
== Bitte bei Mailantwort Großbuchstaben aus Reply-Adresse löschen. ==
Florian Ritter
2013-11-12 00:56:33 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Post by Florian Ritter
Post by Matthias Opatz
Und wo genau kommt darin die Hoffnung vor, um die es in diesem Faden
gerade geht?
Du, Matze, warum bist'n Du immer so?
Weestedoch: Desterwäächn*!
[*] Needichnfalls geht ooch: Daderdrum!
Fetz'sche Gagge - FR

Stefan Schmitz
2013-11-09 14:22:30 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
¹ <http://www.duden.de/suchen/dudenonline/verhoffen>
Interessant finde ich die Angabe zur Herkunft:
"mittelhochdeutsch verhoffen = stark hoffen; die Hoffnung aufgeben"

Das sind ja schon sehr gegensätzliche Bedeutungen, die es da im Mittelhochdeutschen für das eine Wort gab.
Thomas 'PointedEars' Lahn
2013-11-08 19:42:51 UTC
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Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
Ja. „unverhofft“ ist verwandt mit “hoffen” und somit positiv konnotiert;
Synonym, MUSEN: „ich hatte es nicht zu hoffen gewagt“ (so unerwartet kommt
es *und* so gut finde ich es).

Gesucht war hier „unerwartet“ – es sei denn, der Verstorbene war ein solcher
Stinkstiefel, dass man sich freut, ihn endlich los zu sein; oder wenn man
erbt und Ähnliches ausdrücken will ;-)
--
PointedEars

Twitter: @PointedEars2
Please do not Cc: me. / Bitte keine Kopien per E-Mail.
Joachim Pense
2013-11-09 06:52:48 UTC
Permalink
Post by Thomas 'PointedEars' Lahn
Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
Ja. „unverhofft“ ist verwandt mit “hoffen” und somit positiv konnotiert;
Synonym, MUSEN: „ich hatte es nicht zu hoffen gewagt“ (so unerwartet kommt
es *und* so gut finde ich es).
Gesucht war hier „unerwartet“ – es sei denn, der Verstorbene war ein solcher
Stinkstiefel, dass man sich freut, ihn endlich los zu sein; oder wenn man
erbt und Ähnliches ausdrücken will ;-)
Du wiederholst und präzisierst die Analyse, die Thomas dazu gebracht
hat, die Frage überhaupt zu stellen. Was Thomas - so weit ich das sehe -
wissen wollte, war, ob der tatsächliche Sprachgebrauch mit dieser
Analyse übereinstimmt. Christina z.B. sagt, dass nach ihrer Erfahrung
dem nicht so sei.

Joachim
Thomas 'PointedEars' Lahn
2013-11-09 11:46:46 UTC
Permalink
Post by Joachim Pense
Post by Thomas 'PointedEars' Lahn
Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
Ja. „unverhofft“ ist verwandt mit “hoffen” und somit positiv konnotiert;
Synonym, MUSEN: „ich hatte es nicht zu hoffen gewagt“ (so unerwartet
kommt es *und* so gut finde ich es).
Gesucht war hier „unerwartet“ – es sei denn, der Verstorbene war ein
solcher Stinkstiefel, dass man sich freut, ihn endlich los zu sein; oder
wenn man erbt und Ähnliches ausdrücken will ;-)
Du wiederholst und präzisierst die Analyse, die Thomas dazu gebracht
hat, die Frage überhaupt zu stellen. Was Thomas - so weit ich das sehe -
wissen wollte, war, ob der tatsächliche Sprachgebrauch mit dieser
Analyse übereinstimmt. Christina z.B. sagt, dass nach ihrer Erfahrung
dem nicht so sei.
man MUSEN
--
PointedEars

Twitter: @PointedEars2
Please do not Cc: me. / Bitte keine Kopien per E-Mail.
Oliver Cromm
2013-11-08 19:57:20 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
Spontan überzeugte mich Dein Argument, aber ich wollte es doch
lieber prüfen. Und siehe da: die Kombination unverhofft+negatives
ist nicht selten.

Aus dem DWDS-Korpus:

| Als ich eines Tages mit Rita die S-Bahn bestieg, sprang sie
| einem russischen Major, der leicht vornübergebeugt dasaß, von
| hinten in den Rücken, um mir den Platz frei zu machen. Der
| Offizier saß plötzlich unverhofft vor dem Sitz auf dem Boden.

| In diese klischeehaft schöne Idylle aus 1001 Nacht platzt jedoch
| unverhofft eine Ernüchterung.

| Seine erste Liebe endete unverhofft in Ernüchterung

| Cresspahl wünschte sich also, die Ziegelei möge nicht unverhofft
| abbrennen.

(Aus den ersten, d.h. neusten 20)
--
ASCII to ASCII, DOS to DOS
Thomas Schade
2013-11-08 20:09:24 UTC
Permalink
Post by Oliver Cromm
Post by Thomas Schade
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
Spontan überzeugte mich Dein Argument, aber ich wollte es doch
lieber prüfen. Und siehe da: die Kombination unverhofft+negatives
ist nicht selten.
Das ist 'Standart' auch nicht.
Post by Oliver Cromm
| Als ich eines Tages mit Rita die S-Bahn bestieg, sprang sie
| einem russischen Major, der leicht vornübergebeugt dasaß, von
| hinten in den Rücken, um mir den Platz frei zu machen. Der
| Offizier saß plötzlich unverhofft vor dem Sitz auf dem Boden.
| In diese klischeehaft schöne Idylle aus 1001 Nacht platzt jedoch
| unverhofft eine Ernüchterung.
| Seine erste Liebe endete unverhofft in Ernüchterung
| Cresspahl wünschte sich also, die Ziegelei möge nicht unverhofft
| abbrennen.
(Aus den ersten, d.h. neusten 20)
Die Sucher nach "unverhofft verstorben" bringt 2.830 Treffer. Einer
davon geht ein wenig in 'meine' Richtung:
'Was schon auf halbem Weg zu jenen Beispielen liegt, in denen die
Verfasser beim ungewohnten Umgang mit dem hohen Register sich gleichsam
selbst ins Wort fallen. Das „unverhofft verstorben“ gehört dazu genauso
wie das „Viel zu schnell und unerwartet verstarb“'

<http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/christian-sprang-matthias-noellke-aus-die-maus-konsequenzen-fuer-jedermann-1842839.html>

Offensichtlich passt also für diesen Autor die Kombination ebenfalls
nicht so ganz.


Ciao
Toscha
--
wir halten uns an regeln
wenn man uns regeln lässt
[Rammstein: Haifisch]
Juergen Grosse
2013-11-08 21:14:27 UTC
Permalink
Am 08.11.2013 21:09, schrieb Thomas Schade:

...
Post by Thomas Schade
Offensichtlich passt also für diesen Autor die Kombination ebenfalls
nicht so ganz.
Das mag sein, doch finden sich für die negative Bedeutung schon im
Grimm'schen Wörterbuch etliche Beispiele, nennt auch das GWDS
(10-bändiger Duden) je ein positives und negatives Beispiel und hat auch
niederländisch 'onverhoopt' beide Bedeutungen.


Tschüs, Jürgen
Thomas Schade
2013-11-08 21:20:46 UTC
Permalink
Post by Juergen Grosse
...
Post by Thomas Schade
Offensichtlich passt also für diesen Autor die Kombination ebenfalls
nicht so ganz.
Das mag sein, doch finden sich für die negative Bedeutung schon im
Grimm'schen Wörterbuch etliche Beispiele, nennt auch das GWDS
(10-bändiger Duden) je ein positives und negatives Beispiel und hat auch
niederländisch 'onverhoopt' beide Bedeutungen.
Das bezweifle ich gar nicht, und auch Olivers Fundstellen belegen den
Gebrauch. Das ändert aber nichts daran, dass /für mich/ die Kombination
'unverhofft $unangenehmes' fremd wirkt.


Ciao
Toscha
--
Das ist die harte Zeit zwischen Twen-Tours und Seniorenpass!
Keiner gibt Rabatt - keiner der Erbarmen hat!
[Stoppok)]
Thomas Schade
2013-11-08 21:22:23 UTC
Permalink
Post by Juergen Grosse
...
Post by Thomas Schade
Offensichtlich passt also für diesen Autor die Kombination ebenfalls
nicht so ganz.
Das mag sein, doch finden sich für die negative Bedeutung schon im
Grimm'schen Wörterbuch etliche Beispiele, nennt auch das GWDS
(10-bändiger Duden) je ein positives und negatives Beispiel und hat auch
niederländisch 'onverhoopt' beide Bedeutungen.
Das bezweifle ich gar nicht, und auch Olivers Fundstellen belegen den
Gebrauch. Das ändert aber nichts daran, dass /auf mich/ die Kombination
'unverhofft $unangenehmes' fremd wirkt.


Ciao
Toscha
--
Das ist die harte Zeit zwischen Twen-Tours und Seniorenpass!
Keiner gibt Rabatt - keiner der Erbarmen hat!
[Stoppok)]
Oliver Cromm
2013-11-08 22:43:12 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
Post by Oliver Cromm
Post by Thomas Schade
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
Spontan überzeugte mich Dein Argument, aber ich wollte es doch
lieber prüfen. Und siehe da: die Kombination unverhofft+negatives
ist nicht selten.
Das ist 'Standart' auch nicht.
In der ZEIT und bei Autoren vom Format Uwe Johnsons - woher meine
Beispiele stammten?

Hier hast Du noch ein paar:

Wilhelm Ostmann:

| da einer von ihnen unverhofft Leipzig verlassen mußte und der
| nächste Termin keinen Zuwachs brachte [...]

Hermann Sudermann:

| Ich kannte das Schimpfwort wohl. Aber nun es mich so unverhofft
| aus ihrem Munde traf, [...]

Ricarda Huch:

| [...] und ihm nun dieser unverhoffte Hundebiß wie ein strafendes
| Gotteszeichen vorkommen wollte, [...]

| Krank sei er, das könne man ihm ansehen. Und die Leute stürben
| überhaupt in letzter Zeit so unverhofft.

Franz Rehbein:

| [...] denn es käme vor, daß ihnen im Schlaf öfters unverhofft
| auf Kopf und Leib getreten würde, [...]

Sebastian Kneipp u.a.:

| Unbewußt ziehen wir auch den Fuß zurück, wenn uns unverhofft ein
| Stein vor die Füße geworfen wird [...]

Hans Delbrück:

| [...] das Manöver Scipios, seine Front aus dem zweiten (oder
| dritten) Treffen zu verlängern, sei nach meiner Meinung den
| Karthagern unverhofft gekommen.
--
Manche Dinge sind vorgeschrieben, weil man sie braucht, andere
braucht man nur, weil sie vorgeschrieben sind.
-- Helmut Richter in de.etc.sprache.deutsch
Thomas Schade
2013-11-08 22:48:41 UTC
Permalink
Post by Oliver Cromm
Post by Thomas Schade
Post by Oliver Cromm
Post by Thomas Schade
Für MUSE hat 'unverhofft' einen positiven Beiklang, wie bei einer guten
Neuigkeit. Hier [1] aber wird von 'unverhofft verstorben' gesprochen.
Für mich gehören die Begriffe eher in verschiedene Register.
Sehe ich das zu eng oder passen die Begriffe tatsächlich nicht so recht
zusammen?
Spontan überzeugte mich Dein Argument, aber ich wollte es doch
lieber prüfen. Und siehe da: die Kombination unverhofft+negatives
ist nicht selten.
Das ist 'Standart' auch nicht.
In der ZEIT und bei Autoren vom Format Uwe Johnsons - woher meine
Beispiele stammten?
Ich hatte doch in <***@news.toscha.de> schon angemerkt,
dass ich das Vorkommen von 'unverhofft' in Kombination mit etwas
Negativem nicht bezweifle. Dennoch empfinde ich es als 'verrutscht'.


Ciao
Toscha
--
Never too late to die young!
[Oomph!]
Joachim Pense
2013-11-09 06:57:12 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
dass ich das Vorkommen von 'unverhofft' in Kombination mit etwas
Negativem nicht bezweifle. Dennoch empfinde ich es als 'verrutscht'.
Was mich wundert - haben die genannten prominenten Autoren denn kein
Sprachgefühl, oder handelt es sich um absichtsvolle (ironisierende)
Verwendung, oder sind sie in einem sprachlichen Umfeld aufgewachsen, in
dem die Verwendung von "unverhofft" mit Negativem so gebräuchlich war,
dass man sich nichts mehr dabei denkt?

Joachim
Thomas Schade
2013-11-09 08:52:28 UTC
Permalink
Post by Joachim Pense
Post by Thomas Schade
dass ich das Vorkommen von 'unverhofft' in Kombination mit etwas
Negativem nicht bezweifle. Dennoch empfinde ich es als 'verrutscht'.
Was mich wundert - haben die genannten prominenten Autoren denn kein
Sprachgefühl, oder handelt es sich um absichtsvolle (ironisierende)
Verwendung, oder sind sie in einem sprachlichen Umfeld aufgewachsen, in
dem die Verwendung von "unverhofft" mit Negativem so gebräuchlich war,
dass man sich nichts mehr dabei denkt?
Das eben ist die eigentliche Frage, genau genommen sind es sogar
mehrere. Ist 'unverhofft' ursprünglich tatsächlich nur positiv besetzt
gewesen, so wie ich es empfinde und wie das enthaltene 'hoffen' vermuten
lässt, oder ist diese Sicht zu eng? Hat es es eine
Bedeutungsverschiebung gegeben derart, dass heute 'unverhofft' auch mit
negativen Ereignissen verbunden werden kann, oder wird diese Kombination
überwiegend immer noch als 'schräg' empfunden?

Es sind hierzufaden nun viele Belegstellen für die Kombination
'unverhofft & $negative' genannt worden, selten ist sie offensichtlich
nicht. Aber nicht eine dieser Stellen, auch nicht die namhafter Autoren,
überzeugt mich sprachlich. Was natürlich auch einfach ein Effekt eines
gewissen Altersstarrsinns sein kann.


Ciao
Toscha
--
Vegetarian: Old indian word for 'bad hunter'.
Thomas Schade
2013-11-09 08:55:21 UTC
Permalink
Post by Joachim Pense
Post by Thomas Schade
dass ich das Vorkommen von 'unverhofft' in Kombination mit etwas
Negativem nicht bezweifle. Dennoch empfinde ich es als 'verrutscht'.
Was mich wundert - haben die genannten prominenten Autoren denn kein
Sprachgefühl, oder handelt es sich um absichtsvolle (ironisierende)
Verwendung, oder sind sie in einem sprachlichen Umfeld aufgewachsen, in
dem die Verwendung von "unverhofft" mit Negativem so gebräuchlich war,
dass man sich nichts mehr dabei denkt?
Das eben ist die eigentliche Frage, genau genommen sind es sogar
mehrere. Ist 'unverhofft' ursprünglich tatsächlich nur positiv besetzt
gewesen, so wie ich es empfinde und wie das enthaltene 'hoffen' vermuten
lässt, oder ist diese Sicht zu eng? Hat es es eine
Bedeutungsverschiebung gegeben derart, dass heute 'unverhofft' auch mit
negativen Ereignissen verbunden werden kann, oder wird diese Kombination
überwiegend immer noch als 'schräg' empfunden?

Es sind hierzufaden nun viele Belegstellen für die Kombination
'unverhofft & $negatives' genannt worden, selten ist sie offensichtlich
nicht. Aber nicht eine dieser Stellen, auch nicht die namhafter Autoren,
überzeugt mich sprachlich. Was natürlich auch einfach ein Effekt eines
gewissen Altersstarrsinns sein kann.


Ciao
Toscha
--
Vegetarian: Old indian word for 'bad hunter'.
Manfred Hoß
2013-11-09 09:04:16 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
Post by Joachim Pense
Post by Thomas Schade
dass ich das Vorkommen von 'unverhofft' in Kombination mit etwas
Negativem nicht bezweifle. Dennoch empfinde ich es als 'verrutscht'.
Was mich wundert - haben die genannten prominenten Autoren denn kein
Sprachgefühl, oder handelt es sich um absichtsvolle (ironisierende)
Verwendung, oder sind sie in einem sprachlichen Umfeld aufgewachsen, in
dem die Verwendung von "unverhofft" mit Negativem so gebräuchlich war,
dass man sich nichts mehr dabei denkt?
Das eben ist die eigentliche Frage, genau genommen sind es sogar
mehrere. Ist 'unverhofft' ursprünglich tatsächlich nur positiv besetzt
gewesen, so wie ich es empfinde und wie das enthaltene 'hoffen' vermuten
lässt, oder ist diese Sicht zu eng? Hat es es eine
Bedeutungsverschiebung gegeben derart, dass heute 'unverhofft' auch mit
negativen Ereignissen verbunden werden kann, oder wird diese Kombination
überwiegend immer noch als 'schräg' empfunden?
Bereits Adelung kennt die Verknüpfung von "unverhofft" mit einem negativ
empfundenen Ereignis.

"Unverhofft, -er, -este, adj. et adv. der Gegensatz von verhofft, nicht
verhofft, oder nicht gehofft. Jemanden ein unverhofftes Vergnügen machen.
Das war ein unverhoffter Besuch. Sprichw. Unverhofft, kommt oft. Zuweilen,
obgleich seltener, auch in weiterer Bedeutung für unvermuthet, so fern
hoffen überhaupt nicht bloß von einem Guten, sondern von der
wahrscheinlichen Erwartung einer jeden künftigen Begebenheit gebraucht
wird. Der Todesfall kam uns allen sehr unverhofft, wir hatten ihn nicht
gehofft oder vermuthet."
[Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch: Unverhofft. Adelung:
Wörterbuch, S. 56369
(vgl. Adelung-GKW Bd. 4, S. 942)
http://www.digitale-bibliothek.de/band40.htm ]

Gruß
Manfred.
Thomas Schade
2013-11-09 09:17:55 UTC
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Post by Manfred Hoß
Post by Thomas Schade
Post by Joachim Pense
Post by Thomas Schade
dass ich das Vorkommen von 'unverhofft' in Kombination mit etwas
Negativem nicht bezweifle. Dennoch empfinde ich es als 'verrutscht'.
Was mich wundert - haben die genannten prominenten Autoren denn kein
Sprachgefühl, oder handelt es sich um absichtsvolle (ironisierende)
Verwendung, oder sind sie in einem sprachlichen Umfeld aufgewachsen, in
dem die Verwendung von "unverhofft" mit Negativem so gebräuchlich war,
dass man sich nichts mehr dabei denkt?
Das eben ist die eigentliche Frage, genau genommen sind es sogar
mehrere. Ist 'unverhofft' ursprünglich tatsächlich nur positiv besetzt
gewesen, so wie ich es empfinde und wie das enthaltene 'hoffen' vermuten
lässt, oder ist diese Sicht zu eng? Hat es es eine
Bedeutungsverschiebung gegeben derart, dass heute 'unverhofft' auch mit
negativen Ereignissen verbunden werden kann, oder wird diese Kombination
überwiegend immer noch als 'schräg' empfunden?
Bereits Adelung kennt die Verknüpfung von "unverhofft" mit einem negativ
empfundenen Ereignis.
"Unverhofft, -er, -este, adj. et adv. der Gegensatz von verhofft, nicht
verhofft, oder nicht gehofft. Jemanden ein unverhofftes Vergnügen machen.
Das war ein unverhoffter Besuch. Sprichw. Unverhofft, kommt oft. Zuweilen,
obgleich seltener, auch in weiterer Bedeutung für unvermuthet, so fern
hoffen überhaupt nicht bloß von einem Guten, sondern von der
wahrscheinlichen Erwartung einer jeden künftigen Begebenheit gebraucht
wird. Der Todesfall kam uns allen sehr unverhofft, wir hatten ihn nicht
gehofft oder vermuthet."
Wörterbuch, S. 56369
(vgl. Adelung-GKW Bd. 4, S. 942)
http://www.digitale-bibliothek.de/band40.htm ]
Danke, das ist jetzt mal eine interessante Fundstelle. Es gab
offensichtlich damals(?) das Gegensatzpaar verhofft - unverhofft. Vor
diesem Hintergrund kann ich tatsächlich die Kombination 'unverhofft &
negatives Ereignis' verstehen. Denn hier klingt bei 'verhofft' der
positive Aspekt für mich viel stärker durch.
Was mich zur Frage führt, ob es also vielleicht einen Sprachwandel
gegeben hat, der 'verhofft' verschwinden ließ, der Begriff ist mir
jedenfalls völlig fremd, und 'unverhofft' aus der negativen Ecke geholt
hat. Das könnte auch erklären, warum die vielen vorher hier genannten
Belege von eher alten Autoren stammen. Für die hatte dann 'unverhofft'
verständlicherweise noch den negativen Beiklang.


Ciao
Toscha
--
It's mercy, compassion and forgiveness I lack. Not rationality.
[The Bride]
Oliver Cromm
2013-11-11 18:53:01 UTC
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Post by Thomas Schade
Was mich zur Frage führt, ob es also vielleicht einen Sprachwandel
gegeben hat, der 'verhofft' verschwinden ließ, der Begriff ist mir
jedenfalls völlig fremd, und 'unverhofft' aus der negativen Ecke geholt
hat. Das könnte auch erklären, warum die vielen vorher hier genannten
Belege von eher alten Autoren stammen. Für die hatte dann 'unverhofft'
verständlicherweise noch den negativen Beiklang.
Taten sie das? Die Beispiele waren alle aus dem 20. Jahrhundert,
sind somit für mich sämtlich nicht "eher alt". Uwe Johnson benutzt
"unverhofft" anscheinend einmal pro Seite.
--
The most likely way for the world to be destroyed, most experts
agree, is by accident. That's where we come in; we're computer
professionals. We cause accidents.
Nathaniel Borenstein
Thomas Schade
2013-11-11 19:44:35 UTC
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Post by Oliver Cromm
Post by Thomas Schade
Was mich zur Frage führt, ob es also vielleicht einen Sprachwandel
gegeben hat, der 'verhofft' verschwinden ließ, der Begriff ist mir
jedenfalls völlig fremd, und 'unverhofft' aus der negativen Ecke geholt
hat. Das könnte auch erklären, warum die vielen vorher hier genannten
Belege von eher alten Autoren stammen. Für die hatte dann 'unverhofft'
verständlicherweise noch den negativen Beiklang.
Taten sie das?
Auf was bezieht sich das?
Post by Oliver Cromm
Die Beispiele waren alle aus dem 20. Jahrhundert,
sind somit für mich sämtlich nicht "eher alt". Uwe Johnson benutzt
"unverhofft" anscheinend einmal pro Seite.
Ob alt oder nicht mag individuell unterschiedlich gesehen werden. Ich
halte es aber für nachvollziehbar, dass für jemanden, der 'verhofft' als
positiv kennt, 'unverhofft' einen negativen Beiklang hat. Heutzutage
erscheint mir aber 'verhofft' nicht nur veraltet sondern sogar
ausgestorben zu sein. Wohingegen 'unverhofft' /heute/ eher positiv klingt.


Ciao
Toscha
--
Ambition is a poor excuse
for not having enough sense to be lazy.
Oliver Cromm
2013-11-11 23:20:20 UTC
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Post by Thomas Schade
Post by Oliver Cromm
Post by Thomas Schade
Was mich zur Frage führt, ob es also vielleicht einen Sprachwandel
gegeben hat, der 'verhofft' verschwinden ließ, der Begriff ist mir
jedenfalls völlig fremd, und 'unverhofft' aus der negativen Ecke geholt
hat. Das könnte auch erklären, warum die vielen vorher hier genannten
Belege von eher alten Autoren stammen. Für die hatte dann 'unverhofft'
verständlicherweise noch den negativen Beiklang.
Taten sie das?
Auf was bezieht sich das?
Auf den vorletzten Satz. Das fand ich auch nicht ideal, aber
verständlich genug, dachte ich, weil es auf den letzten
offensichtlich nicht paßt (in dem Satz tat ja niemand etwas), und
besonders, weil der letzte Satz nur eine Ergänzung zum vorletzten
ist - man hätte auch einen Nebensatz draus machen können, und aus
dem Grund wollte ich auch keinen Kommentar dazwischenquetschen.
Post by Thomas Schade
Post by Oliver Cromm
Die Beispiele waren alle aus dem 20. Jahrhundert,
sind somit für mich sämtlich nicht "eher alt". Uwe Johnson benutzt
"unverhofft" anscheinend einmal pro Seite.
Ob alt oder nicht mag individuell unterschiedlich gesehen werden. Ich
halte es aber für nachvollziehbar, dass für jemanden, der 'verhofft' als
positiv kennt, 'unverhofft' einen negativen Beiklang hat. Heutzutage
erscheint mir aber 'verhofft' nicht nur veraltet sondern sogar
ausgestorben zu sein. Wohingegen 'unverhofft' /heute/ eher positiv klingt.
Mir scheint jetzt, unabhängig von der Existenz von "verhofft" sind
immer beide Interpretationen für "unverhofft" möglich: "Das hatte
ich nicht einmal erhofft" und "Ich hatte gehofft, daß das nicht
passieren würde".

Aber letzten Endes schließe ich mich Matthias an, daß das alles
nicht entscheidend ist: wenn der Sprachgebrauch der Zerlegung
nicht oder nicht mehr entspricht, ignoriert man die mögliche
Zerlegung einfach.
--
Spell checker (n.) One who gives examinations on witchcraft.
Herman Rubin in sci.lang
Thomas 'PointedEars' Lahn
2013-11-09 11:52:14 UTC
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Post by Manfred Hoß
Bereits Adelung kennt die Verknüpfung von "unverhofft" mit einem negativ
empfundenen Ereignis.
"Unverhofft, -er, -este, adj. et adv. der Gegensatz von verhofft, nicht
verhofft, oder nicht gehofft. Jemanden ein unverhofftes Vergnügen machen.
Das war ein unverhoffter Besuch. Sprichw. Unverhofft, kommt oft. […]
Faszinierend. Demnach wäre das Sprichwort im Sinne von wie „Murphy’s Law“
gemeint (gewesen)?
--
PointedEars

Twitter: @PointedEars2
Please do not Cc: me. / Bitte keine Kopien per E-Mail.
Lothar Frings
2013-11-11 18:16:20 UTC
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Faszinierend. Demnach wäre das Sprichwort im Sinne von wie „Murphy’s Law“
gemeint (gewesen)?
Der Dichterfürst meint dazu:

Stets findet Überraschung statt
Da, wo man's nicht erwartet hat;

Doch daß dieselbe überall
Grad angenehm, ist nicht der Fall.

Gar oft erschreckt uns eine sehr
Und eine andre noch viel mehr.
Thomas 'PointedEars' Lahn
2013-11-09 11:53:14 UTC
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Post by Manfred Hoß
Bereits Adelung kennt die Verknüpfung von "unverhofft" mit einem negativ
empfundenen Ereignis.
"Unverhofft, -er, -este, adj. et adv. der Gegensatz von verhofft, nicht
verhofft, oder nicht gehofft. Jemanden ein unverhofftes Vergnügen machen.
Das war ein unverhoffter Besuch. Sprichw. Unverhofft, kommt oft. […]
Faszinierend. Demnach wäre das Sprichwort im Sinne von „Murphy’s Law“
gemeint (gewesen)?
--
PointedEars

Twitter: @PointedEars2
Please do not Cc: me. / Bitte keine Kopien per E-Mail.
Joachim Pense
2013-11-09 09:11:30 UTC
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Post by Thomas Schade
Das eben ist die eigentliche Frage, genau genommen sind es sogar
mehrere. Ist 'unverhofft' ursprünglich tatsächlich nur positiv besetzt
gewesen, so wie ich es empfinde und wie das enthaltene 'hoffen' vermuten
lässt, oder ist diese Sicht zu eng? Hat es es eine
Bedeutungsverschiebung gegeben derart, dass heute 'unverhofft' auch mit
negativen Ereignissen verbunden werden kann, oder wird diese Kombination
überwiegend immer noch als 'schräg' empfunden?
Es sind hierzufaden nun viele Belegstellen für die Kombination
'unverhofft & $negatives' genannt worden, selten ist sie offensichtlich
nicht. Aber nicht eine dieser Stellen, auch nicht die namhafter Autoren,
überzeugt mich sprachlich. Was natürlich auch einfach ein Effekt eines
gewissen Altersstarrsinns sein kann.
Vielleicht (und darin bestärkt mich auch die von Manfred angegeben
Adelung-Stelle) impliziert das negative "unverhofft" überhaupt nicht
"unerwartet" - es könnte einfach platt die Negativität ausdrücken - "ein
unverhoffter Besuch" = ein Besuch, der vielleicht nicht überraschend
kam, aber auf den man nicht gehofft hatte.

Joachim
Christina Kunze
2013-11-09 13:41:11 UTC
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Post by Thomas Schade
Das eben ist die eigentliche Frage, genau genommen sind es sogar
mehrere. Ist 'unverhofft' ursprünglich tatsächlich nur positiv besetzt
gewesen, so wie ich es empfinde und wie das enthaltene 'hoffen' vermuten
lässt,
Natürlich kann man auch fragen, ob denn dieses "hoffen" selbst so
uneingeschränkt positiv besetzt war.
Bei Grimm taucht im Lemma "Hoffnung" das eindeutig Positive erst im
zweiten Unterpunkt auf; was davor steht, lässt sich auch eher wie heute
"Erwartung" verstehen:

HOFFNUNG das wort drückt aus
1) nach hoffen 1 (sp. 1669) erwartung, hinsicht auf etwas künftiges:
wenn nicht die hoffnung entweder zur guten belohnung oder strafe einen
im zaum hielte. pers. rosenth. 1, 32. auch das streben nach etwas
künftigem, zu erlangendem:

[...]

rwartung, rechtlicher anspruch an ein schon vorhandenes ding: dieselbige
zankmeister haben meine vormünder, einfältige leut, einmal weisz nit mit
was groszgeschwätziger hoffnung eingefüllet, ein mayerhof gehöre mir zu,
nit allein von erbschaftgerechtigkeit, sondern vermög des testaments,
welches mein vater .. gemachet habe.

[...]

2) gewöhnlich nach hoffen 2, sp. 1669, aussicht und erwartung von etwas
förderndem und angenehmen; mhd. noch ein nur landschaftlicher ausdruck:
âne die selben tugent kan nieman behalten werden, und heiʒet gedinge
eteswâ und eteswâ heiʒet eʒ hoffenunge, eteswâ heiʒet eʒ zuversicht, eʒ
heiʒet in latîne spes. Br. Berthold 546, 17. nhd. allgemein: nu aber
bleibt glaube, hoffnung, liebe, diese drei, aber die liebe ist die
gröszest unter inen. 1 Cor. 13, 13; die hoffnung der heuchler wird
verloren sein. Hiob 8, 13; seine hoffnung ist ein spinnweb. 14; züchtige
deinen son

<http://woerterbuchnetz.de/DWB/>
Reinhold {Rey} Aman
2013-11-09 05:19:48 UTC
Permalink
Thomas Schade wrote:
[Unverhofft kommt oft ...]
Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
"Unverhofft kommt's oft" jammern die Männer,
die an _ejaculatio praecox_ leiden.
--
~~~ Reinhold {Rey} Aman ~~~
Wörter!
Thomas Schade
2013-11-09 08:40:22 UTC
Permalink
Post by Reinhold {Rey} Aman
[Unverhofft kommt oft ...]
Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
"Unverhofft kommt's oft" jammern die Männer,
die an _ejaculatio praecox_ leiden.
Die jammern nicht, die rufen 'Erster!'.


Ciao
Toscha
--
Wenn man immer nur kann wenn man soll,
aber nie darf wenn man will,
dann mag man auch nicht, wenn man muss.
Norbert Lack
2013-11-09 21:05:54 UTC
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Post by Reinhold {Rey} Aman
[Unverhofft kommt oft ...]
Post by Thomas Schade
... heißt es im Sprichwort.
"Unverhofft kommt's oft" jammern die Männer,
die an _ejaculatio praecox_ leiden.
Und dann war da noch die Nymphomanin, die diesen Herrn Unverhofft mal
kennenlernen wollte.

Gruß
Norbert
--
Wie lautete noch der kantegorische Ablativ: Du sollst deinen
persönlichen Geschmack zur Richtschnur aller menschlichen Erkenntnis
machen. (Roland Franzius am 31.10.2012 in de.etc.sprache.deutsch
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