Discussion:
Ich/Mir wurde gekündigt
(zu alt für eine Antwort)
Helmut Schellong
2014-07-09 07:31:36 UTC
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Hallo,

ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."

"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
eher: "Ich habe gekündigt."
--
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Schellong ***@schellong.biz
www.schellong.de www.schellong.com www.schellong.biz
http://www.schellong.de/c.htm
Gunhild Simon
2014-07-09 08:07:13 UTC
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Am Mittwoch, 9. Juli 2014 09:31:36 UTC+2 schrieb Helmut Schellong:
...
Post by Helmut Schellong
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
Diese Ansicht vertrete ich auch.

Dennoch hat sich die falsche Formulierung so
durchgesetzt, daß man auf Unverständnis stößt,
wenn man sie korrigiert.

Das ist offenbar ein Fall für die Sprachpositivisten
unter uns.
Post by Helmut Schellong
eher: "Ich habe gekündigt."
Das ist ja richtig.
Aber auch ein anderer Vorgang.


Gruß
Gunhild
Stephen Hust
2014-07-09 10:04:50 UTC
Permalink
[Ich/Mir wurde gekündigt]
Post by Gunhild Simon
...
Post by Helmut Schellong
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
Diese Ansicht vertrete ich auch.
Dennoch hat sich die falsche Formulierung so
durchgesetzt, daß man auf Unverständnis stößt,
wenn man sie korrigiert.
Die Tatsache, daß der Rechtschreibduden von 1973 uns lehrt, daß der
Nominativ hier falsch ist, ist vielleicht ein Hinweis dafür, daß schon
damals die Tendenz zu dessen Gebrauch bestand.

| es wurde ihm od. ihm wurde gekündigt (nicht: er wurde gekündigt)

Im Grammatikduden von 1995 steht (Abschnitt 1204, S. 679-680):

| 5. Nicht immer ordnen sich Verben fest einem bestimmten Satzbauplan
| zu. Auch bei gleicher Bedeutung gibt es nicht selten Schwankungen in
| der Rektion. Das gilt z. B. in folgenden Fällen:
|
| [...]
|
| /kündigen:/ etwas -; etwas ist gekündigt worden; (aber:)
| jemandem/(ugs.:) jemanden -; jemandem/(ugs.:) jemand ist gekündigt
| worden

Hier ein Beispiel aus dem Wörterbuch auf wissen.de:

| <ugs. auch> ich bin gekündigt worden /man hat mir gekündigt/

Und eines aus dem DWDS:

| nach dem Vorfall wurde der Direktor sofort gekündigt

"Nach dem Vorfall wurde /dem/ Direktor sofort gekündigt" hört sich in
meinen Ohren seltsam an, aber ich bin ja kein Muttersprachler, und
Verben, die den Dativ verlangen (z. B. auch "begegnen"), sind mir im
großen und ganzen seit jeher ein Mysterium.

<http://www.dwds.de/?qu=k%C3%BCndigen&view=1>

<http://www.wissen.de/rechtschreibung/kuendigen>
--
Steve

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Oliver Cromm
2014-07-09 16:59:19 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
"Nach dem Vorfall wurde /dem/ Direktor sofort gekündigt" hört sich in
meinen Ohren seltsam an, aber ich bin ja kein Muttersprachler,
In "kündigen" steckt ja wohl eigentlich ein Mitteilen, vgl.
"verkündigen", "ankündigen". "Jemandem kündigen" steht also kurz
für "jemandem das Ende seiner Anstellung verkündigen". Sobald da
ein Akkusativobjekt ist, ist der Dativ doch nicht mehr merkwürdig.

("Verkündigen" ist etwas altmodisch, heute benutzt man eher
"verkünden".)
Post by Stephen Hust
und
Verben, die den Dativ verlangen (z. B. auch "begegnen"), sind mir im
großen und ganzen seit jeher ein Mysterium.
Bei "begegnen" kann ich kein hinzuzudenkendes Akkusativobjekt
anbieten, da dürfte der Dativ einen anderen Grund haben.

Roman Jakobson hat mal gesagt, die Behandlung des Kasus in der
modernen Sprachwissenschaft leide unter dem mangelnden
Grundverständnis bei Muttersprachlern von Sprachen, denen diese
Kategorie fehlt. Ich nehme an, er bezog sich da vor allem auf
Englisch, vielleicht auch Französisch und Spanisch. Im Vergleich
zu den slawischen Sprachen ist aber auch das Deutsche bei den
Kasus unterentwickelt.
--
*Multitasking* /v./ Screwing up several things at once
Martin Gerdes
2014-07-09 17:00:02 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
Verben, die den Dativ verlangen (z. B. auch "begegnen"), sind mir im
großen und ganzen seit jeher ein Mysterium.
Ob Du diesbezüglich je geholfen werden können wirst?
Stephen Hust
2014-07-11 08:41:54 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Stephen Hust
Verben, die den Dativ verlangen (z. B. auch "begegnen"), sind mir im
großen und ganzen seit jeher ein Mysterium.
Ob Du diesbezüglich je geholfen werden können wirst?
Frau Pooth, sind Sie's?

Solche Fehler fallen mir häufig, vielleicht meistens, nicht auf. Beim
Sprechen passieren sie mir andauernd. Manchmal wird mir sofort bewußt,
daß ich einen Fehler gemacht habe, und ich versuche im Satz
zurückzurudern, manchmal kommt es mir, wie /l'esprit de l’escalier/ [1],
erst nach Minuten oder Stunden - zu spät! zu spät! - oder eben gar
nicht. Außerdem weiß ich nicht alle Verben auswendig, die den Dativ oder
den Genitiv verlangen, so daß ich gar nicht ahne, daß ich einen Fehler
gemacht habe.

Aber um die Frage zu beantworten: Für mich kommt jede Hilfe zu spät.

[1] Nach Duden und DWDS ist "Treppenwitz" nicht mehr der passende Ausdruck.
--
Steve

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Martin Gerdes
2014-07-11 13:00:02 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
Post by Martin Gerdes
Post by Stephen Hust
Verben, die den Dativ verlangen (z. B. auch "begegnen"), sind mir im
großen und ganzen seit jeher ein Mysterium.
Man muß sie halt kennen. Daran gibts wenig zu verstehen.

Der Dativ bei "helfen" läßt sich grammatisch leicht erklären (dativus
commodi), ich kann aber nicht erklären, warum bei "helfen" ein
Dativobjekt steht, wohingegen bei "unterstützen" ein Akkusativ.

"jemandeM helfen" und "jemandeN unterstützen" sind einigermaßen
gleichbedeutend.
Post by Stephen Hust
Post by Martin Gerdes
Ob Du diesbezüglich je geholfen werden können wirst?
Frau Pooth, sind Sie's?
Als Schnellsprecher vertut man sich halt manchmal. Sie hat das hinterher
zu ihrem Markenzeichen gemacht. Die Frau ist nicht doof (anders als uns
die Presse und auch sie selbst uns glauben machen will), ihr Gespräch
mit Alice Schwarzer ist mir sehr wohl in Erinnerung, und Schwarzer ist
dabei ziemlich schlecht weggekommen.
Post by Stephen Hust
Solche Fehler fallen mir häufig, vielleicht meistens, nicht auf. Beim
Sprechen passieren sie mir andauernd. Manchmal wird mir sofort bewußt,
daß ich einen Fehler gemacht habe, und ich versuche im Satz
zurückzurudern, manchmal kommt es mir, wie /l'esprit de l’escalier/ [1],
erst nach Minuten oder Stunden - zu spät! zu spät! - oder eben gar
nicht.
Schlagfertigkeit ist das, was einem einfällt, wenn man wieder zuhause
ist :-)
Post by Stephen Hust
Außerdem weiß ich nicht alle Verben auswendig, die den Dativ oder
den Genitiv verlangen, so daß ich gar nicht ahne, daß ich einen Fehler
gemacht habe.
Frage der Praxis. Man lernt eine Muttersprache ja nicht im Sinne von
Auswendiglernen, sondern man übt sie ein. Bei Erwachsenen funktioniert
das nicht mehr so gut, aber erst packt man die Phonetik nach, dann die
Syntax. Ich habe neulich einen frei gehaltenen Vortrag eines Chinesen
gehört, grammatisch fehlerfrei, Aussprache grauenhaft, kaum
verständlich.
Post by Stephen Hust
Aber um die Frage zu beantworten: Für mich kommt jede Hilfe zu spät.
Armer schwarzer Kater. Wäre mein Englisch so unzureichend wie Dein
Deutsch, wollte ich mich nicht beklagen.
Post by Stephen Hust
[1] Nach Duden und DWDS ist "Treppenwitz" nicht mehr der passende Ausdruck.
Das Wort "Treppenwitz" ist völlig aus der Mode.
Florian Ritter
2014-07-12 13:47:30 UTC
Permalink
Ob Du diesbez�glich je geholfen werden k�nnen wirst?
Solche Fehler fallen mir h�ufig, vielleicht meistens, nicht auf. Beim
Sprechen passieren sie mir andauernd. Manchmal wird mir sofort bewu�t,
da� ich einen Fehler gemacht habe, und ich versuche im Satz
zur�ckzurudern, manchmal kommt es mir, wie /l'esprit de l�escalier/ [1],
erst nach Minuten oder Stunden - zu sp�t! zu sp�t! - oder eben gar
nicht. Au�erdem wei� ich nicht alle Verben auswendig, die den Dativ oder
den Genitiv verlangen, so da� ich gar nicht ahne, da� ich einen Fehler
gemacht habe.
Mein Vater hatte einen Doktoranden aus den USA (von der Universität Harvard),
der sprach recht gut Deutsch (sonst hätte er mit meinem Vater nicht
kommunizieren können, denn der verweigerte sich des Englischen mit der
Begründung, er wäre Humanist), hatte aber merkwürdige Wendungen unkorrigierbar mental abgespeichert, z.B. "wunderbar schön" (Das
Essen war wunderbar schön). Dieser Doctorandus wurde, unter strikter
Aufsicht meines Vater, mit der Bearbeitung der Festschrift zu dessen 50.
betraut, sie erschien leider mit leichter Verspätung bei Academic Press.

FR
Gunhild Simon
2014-07-12 16:22:24 UTC
Permalink
Am Samstag, 12. Juli 2014 15:47:30 UTC+2 schrieb Florian Ritter:


...
Post by Florian Ritter
denn der verweigerte sich des Englischen mit der
...
Ich würde "verweigern" mit einem Dativobjekt versehen,
sich jmdm verweigern.

Gruß
Gunhild
Florian Ritter
2014-07-13 11:15:30 UTC
Permalink
Post by Gunhild Simon
denn der verweigerte sich des Englischen mit der ...
Ich würde "verweigern" mit einem Dativobjekt versehen,
sich jmdm verweigern.
Pöh!

FR
Oliver Cromm
2014-08-01 20:54:48 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
manchmal kommt es mir, wie /l'esprit de l’escalier/ [1],
erst nach Minuten oder Stunden - zu spät! zu spät! - oder eben gar
nicht. [...]
[1] Nach Duden und DWDS ist "Treppenwitz" nicht mehr der passende Ausdruck.
War er das je? Wo immer mir "Treppenwitz" begegnet ist, war es
zählbar (z.B. "ein Treppenwitz der Geschichte"), während die
passende Übersetzung für /esprit/ der unzählbare "Witz" wäre.
--
The nice thing about standards is that you have so many to choose
from; furthermore, if you do not like any of them, you can just
wait for next year's model.
Andrew Tanenbaum, _Computer Networks_ (1981), p. 168.
Jakob Achterndiek
2014-08-01 21:18:16 UTC
Permalink
Am 01.08.2014, 22:54 Uhr, schrieb Oliver Cromm
Post by Oliver Cromm
Post by Stephen Hust
manchmal kommt es mir, wie /l'esprit de l’escalier/ [1],
erst nach Minuten oder Stunden - zu spät! zu spät! - oder eben gar
nicht. [...]
[1] Nach Duden und DWDS ist "Treppenwitz" nicht mehr der passende Ausdruck.
War er das je? Wo immer mir "Treppenwitz" begegnet ist, war es
zählbar (z.B. "ein Treppenwitz der Geschichte"), während die
passende Übersetzung für /esprit/ der unzählbare "Witz" wäre.
Christian Morgenstern
Korf erfindet eine Art von Witzen,
die erst viele Stunden später wirken.
Jeder hört sie an mit Langerweile.
Doch als hätt ein Zunder still geglommen,
wird man nachts im Bette plötzlich munter,
selig lächelnd wie ein satter Säugling.
Stephen Hust
2014-08-02 21:02:23 UTC
Permalink
Post by Oliver Cromm
Post by Stephen Hust
manchmal kommt es mir, wie /l'esprit de l’escalier/ [1],
erst nach Minuten oder Stunden - zu spät! zu spät! - oder eben gar
nicht. [...]
[1] Nach Duden und DWDS ist "Treppenwitz" nicht mehr der passende Ausdruck.
War er das je?
Das weiß ich nicht, habe es aber angenommen wegen:

| [1] Nachgedanke, der einem erst dann kommt, wenn man bereits
| aufgebrochen ist (sich also z. B. auf der Treppe befindet) und es zu
| spät ist

<http://de.wiktionary.org/wiki/Treppenwitz>
Post by Oliver Cromm
Wo immer mir "Treppenwitz" begegnet ist, war es
zählbar (z.B. "ein Treppenwitz der Geschichte"), während die
passende Übersetzung für /esprit/ der unzählbare "Witz" wäre.
Grimms Wörterbuch:

| [Treppen]-witz /nachträglicher, zu spät kommender einfall,
| übersetzung des frz. esprit d'escalier, vor der mitte des 19. jh.
| aufkommend, s./ Ladendorf /hist. schlagwb./ 314; /Gutzkow braucht das
| wort bereits als allgemein bekannt:/ jetzt verstand er, was man
| 'treppenwitz' nennt; demosthenische reden blieben auf seiner zunge
| liegen /zauberer von Rom/ (1850) 7, 307. /seine grosze verbreitung
| gewinnt es aber erst durch das buch von/ Hertslet: 'treppenwitz der
| weltgeschichte' (1882; /bis/ 1886 /in/ 3 /auflagen/); /mit wörtlichem
| anklang:/ war es doch schon ein stück treppenwitz der geschichte,
| dasz derselbe staatsmann ... als geburtshelfer bei der ... wahlreform
| fungieren sollte L. v. Przibram /erinn./ (1910) 1, 367; /häufig sind
| occasionelle analogiebildungen, bei denen treppe in allen fällen das
| zuspätkommen des übergeordneten inhalts ausdrückt z. b./
| treppeneinfall (/tägl. rundschau/ 1906), -erkenntnis (A. Kerr /ges.
| schr./ 5, 418), /s. a. oben/ -glück, -reue, /vgl./ Ladendorf /a. a.
| o.;/

<http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&hitlist=&patternlist=&lemid=GT10009>
--
Steve

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Christina Kunze
2014-08-02 22:05:41 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
| [Treppen]-witz /nachträglicher, zu spät kommender einfall,
| übersetzung des frz. esprit d'escalier, vor der mitte des 19. jh.
| aufkommend,
In dieser Bedeutung ist mir das Wort noch nie begegnet, eher wie der
Also etwas, das gar nicht von mir ausgeht, sondern sich zufällig
ereignet, sich aber (mehr oder weniger offensichtlich) in einen
Zusammenhang mit anderen, ebenso zufälligen Ereignissen bringen lässt.

Für den zu spät kommenden Einfall kenne ich den Ausdruck "Spätzünder".

chr
Gunhild Simon
2014-08-03 05:59:58 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
Post by Stephen Hust
| [Treppen]-witz /nachträglicher, zu spät kommender einfall,
| übersetzung des frz. esprit d'escalier,
Für den zu spät kommenden Einfall kenne ich den Ausdruck "Spätzünder".
..Das ist für mich ein retardiertes Kind.

Das, was hier als Treppenwitz definiert wird,
hätte ich wohl (Haus-)Klatsch genannt.

Das beschriebene Ereignis heißt bei mir
"Schlagfertigkeit, die einem auf dem
Heimweg einfällt".

Gruß
Gunhild
Roland Franzius
2014-08-03 07:29:36 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
Post by Stephen Hust
| [Treppen]-witz /nachträglicher, zu spät kommender einfall,
| übersetzung des frz. esprit d'escalier, vor der mitte des 19. jh.
| aufkommend,
In dieser Bedeutung ist mir das Wort noch nie begegnet, eher wie der
Also etwas, das gar nicht von mir ausgeht, sondern sich zufällig
ereignet, sich aber (mehr oder weniger offensichtlich) in einen
Zusammenhang mit anderen, ebenso zufälligen Ereignissen bringen lässt.
Für den zu spät kommenden Einfall kenne ich den Ausdruck "Spätzünder".
Das hängt miteinander zusammen und liegt daran, dass der "Treppenwitz"
im Deutschen als Bild gar nicht verstanden wurde.

Ein Treppenwitz wird ja erst dadurch zum Witz, dass sein Erfinder
darüber berichtet, wie ihm erst viel zu spät die passende Erwiderung
einfiel. So fristet er denn im Kreise seiner bewundernden Famile ein
intellektuelles Dasein als spätzündender Witbold.

Die einzige Wendung im Deutschen, die sich festgesetzt hat, ist der
Titel des Buches "Treppenwitz der Weltgeschichte", ursprünglich von W.
Hertslet, 1882.

Aus diesem Titel, präsent in jedem guten deutschen Bücherschrank, hat
man wohl die Bedeutung "Blöder Witz zur falschen Zeit" destilliert.

Hier bezieht sich der Import "staircase wit" auf die Witzichkeit der
Historiker bei der späteren Betrachtung von Ereignissen, wo man ja
rechtzeitg hätte wissen können, wenn speziell er dabei gewesen wäre.

Da Hertslet englischer Abkunft war, scheint mir seine indirekte Anleihe
über den englischen Begriff "staircase wit" wahrscheinlicher als eine
direkte Übernahme aus dem Französischen.

In beiden Fällen bezeichnet der Begriff übrigens nicht Witz sondern
hintergründige Intelligenz, also etwas, das in der deutschen Sprache so
heute nicht mehr vorkommt.
--
Roland Franzius
Heinz Brueckner
2014-08-03 10:47:12 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
Für den zu spät kommenden Einfall kenne ich den Ausdruck "Spätzünder
oder "Schlagfertigkeit" :-)
Gunhild Simon
2014-08-03 15:30:55 UTC
Permalink
Post by Heinz Brueckner
Post by Christina Kunze
Für den zu spät kommenden Einfall kenne ich den Ausdruck "Spätzünder
oder "Schlagfertigkeit" :-)
Schlagfertigkeit ist, wie ich versuchte
darzulegen, das, was jeder sich wünscht:
Im rechten Moment die schlagende Replik
auf den Lippen,so daß man nie blamiert dasteht
wie der letzte Hansel, der sich auf die
Lippen beißt, verlegen schweigt, dies in
ihm rumort, bis ihm
schließlich zu spät - auf dem Heimweg,
im Treppenhaus oder wenn der Hörer aufgelegt ist -
der souveräne Spruch, der ihn aus der drangvollen Lage
befreit hätte, einfällt.

Daher bin ich der Ansicht, daß da "Witz" nur
passend ist im Sinne von "Mutterwitz, Esprit",
natürlich auch Schlagfertigkeit, die ja Geist braucht,
also die unzählbare Variante, wie schon jemand
schrieb. Esprit,"l'esprit" ist ja auch kein Scherz
in der Bedeutung von "blague" oder "rigole",
sondern Geist im Sinne von "geistreich, gewitzt sein".

Gruß
Gunhild
Oliver Cromm
2014-08-03 15:38:41 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
Post by Oliver Cromm
Post by Stephen Hust
manchmal kommt es mir, wie /l'esprit de l’escalier/ [1],
erst nach Minuten oder Stunden - zu spät! zu spät! - oder eben gar
nicht. [...]
[1] Nach Duden und DWDS ist "Treppenwitz" nicht mehr der passende Ausdruck.
War er das je?
[...]
Ich hatte mich auch nicht deutlich ausgedrückt. Ich hatte kaum
Zweifel, daß der Ausdruck "Treppenwitz" als Übersetzung von
"esprit d'escalier" entstanden ist, habe aber im Deutschen nie
eine der Originalbedeutung entsprechende Verwendung gesehen.
Post by Stephen Hust
Post by Oliver Cromm
Wo immer mir "Treppenwitz" begegnet ist, war es
zählbar (z.B. "ein Treppenwitz der Geschichte"), während die
passende Übersetzung für /esprit/ der unzählbare "Witz" wäre.
| [Treppen]-witz /nachträglicher, zu spät kommender einfall,
| übersetzung des frz. esprit d'escalier, vor der mitte des 19. jh.
| aufkommend, s./ Ladendorf /hist. schlagwb./ 314; /Gutzkow braucht das
| wort bereits als allgemein bekannt:/ jetzt verstand er, was man
| 'treppenwitz' nennt; demosthenische reden blieben auf seiner zunge
| liegen /zauberer von Rom/ (1850) 7, 307. /seine grosze verbreitung
| gewinnt es aber erst durch das buch von/ Hertslet: 'treppenwitz der
| weltgeschichte' (1882; /bis/ 1886 /in/ 3 /auflagen/);
Ah, da haben wir es ja. Auch wenn ich dieses Werk nicht gelesen
habe, aber wohl Autoren, die davon beeinflußt waren.
Post by Stephen Hust
/mit wörtlichem
| anklang:/ war es doch schon ein stück treppenwitz der geschichte,
| dasz derselbe staatsmann ... als geburtshelfer bei der ... wahlreform
| fungieren sollte L. v. Przibram /erinn./ (1910) 1, 367;
Und das ist bereits nicht mehr die Originalbedeutung. Ich würde
das "eine Ironie der Geschichte" nennen.

Ist es nicht das, was im Englischen gerne als die eigentliche
Bedeutung von "ironic" genannt wird, ein Wort, dessen falsche
Benutzung häufig beklagt wird?

Christina Kunze
2014-07-11 07:39:21 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
[Ich/Mir wurde gekündigt]
| nach dem Vorfall wurde der Direktor sofort gekündigt
"Nach dem Vorfall wurde /dem/ Direktor sofort gekündigt" hört sich in
meinen Ohren seltsam an,
In meinen ist das die richtige Version, "er wurde gekündigt" ist sehr
stark umgangssprachlich und natürlich eine Vermischung mit "er wurde
rausgeschmissen".
Das klingt für mich in dieser Formulierung immer mit, als enthielte "mir
wurde gekündigt", dass der Sprecher selber schuld sei, während "ich
wurde gekündigt" die Unschuld und Boshaftigkeit der Kündigenden betonte.

chr
Bärbel Nolden
2014-07-09 08:21:38 UTC
Permalink
Post by Helmut Schellong
Hallo,
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
eher: "Ich habe gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." finde auch ich falsch, man hört es aber sehr oft;
"gekündigt sein" finden die, die die Wendung gebrauchen, aber auch seltsam.
"Ich habe gekündigt." ist aktiv, also was anderes.

Bärbel
Walter Schmid
2014-07-09 16:32:59 UTC
Permalink
Post by Bärbel Nolden
Post by Helmut Schellong
Hallo,
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
eher: "Ich habe gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." finde auch ich falsch, man hört es aber sehr oft;
"gekündigt sein" finden die, die die Wendung gebrauchen, aber auch seltsam.
"Ich habe gekündigt." ist aktiv, also was anderes.
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.

Gruss

Walter
--
«Es gibt einen Grenzwert für erlaubte Unterschätzungen; dieser
Grenzwert ist hier überschritten.» Kurt Furgler (NZZ 16.6.2014)
Jakob Achterndiek
2014-07-09 16:58:39 UTC
Permalink
Am 09.07.2014, 18:32 Uhr, schrieb Walter Schmid
Post by Walter Schmid
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
WALTER HAT RECHT ¹.

¹ Das ist auch elliptisch für "WALTER HAT mal wieder
einen Weg gefunden, sich auch beim blödsten Fehler
noch irgendwie im RECHT zu fühlen."

j/\a
--
Sam Sung
2014-07-09 17:18:21 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Am 09.07.2014, 18:32 Uhr, schrieb Walter Schmid
Post by Walter Schmid
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
WALTER HAT RECHT ¹.
¹ Das ist auch elliptisch für "WALTER HAT mal wieder
einen Weg gefunden, sich auch beim blödsten Fehler
noch irgendwie im RECHT zu fühlen."
j/\a
--
Das Walter ist in diesem Fall sogar bloss zu dim deutsches von englischem
Feeling zu unterscheiden: Mir wurde gekündigt vs. Ich wurde gefeuert.
Peter J. Holzer
2014-07-10 09:27:54 UTC
Permalink
Post by Walter Schmid
Post by Bärbel Nolden
Post by Helmut Schellong
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
eher: "Ich habe gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." finde auch ich falsch, man hört es aber sehr
oft; "gekündigt sein" finden die, die die Wendung gebrauchen, aber
auch seltsam. "Ich habe gekündigt." ist aktiv, also was anderes.
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
Ex falso quodlibet. Du bist ja nicht in diesen Status versetzt worden,
sondern Dein Vertrag.

Allen logischen Begründungen zum Trotz klingt "Mir wurde gekündigt" für
mich aber einfach falsch - das sagt hier niemand.

hp
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Walter Schmid
2014-07-10 09:32:00 UTC
Permalink
Post by Peter J. Holzer
Post by Walter Schmid
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
Ex falso quodlibet. Du bist ja nicht in diesen Status versetzt worden,
sondern Dein Vertrag.
Dann halt so: "Ich wurde (darüber informiert, dass mein Vertrag
in den Status des) gekündigt (Seins versetzt wurde)".
Post by Peter J. Holzer
Allen logischen Begründungen zum Trotz klingt "Mir wurde gekündigt" für
mich aber einfach falsch - das sagt hier niemand.
Doch! Ich würde es spontan so sagen.

Gruss

Walter
--
«Es gibt einen Grenzwert für erlaubte Unterschätzungen; dieser
Grenzwert ist hier überschritten.» Kurt Furgler (NZZ 16.6.2014)
Roland Franzius
2014-07-10 09:52:50 UTC
Permalink
Post by Walter Schmid
Post by Peter J. Holzer
Post by Walter Schmid
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
Ex falso quodlibet. Du bist ja nicht in diesen Status versetzt worden,
sondern Dein Vertrag.
Dann halt so: "Ich wurde (darüber informiert, dass mein Vertrag
in den Status des) gekündigt (Seins versetzt wurde)".
Kündigen, Kündigung ist eine rechtsverbindliche, persönliche Mitteilung
an den Vertragspartner, mündlich unter Zeugen oder falls vorgeschrieben,
schriftlich mit Empfangsbekanntnis, über die Beendigung eines
Vertragsverhältnisses.

Über den Einbau des Begriffs in Standardsätze und über den Gebrauch von
Sprachregelungen entscheidet der entprechend vorgebildete Jurist in der
Rechtsabteilung.

Der Laie sollte soviel davon verstehehen, dass er die Floskel "hiermit
kündige ich" nur verwenden sollte, wenn er es erst meint. Man kann so
einen Satz nicht einseitig zurücknehmen oder relativieren und seine
Benutzung ist in vielen Fällen die Eröffnungsszene eines Zivilprozesses.

Einen ähnlichen Weg in die Umgangssprache haben viele Wörter des
alltäglichen juristischen Lebens wie mahnen und versichern genommen.

Eine Abmahnung oder eine Versicherung betrifft einen Sachverhalt oder
Besitz einer Person verantwortet oder besitzt, wird aber
umgangsspachlich direkt auf die Person im Akkusativ übertragen.

Das kann ich sie versichern!
--
Roland Franzius
Roland Franzius
2014-07-10 10:02:02 UTC
Permalink
Am 10.07.2014 11:52, schrieb Roland Franzius:> Am 10.07.2014 11:32,
Post by Roland Franzius
Post by Peter J. Holzer
Post by Walter Schmid
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den
Status des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
Ex falso quodlibet. Du bist ja nicht in diesen Status versetzt
worden, sondern Dein Vertrag.
Dann halt so: "Ich wurde (darüber informiert, dass mein Vertrag in
den Status des) gekündigt (Seins versetzt wurde)".
Kündigen, Kündigung ist eine rechtsverbindliche, persönliche
Mitteilung an den Vertragspartner, mündlich unter Zeugen oder falls
vorgeschrieben, schriftlich mit Empfangsbekanntnis, über die
Beendigung eines Vertragsverhältnisses.
Über den Einbau des Begriffs in Standardsätze und über den Gebrauch
von Sprachregelungen entscheidet der entprechend vorgebildete Jurist
in der Rechtsabteilung.
Der Laie sollte soviel davon verstehehen, dass er die Floskel
"hiermit kündige ich" nur verwenden sollte, wenn er es erst meint.
Man kann so einen Satz nicht einseitig zurücknehmen oder relativieren
und seine Benutzung ist in vielen Fällen die Eröffnungsszene eines
Zivilprozesses.
Einen ähnlichen Weg in die Umgangssprache haben viele Wörter des
alltäglichen juristischen Lebens wie mahnen und versichern genommen.
Eine Abmahnung oder eine Versicherung betrifft einen Sachverhalt
oder Besitz einer Person, wird aber
umgangsspachlich direkt auf die Person im Akkusativ übertragen.
Das kann ich sie versichern!
--
Roland Franzius
Olaf Dietrich
2014-07-10 12:16:24 UTC
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Post by Walter Schmid
Post by Peter J. Holzer
Post by Walter Schmid
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
Ex falso quodlibet. Du bist ja nicht in diesen Status versetzt worden,
sondern Dein Vertrag.
Dann halt so: "Ich wurde (darüber informiert, dass mein Vertrag
in den Status des) gekündigt (Seins versetzt wurde)".
Da würde ich gerne mal ein Beispiel für eine ähnlich konstruierte
Ellipse sehen, die im normalen Sprachgebrauch ist (bei der also
unvollständige Teile aus verschiedenen Teilsätzen wegfallen).

Viel näherliegend erscheint mir der Weg:

1. "Sein Arbeitsverhältnis (oder -vertrag) wurde gekündigt."

2. Identifikation (sprachlich und/oder inhaltlich) von
Arbeitsverhältnis (Arbeitsstelle) und Beschäftigtem.

3. -> "Er wurde gekündigt."
Post by Walter Schmid
Post by Peter J. Holzer
Allen logischen Begründungen zum Trotz klingt "Mir wurde gekündigt" für
mich aber einfach falsch - das sagt hier niemand.
Doch! Ich würde es spontan so sagen.
Mir erscheint die Form mit Dativ auch als die richtige
(würde ich auch so verwenden).

Olaf
Peter J. Holzer
2014-07-10 12:35:38 UTC
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Post by Walter Schmid
Post by Peter J. Holzer
Post by Walter Schmid
"Ich wurde gekündigt" ist elliptisch für "Ich wurde in den Status
des gekündigt Seins versetzt" - und darum nicht falsch.
Ex falso quodlibet. Du bist ja nicht in diesen Status versetzt worden,
sondern Dein Vertrag.
Dann halt so: "Ich wurde (darüber informiert, dass mein Vertrag
in den Status des) gekündigt (Seins versetzt wurde)".
Das ist jetzt schon sehr weit hergeholt.
Post by Walter Schmid
Post by Peter J. Holzer
Allen logischen Begründungen zum Trotz klingt "Mir wurde gekündigt" für
mich aber einfach falsch - das sagt hier niemand.
Doch! Ich würde es spontan so sagen.
Du bist auch nicht hier.

Im übrigen ist eher selten, dass jemand eine nicht-standardsprachliche
Formulierung verteidigt.

Apropos standardsprachlich: Was sagt eigentlich das österreichische
Wörterbuch zu dem Thema?

hp
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Sam Sung
2014-07-10 14:27:28 UTC
Permalink
Wie misst man eigentlich den oder was ist der "Standard einer Sprache"?

Was am häufigsten in den von den meisten Leuten gelesenen Medien
wie Zeitungen, Nachrichtensendungen oder Blogs verwendet wir?

Was vor allem die jungen Leute verwenden (und tradieren), die aber
bereits aus dem Alter raus sind, wo sie durch schlechte Zensuren
korrumpiert werden können?

Was im Duden festgelegt wird?

Was in den meistverwendeten Rechtschreibfiltern von Open und Office
defacto, aber stillschweigend (!) eingebaut ist und wird?

Was von dieser oder jener "Kommission" festgelegt wird?

Was zufällig so im Durchschnitt in den verschiedenen Lehrplänen
der hiesigen Schulen steht?

Oder das - und das wäre sicherlich am wissenschaftlichsten - was die
NSA beim Scannen des gesamten weltweiten Datenaufkommens feststellt?
Allerdings wird das nicht veröffentlicht und entfällt deshalb vorerst.


Wer hat überhaupt das "intelektuelle Recht" von Standards zu sprechen,
wenn er gar keine Daten hat, die seine Standard-Gefühle zu mehr machen
als zu (s)einer blossen Meinung, von der er (wegen kognitivem Defekt)
"eben nun mal fest überzeugt" ist.

In diesem Sinne werden (mindestens) hier stilistische Vorlieben
(meist generell) als absolut gegeben Fakten abge, äh, dahingestellt:
es wird verkündigt, dass genau dies und jenes richtig ist...

Damit ist Theologie meist noch "wissenschaftlicher" als das hier, man
kann dort wenigstens statistisch gut eingrenzen, wieviele Leute streng
von der Unfehlbarkeit der "theologisch gegebenen" Dogmen ausgehen.

etc
Peter J. Holzer
2014-07-10 22:08:06 UTC
Permalink
Post by Sam Sung
Wie misst man eigentlich den oder was ist der "Standard einer Sprache"?
Einen Standard misst man nicht, den legt man fest.

Die Frage ist also, wer legt den fest und wie?

Wer: Jemand mit ausreichender Autorität. Das kann eine staatliche Stelle
sein, eine Person oder Institution, die bereits als kompetent bekannt
ist, oder einfach nur als erste etwas akzeptables zustandebringt.

Wie: Da gibt es bekanntlich die deskriptive und die präskriptive
Methode. Meistens ist es eine Mischung. Wenn man nicht eine reine
Kunstsprache erfinden will, muss man sich den vorhandenen Sprachgebrauch
ansehen (deskriptiv), aber bei mehreren Varianten muss man entscheiden,
welche man aufnimmt, und damit ist man unweigerlich präskriptiv, weil
man entscheidet, was richtig und was falsch ist (selbst wenn man das
nicht ad hoc entscheidet, so entscheidet man es auf Grund von vorher
festgelegten Auswahlkriterien und auf Grund der Quellenauswahl).

Merriam-Webster ist meiner Einschätzung nach ziemlich nahe am
deskriptiven Ende des Spektrums, im deutschen Sprachraum ist man schon
eher im präskriptiven Bereich (Buchdrucker-Duden, Rechtschreibreform),
und manche Sprachen sind praktisch Kunstsprachen, also extrem
präskriptiv (Nynorsk, Katharevousa, Filipino, ...).

hp
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Sam Sung
2014-07-10 22:39:03 UTC
Permalink
Post by Sam Sung
Wie misst man eigentlich den oder was ist der "Standard einer Sprache"?
Einen Standard misst man nicht, den legt man fest.

Die Frage ist also, wer legt den fest und wie?

Wer: Jemand mit ausreichender Autorität. Das kann eine staatliche Stelle
sein, eine Person oder Institution, die bereits als kompetent bekannt
ist, oder einfach nur als erste etwas akzeptables zustandebringt.

Wie: Da gibt es bekanntlich die deskriptive und die präskriptive
Methode. Meistens ist es eine Mischung. Wenn man nicht eine reine
Kunstsprache erfinden will, muss man sich den vorhandenen Sprachgebrauch
ansehen (deskriptiv), aber bei mehreren Varianten muss man entscheiden,
welche man aufnimmt, und damit ist man unweigerlich präskriptiv, weil
man entscheidet, was richtig und was falsch ist (selbst wenn man das
nicht ad hoc entscheidet, so entscheidet man es auf Grund von vorher
festgelegten Auswahlkriterien und auf Grund der Quellenauswahl).

Merriam-Webster ist meiner Einschätzung nach ziemlich nahe am
deskriptiven Ende des Spektrums, im deutschen Sprachraum ist man schon
eher im präskriptiven Bereich (Buchdrucker-Duden, Rechtschreibreform),
und manche Sprachen sind praktisch Kunstsprachen, also extrem
präskriptiv (Nynorsk, Katharevousa, Filipino, ...).

hp
------- -------
Ja... man muss sich eben immer entscheiden... Da wird man reich...
Stephen Hust
2014-07-10 14:46:47 UTC
Permalink
Post by Peter J. Holzer
Post by Walter Schmid
Post by Peter J. Holzer
Allen logischen Begründungen zum Trotz klingt "Mir wurde gekündigt" für
mich aber einfach falsch - das sagt hier niemand.
Doch! Ich würde es spontan so sagen.
Du bist auch nicht hier.
[...]
Apropos standardsprachlich: Was sagt eigentlich das österreichische
Wörterbuch zu dem Thema?
| *kündigen;* einen Mieter k.: das Mietverhältnis mit ihm lösen;
| jemand(em) die Freundschaft k.
|
(ÖWB, 39. Auflage, 2003.)
--
Steve

My e-mail address works as is.
Jakob Achterndiek
2014-07-10 17:18:51 UTC
Permalink
Post by Stephen Hust
Post by Peter J. Holzer
Apropos standardsprachlich: Was sagt eigentlich das österreichische
Wörterbuch zu dem Thema?
| *kündigen;* einen Mieter k.: das Mietverhältnis mit ihm lösen;
| jemand(em) die Freundschaft k.
|
(ÖWB, 39. Auflage, 2003.)
Duden spielt da, wenn ich richtig gesehen habe, nicht mit.
Da sind Personen- und Sachobjekt sauber unterschieden,
also immer sinngemäß "jemandem (Dat.) einen Vertrag (Akk.)
kündigen". Nur so wurde es auch im Unterricht gelehrt.

j/\a
--
Stephen Hust
2014-07-16 16:34:42 UTC
Permalink
[Ich/Mir wurde gekündigt]
Post by Stephen Hust
Post by Peter J. Holzer
Apropos standardsprachlich: Was sagt eigentlich das österreichische
Wörterbuch zu dem Thema?
| *kündigen;* einen Mieter k.: das Mietverhältnis mit ihm lösen;
| jemand(em) die Freundschaft k.
|
(ÖWB, 39. Auflage, 2003.)
Übrigens, in Dudens "Richtiges und gutes Deutsch" (2011, S. 604) steht:

| In Österreich und gelegentlich in der Umgangssprache wird auch bei
| Personen der Akkusativ gebraucht: /Man hat mich gekündigt. Die Leute
| sind gekündigt worden./
--
Steve

My e-mail address works as is.
Walter Schmid
2014-07-10 18:23:47 UTC
Permalink
Post by Peter J. Holzer
Post by Walter Schmid
Post by Peter J. Holzer
Allen logischen Begründungen zum Trotz klingt "Mir wurde gekündigt" für
mich aber einfach falsch - das sagt hier niemand.
Doch! Ich würde es spontan so sagen.
Du bist auch nicht hier.
Sorry, wwg! Für mich ist "hier" per default "in desd".

Gruss

Walter
--
«Es gibt einen Grenzwert für erlaubte Unterschätzungen; dieser
Grenzwert ist hier überschritten.» Kurt Furgler (NZZ 16.6.2014)
Lars Bräsicke
2014-07-09 11:53:46 UTC
Permalink
Post by Helmut Schellong
Hallo,
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
eher: "Ich habe gekündigt."
Das Problem ist wohl, dass kündigen "arbeitsrechtlich" meist ohne
direktes Objekt verwendet wird. Dieses wird einfach weggelassen, das
indirete Dativ-Objekt bleibt übrig:
Ich kündige dir (den Arbeitsvertrag, den Job, die Stelle).

Das Dativ-Objekt wird nun als einziges und eigentliches Objekt begriffen
und gern in den Akkusativ versetzt:
"Ich kündige dich."
Bei Umwandlung in den Passiv wird es daher zum Subjekt:
"Du wurdest gekündigt."

Eigtl. ist aber das ausgelassene direkte Objekt das Subjekt: der
Arbeitsvertrag.
Der Arbeitsvertrag wurde dir gekündigt. -> Dir wurde (der
Arbeitsvertrag) gekündigt.

Bei anderen Verben passiert das seltener oder nicht:
Ich schreibe dir (einen Brief). -> Dir wurde (ein Brief) geschrieben.
Niemand käme auf die Idee: "Ich wurde geschrieben." zu formulieren.
Gunhild Simon
2014-07-09 13:58:20 UTC
Permalink
Am Mittwoch, 9. Juli 2014 13:53:46 UTC+2 schrieb Lars Bräsicke:

...
Post by Lars Bräsicke
Das Problem ist wohl, dass kündigen "arbeitsrechtlich" meist ohne
direktes Objekt verwendet wird. Dieses wird einfach weggelassen, das
Ich kündige dir (den Arbeitsvertrag, den Job, die Stelle.)
Das war auch mein Gedanke.
Ich darf Dich nebenbei korrigieren:
Passiv ist ein Neutrum: _das_ Passiv.

(Das liegt daran, daß das Passiv und
das Aktiv unter den Oberbegriff
Genus verbi, die Handlungsart,
fallen.)

Gruß
Gunhild
Sam Sung
2014-07-09 17:34:43 UTC
Permalink
Post by Lars Bräsicke
Post by Helmut Schellong
Hallo,
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
eher: "Ich habe gekündigt."
Das Problem ist wohl, dass kündigen "arbeitsrechtlich" meist ohne
direktes Objekt verwendet wird. Dieses wird einfach weggelassen, das
Ich kündige dir (den Arbeitsvertrag, den Job, die Stelle).
Das Dativ-Objekt wird nun als einziges und eigentliches Objekt begriffen
"Ich kündige dich."
"Du wurdest gekündigt."
Eigtl. ist aber das ausgelassene direkte Objekt das Subjekt: der
Arbeitsvertrag.
Der Arbeitsvertrag wurde dir gekündigt. -> Dir wurde (der
Arbeitsvertrag) gekündigt.
Ich schreibe dir (einen Brief). -> Dir wurde (ein Brief) geschrieben.
Niemand käme auf die Idee: "Ich wurde geschrieben." zu formulieren.
Deutsches Feeling vs Auswärtsfeeling - etwa "I was told" oder zBl:
"Ich habe meinen Hund spaziert", "Ich habe fertig", "Ich wurde gefeuert".

Diese Unterschiede haben keinen semantischen Sinn, genausowenig wie
die willkürlich-zufällige Zuweisung der Geschlechter, sondern das ist
nur Tradition, wie "das meiste andere" auch und zwar mit beliebig
vielen und mangels pausenloser Volkbefragung unbekannten und niemals
auffindbaren multiplen "Ursachen", aber, nichtsdestoweniger ist es für
die jeweils unfreiwilligen Traditions-Benutzer praktisch vollkommen
unmöglich, eine "Wendung" wie "Der Bahn kommt" ungerührt zu ertragen
und hinzunehmen - aber nicht, wenn man zBl mal einige Tage in Holland,
etc, ist, wo man den ganzen Tag lang nichts als schreckliche, eigentlich
unerträgliche und nicht tolerierbare und schändliche Kapitalfehler an
der wahrhaft richtigen und stilvoll-intelligenten Auffassung unserer
so liebevoll tradierten (und überaus wichtigen!) Sprache erlebt.
Sam Sung
2014-07-09 18:34:34 UTC
Permalink
Post by Helmut Schellong
Hallo,
ich meine, richtig ist: "Mir wurde gekündigt."
Genau: MIR wurde (der Vertrag) gekündigt.
Post by Helmut Schellong
"Ich wurde gekündigt." hört sich falsch an;
Das geht nicht, richtig ist ua: ICH wurde entlassen.
Post by Helmut Schellong
eher: "Ich habe gekündigt."
Das ist der aktive Fall: ICH habe (den Vertrag) gekündigt.
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