Discussion:
meinungsstark
(zu alt für eine Antwort)
Matthias Opatz
2017-08-11 10:29:46 UTC
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Ich weiß nicht, ob das Wort im neuen Berliner Duden [*] steht, in seinen
Vorgängern finde ich es nicht, auch nicht im Online-Duden: meinungsstark.

Immerhin präsentiert der Leipziger Wortschatz für diesen Begriff 31 Belege
(13 für die Grundform und 18 weitere für Beugungsformen), hingegen für
die "Wutbürgerin" keinen einzigen. Dabei ist dieses Wort entgegen aktueller
Verlagsverlautbarungen keineswegs neu aufgenommen, sondern stand schon in
der 26. Ausgabe. Das enthüllt heute die "Thüringer Allgemeine" [**].

Gurgel behauptet für "meinungsstark" 662'000 Fundstellen zu haben (für
"Wutbürgerin" 15'000, die meisten mit Dudeneintragsbezug). Aber egal,
mich beschäftigte heute die Bedeutung des Worts, nachdem in der oben
erwähnten Tageszeitung über Julia Harting auch folgendes zu lesen war:

| Die 27-Jährige ist nicht nur meinungsstark, sondern will heute auch
| sportlich bei der WM in London überzeugen.
<http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Diskuswerferin-Julia-Harting-Mehr-als-die-Frau-vom-Robert-1114795945>

Mir ist das Attribut geläufig, allerdings in Zusammenhang mit Medien. Meine
Deutung wäre gewesen: bringt nicht nur Tatsachen und Eindrücke, sondern
interpretiert und kommentiert auch vieles. Und es geht dabei nicht nur um
eine Meinung, auch um verschiedene Meinungen (sog. Pro & Kontra).

Ob das aber stimmt? Nachschlagen brachte mich nicht weiter. Nur PONS führt
den Begriff, aber ohne Bedeutung und Synonyme. Kann ein einzelner Mensch
meinungsstark sein? Ein Blick auf die Leipziger Fundstellen läßt den Schluß
zu: offenbar ja. Da er wohl eher nicht stark geprägt ist von verschiedenen
Meinungen zu einer Sache, wird es so sein, daß er seine eine Meinung fest
und offensiv vertritt, daß er sie *stark* vertritt und nicht wankt.

Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. Bücher-Gurgel
vorortet die älteste seiner Fundstellen auf 1968 (in Karl Ferdinand
Schumanns Dissertation "Zeichen der Unfreiheit | Zur Theorie und Messung
sozialer Sanktionen"). Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?

Matthias



*) Die 27. Ausgabe ist die erste, die nicht aus Leipzig oder Mannheim kommt
**) <http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Wie-die-Wutbuergerin-in-den-Duden-kam-682131165>
Stephen Hust
2017-08-11 11:44:22 UTC
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Post by Matthias Opatz
Ich weiß nicht, ob das Wort im neuen Berliner Duden [*] steht, in seinen
Vorgängern finde ich es nicht, auch nicht im Online-Duden: meinungsstark.
[...]
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. Bücher-Gurgel
vorortet die älteste seiner Fundstellen auf 1968 (in Karl Ferdinand
Schumanns Dissertation "Zeichen der Unfreiheit | Zur Theorie und Messung
sozialer Sanktionen").
| Des Dichters Weltanschauung zusammenfassend schilderte er ihn als
| einen erbitterten Hasser aller Sklavenniedrigkeit und Knechtung, der
| den freien, meinungsstarken Mann liebt.
|
(Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, XVIII. Jahrgang,
1903, Nr. 6, S. 191.)

<https://books.google.com/books?id=EsJOAQAAMAAJ&dq=%22meinungsstarken%22&pg=PA191#v=onepage&q=%22meinungsstarken%22&f=false>

| Oberst Bauer, der Artillerist, Techniker und Chemiker in der
| Operationsabteilung des Generalstabs, erzählt es, wie die
| hellsichtigern, meinungsstarken Offiziere der Heeresleitung während
| der letzten Zeit der Falkenhaynschen Führung gelitten haben.
|
(Nach Google-Books in Karl Tschuppik, "Ludendorff: die Tragödie des
Fachmanns, 1931, S. 91.)

<https://books.google.com/books?id=LuoeAAAAMAAJ&q=%22meinungsstarken%22&dq=%22meinungsstarken%22&hl=en&sa=X&ved=0ahUKEwiWueC5iM_VAhXSKFAKHZlsC7c4PBDoAQhWMAg>
--
Steve

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Jakob Achterndiek
2017-08-11 12:10:13 UTC
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Post by Matthias Opatz
Ich weiß nicht, ob das Wort im neuen Berliner Duden [*] steht, in seinen
Vorgängern finde ich es nicht, auch nicht im Online-Duden: meinungsstark.
[..]
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. [..]
Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?
Es gibt eine ganze Reihe neuer Wörter, bei denen man zwar raten kann,
was deren Erfinder damit haben ausdrücken wollen, die aber in Wahrheit
nur Un-Sinn bedeuten. "Niveauvoll" und "qualitätvoll" gehören dazu, und
jetzt also "meinungsstark".
Man selbst sollte solche Wörter gar nicht benutzen. Die Frage bleibt:
Wie geht man mit ihnen um, wenn sie einem begegnen?
Meine Antwort: Wer so etwas sagt, der zeigt, daß er nicht nachdenkt
über das, was er sagt. Und das ist allemal ein Grund, dem nicht länger
zuzuhören.
--
j/\a
Roland Franzius
2017-08-11 12:50:46 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Matthias Opatz
Ich weiß nicht, ob das Wort im neuen Berliner Duden [*] steht, in seinen
Vorgängern finde ich es nicht, auch nicht im Online-Duden: meinungsstark.
[..]
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. [..]
Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?
Es gibt eine ganze Reihe neuer Wörter, bei denen man zwar raten kann,
was deren Erfinder damit haben ausdrücken wollen, die aber in Wahrheit
nur Un-Sinn bedeuten. "Niveauvoll" und "qualitätvoll" gehören dazu, und
jetzt also "meinungsstark".
Wie geht man mit ihnen um, wenn sie einem begegnen?
Meine Antwort: Wer so etwas sagt, der zeigt, daß er nicht nachdenkt
über das, was er sagt. Und das ist allemal ein Grund, dem nicht länger
zuzuhören.
Ja so isses wohl. Der Kunsthistoriker, der Architekt und der Archäologe
bezeichnen als seit eh als qualitätvoll ein Objekt, dass hohe
handwerkliche Qualität zeigt, ohne dass es ein künstlerisches
Meisterwerk sein muss.

Klar, solche Fachwörter aus der Geistessphäre braucht der geistig
tiefentladene Mensch heute nicht mehr.
--
Roland Franzius
Jakob Achterndiek
2017-08-11 16:57:37 UTC
Permalink
Post by Roland Franzius
Ja so isses wohl. Der Kunsthistoriker, der Architekt und der Archäologe
bezeichnen als seit eh als qualitätvoll ein Objekt, dass hohe
handwerkliche Qualität zeigt, ohne dass es ein künstlerisches
Meisterwerk sein muss.
Klar, solche Fachwörter aus der Geistessphäre braucht der geistig
tiefentladene Mensch heute nicht mehr.
https://books.google.com/ngrams/graph?content=qualit%C3%A4tvoll%2Cniveauvoll%2Cqualit%C3%A4tsvoll&case_insensitive=on&year_start=1800&year_end=2000&corpus=20&smoothing=3&share=&direct_url=t1%3B%2Cqualit%C3%A4tvoll%3B%2Cc0%3B.t1%3B%2Cniveauvoll%3B%2Cc0%3B.t1%3B%2Cqualit%C3%A4tsvoll%3B%2Cc0

Ich sag immer:
Mehr Niveau bitte!
Muß gar nicht hoch sein.
Hauptsache: Schön breit. Daß alle draufpassen.
--
j/\a
Frank Hucklenbroich
2017-08-11 12:52:29 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Matthias Opatz
Ich weiß nicht, ob das Wort im neuen Berliner Duden [*] steht, in seinen
Vorgängern finde ich es nicht, auch nicht im Online-Duden: meinungsstark.
[..]
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. [..]
Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?
Es gibt eine ganze Reihe neuer Wörter, bei denen man zwar raten kann,
was deren Erfinder damit haben ausdrücken wollen, die aber in Wahrheit
nur Un-Sinn bedeuten. "Niveauvoll" und "qualitätvoll" gehören dazu, und
jetzt also "meinungsstark".
"Niveauvoll" finde ich jetzt nicht so schlimm, wenn man z.B. ein Buch oder
einen Film beschreiben will. Ja, man kann natürlich auch sagen "Das Buch
hat Niveau" (hohes? niedriges? Bei "Niveauvoll" impliziert man automatisch
hohes Niveau).

Qualität(s)voll ist natürlich Unsinn. Udn bei "Meinungsstark" weiß ich
überhaupt nicht, was das eigentlich genau bedeuten soll. Eigenwillig?
Durchsetzungskräftig? Marktführend (wenn es um Presseerzeugnisse geht)?
Post by Jakob Achterndiek
Meine Antwort: Wer so etwas sagt, der zeigt, daß er nicht nachdenkt
über das, was er sagt. Und das ist allemal ein Grund, dem nicht länger
zuzuhören.
Stimmt.

Grüße,

Frank
H.-P. Schulz
2017-08-11 14:31:41 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Ich weiß nicht, ob das Wort im neuen Berliner Duden [*] steht, in seinen
Vorgängern finde ich es nicht, auch nicht im Online-Duden: meinungsstark.
Immerhin präsentiert der Leipziger Wortschatz für diesen Begriff 31 Belege
(13 für die Grundform und 18 weitere für Beugungsformen), hingegen für
die "Wutbürgerin" keinen einzigen. Dabei ist dieses Wort entgegen aktueller
Verlagsverlautbarungen keineswegs neu aufgenommen, sondern stand schon in
der 26. Ausgabe. Das enthüllt heute die "Thüringer Allgemeine" [**].
Gurgel behauptet für "meinungsstark" 662'000 Fundstellen zu haben (für
"Wutbürgerin" 15'000, die meisten mit Dudeneintragsbezug). Aber egal,
mich beschäftigte heute die Bedeutung des Worts, nachdem in der oben
| Die 27-Jährige ist nicht nur meinungsstark, sondern will heute auch
| sportlich bei der WM in London überzeugen.
<http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Diskuswerferin-Julia-Harting-Mehr-als-die-Frau-vom-Robert-1114795945>
Mir ist das Attribut geläufig, allerdings in Zusammenhang mit Medien. Meine
Deutung wäre gewesen: bringt nicht nur Tatsachen und Eindrücke, sondern
interpretiert und kommentiert auch vieles. Und es geht dabei nicht nur um
eine Meinung, auch um verschiedene Meinungen (sog. Pro & Kontra).
Ob das aber stimmt? Nachschlagen brachte mich nicht weiter. Nur PONS führt
den Begriff, aber ohne Bedeutung und Synonyme. Kann ein einzelner Mensch
meinungsstark sein? Ein Blick auf die Leipziger Fundstellen läßt den Schluß
zu: offenbar ja. Da er wohl eher nicht stark geprägt ist von verschiedenen
Meinungen zu einer Sache, wird es so sein, daß er seine eine Meinung fest
und offensiv vertritt, daß er sie *stark* vertritt und nicht wankt.
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. Bücher-Gurgel
vorortet die älteste seiner Fundstellen auf 1968 (in Karl Ferdinand
Schumanns Dissertation "Zeichen der Unfreiheit | Zur Theorie und Messung
sozialer Sanktionen"). Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?
"Von nischt ne Ahnung, aber zu allem ne Meinung" tät ich in erster
Näherung sagen tun.

Freundlichere Version: 'urteilfreudig' - und jeder Verständige
übersetzt "Nervtöter mit idéefixe".
Stefan Schmitz
2017-08-11 15:05:22 UTC
Permalink
Post by Matthias Opatz
Mir ist das Attribut geläufig, allerdings in Zusammenhang mit Medien. Meine
Deutung wäre gewesen: bringt nicht nur Tatsachen und Eindrücke, sondern
interpretiert und kommentiert auch vieles. Und es geht dabei nicht nur um
eine Meinung, auch um verschiedene Meinungen (sog. Pro & Kontra).
Medien, in denen verschiedene Meinungen vertreten werden, sind doch eher selten.
Warum sollte man die "meinungsstark" nennen, wo es "ausgewogen" doch viel
besser träfe?
Post by Matthias Opatz
Ob das aber stimmt? Nachschlagen brachte mich nicht weiter. Nur PONS führt
den Begriff, aber ohne Bedeutung und Synonyme. Kann ein einzelner Mensch
meinungsstark sein? Ein Blick auf die Leipziger Fundstellen läßt den Schluß
zu: offenbar ja. Da er wohl eher nicht stark geprägt ist von verschiedenen
Meinungen zu einer Sache, wird es so sein, daß er seine eine Meinung fest
und offensiv vertritt, daß er sie *stark* vertritt und nicht wankt.
Gerade heute wird der ehemalige Fußball-Experte Mehmet Scholl allseits
als meinungsstark beschrieben.

Ich verstehe das als die Bereitschaft, gern mal eine klare Position zu
vertreten. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Pro und Contra.
Ein meinungsstarkes Medium wäre IMHO die BILD.
Stefan Schmitz
2017-08-13 19:50:06 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Gerade heute wird der ehemalige Fußball-Experte Mehmet Scholl allseits
als meinungsstark beschrieben.
Und in einer Schlagzeile stand ein anderes Adjektiv, das vielleicht ein
Kandidat für gewünschte ältere Alternativen ist:

streitbar
U***@web.de
2017-08-12 08:12:59 UTC
Permalink
Moin,
Post by Matthias Opatz
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. Bücher-Gurgel
vorortet die älteste seiner Fundstellen auf 1968 (in Karl Ferdinand
Schumanns Dissertation "Zeichen der Unfreiheit | Zur Theorie und Messung
sozialer Sanktionen"). Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?
Womöglich die Fähigkeit, eigene Ansichten in der
Bevölkerung zu multiplizieren.

Gruß, ULF
Bernd Schwegmann
2017-08-12 09:34:07 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Moin,
Post by Matthias Opatz
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. Bücher-Gurgel
vorortet die älteste seiner Fundstellen auf 1968 (in Karl Ferdinand
Schumanns Dissertation "Zeichen der Unfreiheit | Zur Theorie und Messung
sozialer Sanktionen"). Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?
Womöglich die Fähigkeit, eigene Ansichten in der
Bevölkerung zu multiplizieren.
Rattenfänger?

BS+
x***@gmail.com
2017-08-12 18:16:33 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Matthias Opatz
Nun ist "meinungsstark" zwar geläufig, aber nicht alt. Bücher-Gurgel
vorortet die älteste seiner Fundstellen auf 1968 (in Karl Ferdinand
Schumanns Dissertation "Zeichen der Unfreiheit | Zur Theorie und Messung
sozialer Sanktionen"). Wie hat man solche Personen vorher genannt?
Durchsetzungsfähig? Selbstbewußt? Charakterstark? Was sonst trifft es?
Womöglich die Fähigkeit, eigene Ansichten in der
Bevölkerung zu multiplizieren.
Der Multiplikator ist ein stehender Begriff in der Werbe- und
PR-Branche, aber diffus - es können Lehrer, Pfarrer,
Vereinsvorstände, Redakteure und was noch alles darunter
fallen.

FR
U***@web.de
2017-08-13 08:29:48 UTC
Permalink
Moin,
Post by x***@gmail.com
Post by U***@web.de
Womöglich die Fähigkeit, eigene Ansichten in der
Bevölkerung zu multiplizieren.
Der Multiplikator ist ein stehender Begriff in der Werbe- und
PR-Branche,
auch bei politischer Bildung
Post by x***@gmail.com
aber diffus - es können Lehrer, Pfarrer,
Vereinsvorstände, Redakteure und was noch alles darunter
fallen.
Womöglich gelten große Religionsführer als
meinungsstärker denn Schriftführer von
Kaninchenzuchtvereinen.

Gruß, ULF
Jakob Achterndiek
2017-08-13 09:47:01 UTC
Permalink
Womöglich gelten große Religionsführer als meinungsstärker
denn Schriftführer von Kaninchenzuchtvereinen.
Beim Nachfüllen meines Pillendöschens fällt mir ein:
Wenn jemand nierenschwach ist, dann verschreibt ihm der Doktor
ein passendes Medikament; vielleicht hilft's! Aber nierenstark -
gips sowas überhaupt? Und woran merkt man das?
Wenn jemand meinungsschwach ist, auch dagegen gibt es viele,
viele Mittelchen, vom Wort zum Sonntag über die BILDzeitung bis
zur Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin; manchmal hilft's.
Aber meinungsstark - doch, das gips auch. Solche Leute kennt
man sogar: Man nennt sie Querulanten.
--
j/\a
Roland Franzius
2017-08-13 10:59:14 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Womöglich gelten große Religionsführer als meinungsstärker
denn Schriftführer von Kaninchenzuchtvereinen.
Wenn jemand nierenschwach ist, dann verschreibt ihm der Doktor
ein passendes Medikament; vielleicht hilft's! Aber nierenstark -
gips sowas überhaupt? Und woran merkt man das?
Wenn jemand meinungsschwach ist, auch dagegen gibt es viele,
viele Mittelchen, vom Wort zum Sonntag über die BILDzeitung bis
zur Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin; manchmal hilft's.
Aber meinungsstark - doch, das gips auch. Solche Leute kennt
man sogar: Man nennt sie Querulanten.
Meinungsstark nennt man Leute mit ausgeprägter Willensstärke beim
Durchsetzen ihrer Meinung. Ist natürlich nicht gerade eine deutsche
Spezialität, hier schätzt man mehr, wenn man der Meinung des
Vaters/Lehrers/Vorgesetzten, und diese ebenso, beipflichtet, was immer
dieses Verb bedeuten mag.

Aber im angelsächsischen Bildungsbereich hat man institutionalisierte
dialektische Kampfspiele an Schulen und Unis, in denen man seine
Meinungsstärke trainieren und beweisen kann. Das gehörte in der
griechisch-römischen Antike als Schulfach zur Ausbildung der Jugend,
soweit sie in Politik, Militär und Rechtssystem ihre Zukunft sah.
--
Roland Franzius
Jakob Achterndiek
2017-08-13 12:50:29 UTC
Permalink
Post by Roland Franzius
Post by Jakob Achterndiek
Womöglich gelten große Religionsführer als meinungsstärker
denn Schriftführer von Kaninchenzuchtvereinen.
Wenn jemand nierenschwach ist, dann verschreibt ihm der Doktor
ein passendes Medikament; vielleicht hilft's! Aber nierenstark -
gips sowas überhaupt? Und woran merkt man das?
Wenn jemand meinungsschwach ist, auch dagegen gibt es viele,
viele Mittelchen, vom Wort zum Sonntag über die BILDzeitung bis
zur Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin; manchmal hilft's.
Aber meinungsstark - doch, das gips auch. Solche Leute kennt
man sogar: Man nennt sie Querulanten.
Meinungsstark nennt man Leute mit ausgeprägter Willensstärke beim
Durchsetzen ihrer Meinung. Ist natürlich nicht gerade eine deutsche
Spezialität, hier schätzt man mehr, wenn man der Meinung des
Vaters/Lehrers/Vorgesetzten, und diese ebenso, beipflichtet, was immer
dieses Verb bedeuten mag.
Aber im angelsächsischen Bildungsbereich hat man institutionalisierte
dialektische Kampfspiele an Schulen und Unis, in denen man seine
Meinungsstärke trainieren und beweisen kann. Das gehörte in der
griechisch-römischen Antike als Schulfach zur Ausbildung der Jugend,
soweit sie in Politik, Militär und Rechtssystem ihre Zukunft sah.
Man muß dabei nicht nur die ethnisch-kulturelle, sondern auch eine
historische Dimension betrachten. In der deutschen Geschichte der
letzten 200 Jahre war die Epochenvielfalt größer als bei fast allen
Nachbarn. Da ergab sich Meinungsvielfalt schon dadurch, daß sowohl das
jeweils Neue als auch das jeweils Alte Parteigänger forderte und fand.
Das bot genügend Felder, substantiell und qualitativ unterschiedliche
Meinungsstärken zu beweisen: vom kaisertreuen Hurra-Patriotismus über
republikanischen Gesinnungseifer zu völkischer Gefolgschaftstreue bis zu
proletarischer Parteidisziplin. Nur in der kurzen Episode der
Bundesrepublik Deutschland zwischen Adenauer und Kohl mit ihrer noch
unverfestigten Leitkultur hatte Meinung keinen festen Ankergrund.
Deshalb wurde hier nach 1949 das alte Schulaufsatz-Schema zum Beweis von
Meinungsstärke ("Quís, quid, cúr, contrá, simile^ét paradígmata,
téstes") abgelöst durch den dialektischen Besinnungsaufsatz. Dieser
forderte zu jedem Thema immer zwei Meinungen, eine dafür, eine dagegen,
die als Ersatz für eine gesicherte Überzeugung, aber dafür jetzt beide
mit Meinungsstärke, vertreten werden mußten. Die gesamte gegenwärtige
Politikergeneration* verdankt dieser Ausbildung ihre unleugbare**
politische Kompetenz!

* Bis auf die Bundeskanzlerin. Die hat parteidiszipliniert noch Diamat
und Histomat gelernt.
** Für meinungsstarke Leute, die das bestreiten, hat Christian Stöcker,
Kognitionspsychologe und Professor an der Hochschule für Angewandte
Wissenschaften Hamburg, erst vor wenigen Tagen das neue Fachwort
"Leugnist" geprägt.
<http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/scheibenwelt-was-wir-von-flacherdlern-lernen-koennen-a-1162461.html>
--
j/\a
Bernd Schwegmann
2017-08-14 10:42:31 UTC
Permalink
Post by Roland Franzius
Meinungsstark nennt man Leute mit ausgeprägter Willensstärke beim
Durchsetzen ihrer Meinung. Ist natürlich nicht gerade eine deutsche
Spezialität, hier schätzt man mehr, wenn man der Meinung des
Vaters/Lehrers/Vorgesetzten, und diese ebenso, beipflichtet, was immer
dieses Verb bedeuten mag.
Aber im angelsächsischen Bildungsbereich hat man institutionalisierte
dialektische Kampfspiele an Schulen und Unis, in denen man seine
Meinungsstärke trainieren und beweisen kann. Das gehörte in der
griechisch-römischen Antike als Schulfach zur Ausbildung der Jugend,
soweit sie in Politik, Militär und Rechtssystem ihre Zukunft sah.
weshalb das griechische und das britische Reich die Jahrtausende
überdauert haben!

SCNR
BS+
U***@web.de
2017-08-14 10:50:54 UTC
Permalink
Moin,
Post by Bernd Schwegmann
Post by Roland Franzius
Aber im angelsächsischen Bildungsbereich hat man institutionalisierte
dialektische Kampfspiele an Schulen und Unis, in denen man seine
Meinungsstärke trainieren und beweisen kann. Das gehörte in der
griechisch-römischen Antike als Schulfach zur Ausbildung der Jugend,
soweit sie in Politik, Militär und Rechtssystem ihre Zukunft sah.
weshalb das griechische und das britische Reich die Jahrtausende
überdauert haben!
Beim angelsächsischen Reich gab es eine
gewisse transatlantische Schwerpunktverlagerung.

Moot Courts entsprechen im neuen Schwerpunkt
aber durchaus der Ausbildungstradition.

Gruß, ULF
x***@gmail.com
2017-08-14 13:00:51 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Bernd Schwegmann
Post by Roland Franzius
Aber im angelsächsischen Bildungsbereich hat man institutionalisierte
dialektische Kampfspiele an Schulen und Unis, in denen man seine
Meinungsstärke trainieren und beweisen kann. Das gehörte in der
griechisch-römischen Antike als Schulfach zur Ausbildung der Jugend,
soweit sie in Politik, Militär und Rechtssystem ihre Zukunft sah.
weshalb das griechische und das britische Reich die Jahrtausende
überdauert haben!
Beim angelsächsischen Reich gab es eine
gewisse transatlantische Schwerpunktverlagerung.
Moot Courts entsprechen im neuen Schwerpunkt
aber durchaus der Ausbildungstradition.
Die Convente einer jeglichen studentischen Korporation
sind geeignet, das Debattieren zu erlernen.
Da geht es auch um Juristisches, zB das Verhängen
bundesinterner Strafen. Das kann bis zum BVerfG
gehen - so hatte jemand prüfen lassen, ob die
Dimissio oder Exclusio cum infamia grundgesetzkompatibel wäre:
Im Ergebnis mußten alle Bünde diese Strafe aus ihren
Comments streichen.

FR

x***@gmail.com
2017-08-13 17:14:58 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by x***@gmail.com
Post by U***@web.de
Womöglich die Fähigkeit, eigene Ansichten in der
Bevölkerung zu multiplizieren.
Der Multiplikator ist ein stehender Begriff in der Werbe- und
PR-Branche,
auch bei politischer Bildung
Die Zentralen für polit. Bildung sind nüscht anderes als
dilettantisch aufgezogene PR-Einrichtungen - verweise auf
das unlesbare Organ "Das Parlament".

FR
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