Discussion:
Genusbezug
(zu alt für eine Antwort)
Gunhild Simon
2016-10-21 06:09:06 UTC
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"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
https://rottweil.wordpress.com/2015/12/27/safranski-merkels-naive-asylmoral-infantil/

Ich finde Possessivpronomen "ihre" falsch.

Ich würde den Bezug zu Deutschland,n., nicht
Nation,f., herstellen:

"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."

Kann man wählen? Gibt es eine Regel?

Gruß
Gunhild
Roland Franzius
2016-10-21 06:53:30 UTC
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Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
https://rottweil.wordpress.com/2015/12/27/safranski-merkels-naive-asylmoral-infantil/
Ich finde Possessivpronomen "ihre" falsch.
Ich würde den Bezug zu Deutschland,n., nicht
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."
Kann man wählen? Gibt es eine Regel?
Das ist einfach ein Bezugsfehler (oder eine englische
Muttersprachlerin). Nicht die Nation in der Apposition sondern das
Subjekt bestimt das Geschlecht des Possessivpronomens im Objekt.

Ich stutze auch jedesmal wieder über Germany, she.

Das ist insofern für Englischsprechende schwer, weil es eigentlich keine
vernünftigen Sätze außerhalb der Geschichts- und Sozialwisschenschaften
gibt, in denen Ländernamen mit Artikel benutzt werden: "das Deutschland,
das ich mir wünsche"

Im Englischen gilt die Grundregel, dass jedes Objekt, das wahnsinnig
viel Geld kostet, dauend nervt, häufig nicht anspringt, mehr Probleme
verursacht als löst und das Mann eben desto über alles liebt, ein
weibliches grammtisches Geschlecht hat, also zB Vaterländer (patriae?),
Ferraris, Katamarane und Viermaster.
--
Roland Franzius
Gunhild Simon
2016-10-21 07:33:00 UTC
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Post by Roland Franzius
Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
https://rottweil.wordpress.com/2015/12/27/safranski-merkels-naive-asylmoral-infantil/
Ich finde Possessivpronomen "ihre" falsch.
Ich würde den Bezug zu Deutschland,n., nicht
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."
Kann man wählen? Gibt es eine Regel?
Das ist einfach ein Bezugsfehler (oder eine englische
Muttersprachlerin). Nicht die Nation in der Apposition sondern das
Subjekt bestimmt das Geschlecht des Possessivpronomens im Objekt.
Safranski ist Deutsch- Muttersprachler.
Das spricht also für Bezugsfehler.

Gibt es eine Regel, die besagt, daß das Genus
des Wortes, das zuerst genannt wurde und dem
eine eine Apposition folgt, für das Genus des
Possessivums bestimmend ist?

Ist das im Englischen, Französischen oder ...
anders?

Gruß
Gunhild
Jakob Achterndiek
2016-10-21 10:03:40 UTC
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Post by Gunhild Simon
Post by Roland Franzius
Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
https://rottweil.wordpress.com/2015/12/27/safranski-merkels-naive-asylmoral-infantil/
Ich finde Possessivpronomen "ihre" falsch.
Ich würde den Bezug zu Deutschland,n., nicht
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."
Kann man wählen? Gibt es eine Regel?
Das ist einfach ein Bezugsfehler (oder eine englische
Muttersprachlerin). Nicht die Nation in der Apposition sondern das
Subjekt bestimmt das Geschlecht des Possessivpronomens im Objekt.
Safranski ist Deutsch- Muttersprachler.
Das spricht also für Bezugsfehler.
[..]
Wer sich das Vergnügen macht, das ganze Interview aufmerksam
zu lesen, der wird feststellen, daß Safranski die Souveränität
als eine Angelegenheit der Vernunft und des Geistes betrachtet,
die er nicht einem Land als einem Territorium oder einer Verwal-
tungseinheit zuordnet, sondern immer nur der Nation, die diese
Verwaltungseinheit konstituiert. Der als falsch empfundene Bezug
scheint demnach genau so gewollt.

In dem zitierten Satz ist aber "Deutschland" ungenau als ein zur
"deutschen Nation" gleichbedeutender Begriff gebraucht. Für die
Verwendung in einem Buch sollte das korrigiert werden. In dem
Interview erscheint es mir entschuldbar als ad hoc formulierte
Einleitung zum Versuch, die vorher sehr knapp formulierte Antwort
("Es herrscht in der Politik eine moralistische Infanti­lisierung.")
weniger knapp zu erläutern.
--
j/\a
Roland Franzius
2016-10-21 10:17:59 UTC
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Post by Gunhild Simon
Post by Roland Franzius
Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
https://rottweil.wordpress.com/2015/12/27/safranski-merkels-naive-asylmoral-infantil/
Ich finde Possessivpronomen "ihre" falsch.
Ich würde den Bezug zu Deutschland,n., nicht
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."
Kann man wählen? Gibt es eine Regel?
Das ist einfach ein Bezugsfehler (oder eine englische
Muttersprachlerin). Nicht die Nation in der Apposition sondern das
Subjekt bestimmt das Geschlecht des Possessivpronomens im Objekt.
Safranski ist Deutsch- Muttersprachler.
Das spricht also für Bezugsfehler.
Gibt es eine Regel, die besagt, daß das Genus
des Wortes, das zuerst genannt wurde und dem
eine eine Apposition folgt, für das Genus des
Possessivums bestimmend ist?
Ist das im Englischen, Französischen oder ...
anders?
Man kann von der strengen Regel

- der subjekt prädikatiert sein objekt -

abweichen

- der subjekt als <rolle> prädikatiert ihr objekt - ,

wenn die Apposition ein natürliches Geschlecht hat, das vom Genus des
subjekt abweicht und dies für die Vorgänge um prädikat eine Rolle spielt.

"Mein Land als Institution mit ihren Konsulaten gewährt mir seinen
Schutz im Ausland"

aber

"Mein Schatz als Korrekturleserin gab ihren Senf dazu".
--
Roland Franzius
Peter J. Holzer
2016-10-22 10:29:20 UTC
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Post by Roland Franzius
Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
vs.
Post by Roland Franzius
Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."
[...]
Post by Roland Franzius
Man kann von der strengen Regel
- der subjekt prädikatiert sein objekt -
abweichen
- der subjekt als <rolle> prädikatiert ihr objekt - ,
wenn die Apposition ein natürliches Geschlecht hat, das vom Genus des
subjekt abweicht und dies für die Vorgänge um prädikat eine Rolle spielt.
Für mich klingt das falsch.
Post by Roland Franzius
"Mein Schatz als Korrekturleserin gab ihren Senf dazu".
Ich würde hier "Mein Schatz als Korrekturleserin gab seinen Senf dazu"
deutlich bevorzugen.

Außerdem sehe ich nicht, weshalb das natürliche Geschlecht des Schatzes
eine Rolle für das Senfdazugeben spielt.

hp, seinen Senf dazugebend
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Martin Gerdes
2016-10-22 17:54:13 UTC
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Post by Peter J. Holzer
Post by Roland Franzius
Man kann von der strengen Regel
- der subjekt prädikatiert sein objekt -
abweichen
- der subjekt als <rolle> prädikatiert ihr objekt - ,
wenn die Apposition ein natürliches Geschlecht hat, das vom Genus des
subjekt abweicht und dies für die Vorgänge um prädikat eine Rolle spielt.
Für mich klingt das falsch.
Ist es ja auch. Die Wörter "Subjekt" und "Objekt" sind Neutra und das
Wort "prädikatieren" ist zumindest ungewöhnlich, wenn nicht gleich ad
hoc erfunden. Wenn bei Google erstmal eine Seite (skriptgesteuerter)
Fundstellen zu Konjugationstabellen kommt, liegt dieser Verdacht nahe.
Post by Peter J. Holzer
Post by Roland Franzius
"Mein Schatz als Korrekturleserin gab ihren Senf dazu".
Ich würde hier "Mein Schatz als Korrekturleserin gab seinen Senf dazu"
deutlich bevorzugen.
Ich nicht.

Den Satz "Das Mädchen zog ihre Schuhe aus." halte ich für unauffällig.

In beiden Sätzen überwiegt für mich das natürliche Geschlecht -- das
andererseits weder "Deutschland" noch "Nation" aufzuweisen haben.

Mir kommt andererseits ein Satz wie der folgende komisch vor:

"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es für
durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für die
Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Rüdiger Silberer
2016-10-23 13:38:12 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Den Satz "Das Mädchen zog ihre Schuhe aus." halte ich für unauffällig.
In beiden Sätzen überwiegt für mich das natürliche Geschlecht -- das
andererseits weder "Deutschland" noch "Nation" aufzuweisen haben.
"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es für
durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für die
Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Firmen werden sehr oft in femininer Form bezeichnet, da es sich dabei
oft um Gesellschaften (KG, GmbH, AG) handelt. Und die Gesellschaft ist
eben feminin.
--
Aufs Hilfloseste wird man in ihr hin und her geschwemmt, und wenn man
glaubt, man habe endlich eine Regel zu fassen bekommen, die im tosenden
Aufruhr der zehn Wortarten festen Boden zum Verschnaufen verspricht,
blättert man um und liest:
"Der Lernende merke sich die folgenden Ausnahmen." - Mark Twain -
Martin Gerdes
2016-10-23 22:35:58 UTC
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Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
Den Satz "Das Mädchen zog ihre Schuhe aus." halte ich für unauffällig.
In beiden Sätzen überwiegt für mich das natürliche Geschlecht -- das
andererseits weder "Deutschland" noch "Nation" aufzuweisen haben.
"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es für
durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für die
Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Firmen werden sehr oft in femininer Form bezeichnet
Ach!

Das ist mir nicht neu, dennoch sind normalerweise Frauenrechte für
juristische Personen kein Thema.
Rüdiger Silberer
2016-10-25 21:16:11 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
Den Satz "Das Mädchen zog ihre Schuhe aus." halte ich für unauffällig.
In beiden Sätzen überwiegt für mich das natürliche Geschlecht -- das
andererseits weder "Deutschland" noch "Nation" aufzuweisen haben.
"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es für
durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für die
Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Firmen werden sehr oft in femininer Form bezeichnet
Ach!
In der Tat.
Post by Martin Gerdes
Das ist mir nicht neu, dennoch sind normalerweise Frauenrechte für
juristische Personen kein Thema.
Dann verstehe ich Deine Kritik nicht.
--
Aufs Hilfloseste wird man in ihr hin und her geschwemmt, und wenn man
glaubt, man habe endlich eine Regel zu fassen bekommen, die im tosenden
Aufruhr der zehn Wortarten festen Boden zum Verschnaufen verspricht,
blättert man um und liest:
"Der Lernende merke sich die folgenden Ausnahmen." - Mark Twain -
Martin Gerdes
2016-10-27 20:13:25 UTC
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Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es für
durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für die
Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Firmen werden sehr oft in femininer Form bezeichnet
Ach!
In der Tat.
Post by Martin Gerdes
Das ist mir nicht neu, dennoch sind normalerweise Frauenrechte für
juristische Personen kein Thema.
Dann verstehe ich Deine Kritik nicht.
Den Eindruck habe ich auch.
Oliver Cromm
2016-10-30 21:01:37 UTC
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Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es für
durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für die
Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Firmen werden sehr oft in femininer Form bezeichnet
Ach!
In der Tat.
Post by Martin Gerdes
Das ist mir nicht neu, dennoch sind normalerweise Frauenrechte für
juristische Personen kein Thema.
Dann verstehe ich Deine Kritik nicht.
Eine AG sollte sich nicht in ihrer gesellschaftlichen Anerkennung
zurückgesetzt fühlen, weil sie bei einem generischen Maskulinum
"Anteilseigner" nur "mitgemeint" sei.
--
Strategy: A long-range plan whose merit cannot be evaluated
until sometime after those creating it have left the organization.
Rüdiger Silberer
2016-10-31 20:44:37 UTC
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Post by Oliver Cromm
Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
Post by Rüdiger Silberer
Post by Martin Gerdes
"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es für
durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für die
Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Firmen werden sehr oft in femininer Form bezeichnet
Ach!
In der Tat.
Post by Martin Gerdes
Das ist mir nicht neu, dennoch sind normalerweise Frauenrechte für
juristische Personen kein Thema.
Dann verstehe ich Deine Kritik nicht.
Eine AG sollte sich nicht in ihrer gesellschaftlichen Anerkennung
zurückgesetzt fühlen, weil sie bei einem generischen Maskulinum
"Anteilseigner" nur "mitgemeint" sei.
Nur, daß das eben falsch ist. Feminismus hin oder her. Eine AG ist eine
Gesellschaft und die ist grammatisch weiblich.
--
Aufs Hilfloseste wird man in ihr hin und her geschwemmt, und wenn man
glaubt, man habe endlich eine Regel zu fassen bekommen, die im tosenden
Aufruhr der zehn Wortarten festen Boden zum Verschnaufen verspricht,
blättert man um und liest:
"Der Lernende merke sich die folgenden Ausnahmen." - Mark Twain -
Roland Franzius
2016-10-26 13:11:45 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Peter J. Holzer
Post by Roland Franzius
Man kann von der strengen Regel
- der subjekt prädikatiert sein objekt -
abweichen
- der subjekt als <rolle> prädikatiert ihr objekt - ,
wenn die Apposition ein natürliches Geschlecht hat, das vom Genus
des subjekt abweicht und dies für die Vorgänge um prädikat eine
Rolle spielt.
Für mich klingt das falsch.
Ist es ja auch. Die Wörter "Subjekt" und "Objekt" sind Neutra und
das Wort "prädikatieren" ist zumindest ungewöhnlich, wenn nicht
gleich ad hoc erfunden. Wenn bei Google erstmal eine Seite
(skriptgesteuerter) Fundstellen zu Konjugationstabellen kommt, liegt
dieser Verdacht nahe.
Post by Peter J. Holzer
Post by Roland Franzius
"Mein Schatz als Korrekturleserin gab ihren Senf dazu".
Ich würde hier "Mein Schatz als Korrekturleserin gab seinen Senf
dazu" deutlich bevorzugen.
Ich nicht.
Den Satz "Das Mädchen zog ihre Schuhe aus." halte ich für
unauffällig.
In beiden Sätzen überwiegt für mich das natürliche Geschlecht -- das
andererseits weder "Deutschland" noch "Nation" aufzuweisen haben.
"Die Allianz AG ist die größte Anteilseignerin an xx." Ich halte es
für durchaus verzichtbar, daß sich der Feminismus dieses Landes für
die Frauenrechte der Allianz AG einsetzt.
Heute titelt SpiOn
Post by Martin Gerdes
Pakistan Polizei nimmt "Mädchen mit den grünen Augen" fest
Eine Aufnahme des Fotografen Steve McCurry machte sie weltberühmt.
Nun wurde das afghanische "Mädchen mit den grünen Augen" in Pakistan
festgenommen. Ihm drohen bis zu 14 Jahre Gefängnis.
Interpretiert man etwas irritiert als Gefängnis fürs den Mädchen und
nicht den Fotografen.
--
Roland Franzius
Peter J. Holzer
2016-10-26 14:20:48 UTC
Permalink
Post by Roland Franzius
Post by Martin Gerdes
Post by Peter J. Holzer
Post by Roland Franzius
"Mein Schatz als Korrekturleserin gab ihren Senf dazu".
Ich würde hier "Mein Schatz als Korrekturleserin gab seinen Senf
dazu" deutlich bevorzugen.
Ich nicht.
Den Satz "Das Mädchen zog ihre Schuhe aus." halte ich für
unauffällig.
[...]
Post by Roland Franzius
Heute titelt SpiOn
Post by Martin Gerdes
Pakistan Polizei nimmt "Mädchen mit den grünen Augen" fest
Eine Aufnahme des Fotografen Steve McCurry machte sie weltberühmt.
Nun wurde das afghanische "Mädchen mit den grünen Augen" in Pakistan
festgenommen. Ihm drohen bis zu 14 Jahre Gefängnis.
Interpretiert man etwas irritiert als Gefängnis fürs den Mädchen und
Warum "den Mädchen"? "Ihm" passt doch zum Neutrum.
Post by Roland Franzius
nicht den Fotografen.
So ist es ja auch gemeint.

hp
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Bertel Lund Hansen
2016-10-21 10:40:51 UTC
Permalink
Post by Gunhild Simon
Gibt es eine Regel, die besagt, daß das Genus
des Wortes, das zuerst genannt wurde und dem
eine eine Apposition folgt, für das Genus des
Possessivums bestimmend ist?
Ich glaube ja.
Post by Gunhild Simon
Ist das im Englischen, Französischen oder ...
anders?
Charles pretending to be a cleaning woman took his/her ...

Es gibt kein Zweifel, dass es "his" sein muss.

Im Dänischen gibt es das Problem gar nicht, weil wir in beiden
Fällen "sin" benutzen".


Nebenfrage:
Ich konnte mir nicht erinnern, ob "es gibt kein Zweifel" oder "Es
gibt keinen Zweifel" richtig ist. Eine Duden-Prüfung erlaubt
beide, und beide geben mehrere Treffer bei einer Googlesuche.
--
Bertel, Dänemark
Diedrich Ehlerding
2016-10-21 11:48:13 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Ich konnte mir nicht erinnern, ob "es gibt kein Zweifel" oder "Es
gibt keinen Zweifel" richtig ist. Eine Duden-Prüfung erlaubt
beide, und beide geben mehrere Treffer bei einer Googlesuche.
Es heißt "der Zweifel" - es muss "es gibt keinen Zweifel" heißen; "geben"
braucht einen Akkusativ.

Die Google-Treffer für "kein Zweifel stehen alle im Nominativ. Deine
Verwirrung lönnte daher kommen, dass es auch die Formuierun g gibt: "es
besteht kein Zweifel".

Kurz: es besteht kein Zweifel, dass es "es gibt keinen Zweifel" heißen
muss.
--
pgp-Key (RSA) 1024/09B8C0BD
fingerprint = 2C 49 FF B2 C4 66 2D 93 6F A1 FF 10 16 59 96 F3
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Diedrich Ehlerding
2016-10-21 12:09:25 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Ich konnte mir nicht erinnern, ob "es gibt kein Zweifel" oder "Es
gibt keinen Zweifel" richtig ist. Eine Duden-Prüfung erlaubt
beide, und beide geben mehrere Treffer bei einer Googlesuche.
Es heißt "der Zweifel" - es muss "es gibt keinen Zweifel" heißen; "geben"
braucht einen Akkusativ.

Die Google-Treffer für "kein Zweifel stehen alle im Nominativ. Deine
Verwirrung lönnte daher kommen, dass es auch die Formuierung gibt: "es
besteht kein Zweifel".

Kurz: es besteht kein Zweifel, dass es "es gibt keinen Zweifel" heißen
muss.
--
pgp-Key (RSA) 1024/09B8C0BD
fingerprint = 2C 49 FF B2 C4 66 2D 93 6F A1 FF 10 16 59 96 F3
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Bertel Lund Hansen
2016-10-21 15:11:53 UTC
Permalink
Post by Diedrich Ehlerding
Es heißt "der Zweifel" - es muss "es gibt keinen Zweifel" heißen; "geben"
braucht einen Akkusativ.
Das meinte ich auch, aber ich began zu zweifeln, und Duden halft
mir nicht (Rechtschreibprüfung Online).
Post by Diedrich Ehlerding
Die Google-Treffer für "kein Zweifel stehen alle im Nominativ.
So naiv habe ich nicht gesucht. Versuche mal mit:

"Es gibt kein Zweifel"

und bemerke, dass einige von den Treffern auf ch- oder
de-Domainen liegen.
Post by Diedrich Ehlerding
Deine Verwirrung lönnte daher kommen, dass es auch die
Formuierung gibt: "es besteht kein Zweifel".
Das hätte es können, und ich will mir das merken.
Post by Diedrich Ehlerding
Kurz: es besteht kein Zweifel, dass es "es gibt keinen Zweifel"
heißen muss.
Danke.
--
Bertel, Dänemark
Helmut Richter
2016-10-21 16:06:45 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
"Es gibt kein Zweifel"
und bemerke, dass einige von den Treffern auf ch- oder
de-Domainen liegen.
Post by Diedrich Ehlerding
Deine Verwirrung lönnte daher kommen, dass es auch die
Formuierung gibt: "es besteht kein Zweifel".
Das sind zwei verschiedene "es":

Bei "es gibt" ist "es" das Subjekt und der Zweifel ein Akk-Objekt.
Dieses "es" kann man nicht durch Umstellen des Satzes verschwinden
lassen: "*Heute gibt [es] kein.. Zweifel." ist in beiden Versionen
falsch, wenn das "es" weggelassen wird.

Bei "es besteht" ist "es" nicht das Subjekt und nur dazu da, dass das
Verb an die zweite Stelle kommt. Dieses "es" kann man durch Umstellen
des Satzes verschwinden lassen: "Heute besteht kein Zweifel." Man sieht
im umgestellten Satz, dass der Zweifel das Subjekt ist.
--
Helmut Richter
Bertel Lund Hansen
2016-10-21 17:23:52 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Bei "es gibt" ist "es" das Subjekt und der Zweifel ein Akk-Objekt.
Dieses "es" kann man nicht durch Umstellen des Satzes verschwinden
lassen: "*Heute gibt [es] kein.. Zweifel." ist in beiden Versionen
falsch, wenn das "es" weggelassen wird.
Bei "es besteht" ist "es" nicht das Subjekt und nur dazu da, dass das
Verb an die zweite Stelle kommt. Dieses "es" kann man durch Umstellen
des Satzes verschwinden lassen: "Heute besteht kein Zweifel." Man sieht
im umgestellten Satz, dass der Zweifel das Subjekt ist.
Danke. Das war eine gute Erklärung.
--
Bertel, Dänemark
Martin Gerdes
2016-10-22 09:02:49 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Ich konnte mir nicht erinnern, ob "es gibt kein Zweifel" oder "Es
gibt keinen Zweifel" richtig ist. Eine Duden-Prüfung erlaubt
beide, und beide geben mehrere Treffer bei einer Googlesuche.
Es heißt "der Zweifel" - es muss "es gibt keinen Zweifel" heißen.
Noch.

War nicht gerade erst ein Faden über Sprachwandel?
Bisher lauten die unbestimmten Pronomina im Nominativ "ein, eine, ein",
im Akk. "einen, eine, ein".

Die Deklination der Artikel degeneriert gerade. Viele Leute (vor allem,
aber nicht ausschließlich solche mit Migrationshintergrund) sagen im
Akkusativ: "ein, 'ne, 'nen".
Die Google-Treffer für "kein Zweifel" stehen alle im Nominativ.
Nicht unbedingt. Google scannt auch Foren und Kommentare, und dort kann
dann sehr wohl "Es gibt kein Zweifel" stehen.
Kurz: Es besteht kein Zweifel, dass es "es gibt keinen Zweifel" heißen
muss.
:-)
Heinz Lohmann
2016-10-22 10:25:48 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Die Google-Treffer für "kein Zweifel" stehen alle im Nominativ.
Nicht unbedingt. Google scannt auch Foren und Kommentare, und dort kann
dann sehr wohl "Es gibt kein Zweifel" stehen.
Es gibt für mich kein Zweifel: Die meisten Bremer sagen: "Ich wohne in
Brem."

Das verschleift sich so am Ende ...
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Martin Gerdes
2016-10-22 17:54:13 UTC
Permalink
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Die Google-Treffer für "kein Zweifel" stehen alle im Nominativ.
Nicht unbedingt. Google scannt auch Foren und Kommentare, und dort kann
dann sehr wohl "Es gibt kein Zweifel" stehen.
Es gibt für mich kein Zweifel: Die meisten Bremer sagen: "Ich wohne in
Brem."
Das verschleift sich so am Ende ...
Schon recht, bei der Stadt Em ist das noch deutlicher. Das erklärt das
beschriebene Phänomen aber nicht, denn der Durchschnittsbremer nennt
seine Stadt zwar "Brehm", aber schreibt dennoch "Bremen" auf die Adresse
auf dem Briefumschlag.
Heinz Lohmann
2016-10-23 00:48:37 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Die Google-Treffer für "kein Zweifel" stehen alle im Nominativ.
Nicht unbedingt. Google scannt auch Foren und Kommentare, und dort kann
dann sehr wohl "Es gibt kein Zweifel" stehen.
Es gibt für mich kein Zweifel: Die meisten Bremer sagen: "Ich wohne in
Brem."
Ich muss mich leicht korrigieren:
... sagt: "Ich wohn in Brehm."
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Das verschleift sich so am Ende ...
Schon recht, bei der Stadt Em ist das noch deutlicher. Das erklärt das
beschriebene Phänomen aber nicht, denn der Durchschnittsbremer nennt
seine Stadt zwar "Brehm", aber schreibt dennoch "Bremen" auf die Adresse
auf dem Briefumschlag.
Du meinst sicher Emm, oder?

Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
René Marquardt
2016-10-23 01:10:14 UTC
Permalink
Post by Heinz Lohmann
Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
Siehe Baubenburg, heute Bamberg.
Martin Gerdes
2016-10-23 09:05:17 UTC
Permalink
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Es gibt für mich kein Zweifel: Die meisten Bremer sagen: "Ich wohne in
Brehm."
Schon recht, bei der Stadt Em ist das noch deutlicher.
In Brehm und Em wären übrigens "lange Konsonanten" ein Segen. Bei
"Em"/"Emm" paßte das auch lautlich, aber wie sollte man Brehm schreim?
"Brehm" oder "Brehmm"?
Post by Heinz Lohmann
Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
Hast Du dafür ein aktuelles Beispiel?
Jakob Achterndiek
2016-10-23 09:20:00 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
Hast Du dafür ein aktuelles Beispiel?
MacPommes.
--
j/\a
Heinz Lohmann
2016-10-23 10:12:34 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Es gibt für mich kein Zweifel: Die meisten Bremer sagen: "Ich wohne in
Brehm."
Schon recht, bei der Stadt Em ist das noch deutlicher.
In Brehm und Em wären übrigens "lange Konsonanten" ein Segen. Bei
"Em"/"Emm" paßte das auch lautlich, aber wie sollte man Brehm schreim?
"Brehm" oder "Brehmm"?
Man soll latürnich Brehm schreim.
Ich dachte an die Stadt Emden, deshalb kurzes E: Emm.

Beispiele aus dem Münsteraner Raum:
Gremmdorf (statt Gremmendorf)
Sen'n (statt Senden)
Sen'nhorst
Ein (statt Einen)
Wahndorf (satt Warendorf)

So hat es sich für mich schon vor Jahrzehnten angehört ...
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
Hast Du dafür ein aktuelles Beispiel?
Im Ohr hab ich kurze Sätze wie:
"Es gibt für mich kein Zweifel."
"Ich hab kein Hunger."
"Ich hab kein Lust."
"Mach kein Scheiß!"

Maulfaule Westfalen eben.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Martin Gerdes
2016-10-23 13:18:48 UTC
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Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
In Brehm und Em wären übrigens "lange Konsonanten" ein Segen. Bei
"Em"/"Emm" paßte das auch lautlich, aber wie sollte man Brehm schreim?
"Brehm" oder "Brehmm"?
Man soll latürnich Brehm schreim.
Ich dachte an die Stadt Emden, deshalb kurzes E: Emm.
Gremmdorf (statt Gremmendorf)
Sen'n (statt Senden)
Sen'nhorst
Sennhòòst?
Post by Heinz Lohmann
Ein (statt Einen)
Wahndorf (satt Warendorf)
... dòòf
Post by Heinz Lohmann
So hat es sich für mich schon vor Jahrzehnten angehört ...
Mag sein.
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
Hast Du dafür ein aktuelles Beispiel?
"Es gibt für mich kein Zweifel."
"Ich hab kein Hunger."
"Ich hab kein Lust."
"Mach kein Scheiß!"
Maulfaule Westfalen eben.
Das hatten wir oben schon. Ich beobachte vor allem in Foren, daß der
unbestimmte Artikel im Akkusativ von "einen, eine, ein" zu "ein, ne,
nen" degeneriert. Noch ist das nicht schriftsprachlich, aber der Duden
sucht bekanntlich immer neue Wörter, auf daß die jeweils nächste Ausgabe
noch dicker werde.
Heinz Lohmann
2016-10-24 01:11:46 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
In Brehm und Em wären übrigens "lange Konsonanten" ein Segen. Bei
"Em"/"Emm" paßte das auch lautlich, aber wie sollte man Brehm schreim?
"Brehm" oder "Brehmm"?
Man soll latürnich Brehm schreim.
Ich dachte an die Stadt Emden, deshalb kurzes E: Emm.
Und an welche Stadt dachtest du?
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Gremmdorf (statt Gremmendorf)
Sen'n (statt Senden)
Sen'nhorst
Sennhòòst?
Interessant ist die Konsonantenlängung, die ähnlich wie im Japanischen
gesprochen wird.
Ich weiß nicht, wofür die Akzente òò stehen, aber im MS-Platt wird das r
in -horst durchaus artikuliert, wenn auch anders als im Hochdeutschen.
Da hör ich in der heutigen Umgangssprache eigentlich keinen Unterschied
zum Hochdeutschen.
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Ein (statt Einen)
Wahndorf (satt Warendorf)
... dòòf
Post by Heinz Lohmann
So hat es sich für mich schon vor Jahrzehnten angehört ...
Mag sein.
???
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
Hast Du dafür ein aktuelles Beispiel?
"Es gibt für mich kein Zweifel."
"Ich hab kein Hunger."
"Ich hab kein Lust."
"Mach kein Scheiß!"
Maulfaule Westfalen eben.
Das hatten wir oben schon. Ich beobachte vor allem in Foren, daß der
unbestimmte Artikel im Akkusativ von "einen, eine, ein" zu "ein, ne,
nen" degeneriert. Noch ist das nicht schriftsprachlich, aber der Duden
sucht bekanntlich immer neue Wörter, auf daß die jeweils nächste Ausgabe
noch dicker werde.
Wenn man es in Foren so schreibt, dann ist es zum Teil schon
schriftsprachlich.
Dass die Sprache schon seit mehr als 100 Jahren degeneriert, hatten wir
auch schon mehrmals.

Hab gerade auf SWR2 Aula eine informative Sendung zum Thema
"Verschwörungstheorien" nachgelesen ...
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Sergio Gatti
2016-10-24 07:30:23 UTC
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Post by Heinz Lohmann
Dass die Sprache schon seit mehr als 100 Jahren degeneriert,
hatten wir auch schon mehrmals.
Ich glaube, das steht schon auf einer Papyrusrolle.
Martin Gerdes
2016-10-24 16:06:39 UTC
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Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Gremmdorf (statt Gremmendorf)
Sen'n (statt Senden)
Sen'nhorst
Sennhòòst?
Interessant ist die Konsonantenlängung, die ähnlich wie im Japanischen
gesprochen wird.
Wie wird die Konsonantenlängung denn im Japanischen gesprochen?
Post by Heinz Lohmann
Ich weiß nicht, wofür die Akzente òò stehen,
Der Akzent steht für Öffnung, die Verdopplung für Längung des Vokals.
Post by Heinz Lohmann
aber im MS-Platt wird das r in -horst durchaus artikuliert, wenn
auch anders als im Hochdeutschen.
Da hör ich in der heutigen Umgangssprache eigentlich keinen Unterschied
zum Hochdeutschen.
Aber ich.

Mit postvokalischen r stehen viele Nòòddeutsche auf Kriegsmuß, m.W. auch
die Münsteraner.
Oliver Cromm
2016-10-24 21:43:22 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Ich beobachte vor allem in Foren, daß der
unbestimmte Artikel im Akkusativ von "einen, eine, ein" zu "ein, ne,
nen" degeneriert.
In lockerer Sprache heißt das bei mir "n, ne, n". "Nen" ist für
mich nur für Maskulina möglich, andere benutzen es auch für
Neutra, aber *nur* für Neutra?
--
Performance: A statement of the speed at which a computer system
works. Or rather, might work under certain circumstances. Or was
rumored to be working over in Jersey about a month ago.
Martin Gerdes
2016-10-25 19:24:42 UTC
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Post by Oliver Cromm
Post by Martin Gerdes
Ich beobachte vor allem in Foren, daß der
unbestimmte Artikel im Akkusativ von "einen, eine, ein" zu "ein, ne,
nen" degeneriert.
In lockerer Sprache heißt das bei mir "n, ne, n".
Foren sind aber Schreibe, nicht Sprache.
Post by Oliver Cromm
"Nen" ist für mich nur für Maskulina möglich, andere
benutzen es auch für Neutra, aber *nur* für Neutra?
Lies selber nach :-)
Florian Ritter
2016-10-23 13:44:03 UTC
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Post by Heinz Lohmann
"Es gibt für mich kein Zweifel."
"Ich hab kein Hunger."
"Ich hab kein Lust."
"Mach kein Scheiß!"
Maulfaule Westfalen eben.
Na, die Pommern sind aber auch nicht schlecht.
Im Greifswalder Boddenhus war Tanz und es wurde ein Pärchen
beobachtet - er in Uniform, da keine Zivilerlaubnis im
Kurzurlaub -, dessen einzige Konversation darin bestand,
daß er frug: Wiss Bieä o'r wiss Wein, und sie antwortete:
Nä, Bieä. Danach nichts mehr - FR
Oliver Cromm
2016-10-24 21:43:22 UTC
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Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Es gibt für mich kein Zweifel: Die meisten Bremer sagen: "Ich wohne in
Brehm."
Schon recht, bei der Stadt Em ist das noch deutlicher.
In Brehm und Em wären übrigens "lange Konsonanten" ein Segen. Bei
"Em"/"Emm" paßte das auch lautlich, aber wie sollte man Brehm schreim?
"Brehm" oder "Brehmm"?
Man soll latürnich Brehm schreim.
Ich dachte an die Stadt Emden, deshalb kurzes E: Emm.
Gremmdorf (statt Gremmendorf)
Sieh mal an, das hätte ich als "Grebendorf" interpretiert. Die
würden dann wohl zusammenfallen.
Post by Heinz Lohmann
Sen'n (statt Senden)
Sen'nhorst
Ein (statt Einen)
Wahndorf (satt Warendorf)
So hat es sich für mich schon vor Jahrzehnten angehört ...
Post by Martin Gerdes
Post by Heinz Lohmann
Der Bremer schreibt noch Bremen, denn Ortsnamen sind orthographiefester,
aber bei anderen Wörtern schleicht sich die Verschleifung irgendwann
auch in die Schreibweise.
Hast Du dafür ein aktuelles Beispiel?
"Es gibt für mich kein Zweifel."
"Ich hab kein Hunger."
"Ich hab kein Lust."
"Mach kein Scheiß!"
Maulfaule Westfalen eben.
"... kein~ Hunger" etc. sage ich auch, mit einem leicht gelängten
Konsonanten, ähnlich wie in "Brem~". Aber es bleibt bei "keine
Lust".
--
If the aeroplane industry had advanced at the same rate as the
computer industry, today's planes could circumnavigate the world
in ten seconds, be two inches long, and crash twice a day.
Peter Moylan in alt.usage.english
Ralf Joerres
2016-10-22 21:13:31 UTC
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Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
https://rottweil.wordpress.com/2015/12/27/safranski-merkels-naive-asylmoral-infantil/
Ich finde Possessivpronomen "ihre" falsch.
Ich würde den Bezug zu Deutschland,n., nicht
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."
Kann man wählen? Gibt es eine Regel?
Das mit dem Genus sehe ich so wie Du. Ne Regel weiß ich nicht dazu.

Kleine Anmerkung am Rande: Ich würde ein Possessiv als Begleiter eines
Nomens nicht als Pronomen bezeichnen, aus dem einfachen Grund, weil es
kein Pronomen ist. Possessivpronomen sind Wörter wie 'meins','deiner',
'ihrs' usw., welche in einem Satz die syntaktische Rolle eines Nomens
einnehmen können: Kann ich heute deinen Wagen nehmen? _Meiner_ (=
Subjekt) ist noch in der Werkstatt. Die Formen dieser Pronomen
überschneiden sich weitgehend mit den Formen der begleitenden
Possessiva, aber einige pronominale Formen tauchen unter den
Substantivbegleitern nicht auf.

Letztere werden in Grammatiken unterschiedlich bezeichnet:
Possessivbegleiter, Possessivartikel, possessive Artikelwörter,
possessive Determinanten ... Mit den Artikeln haben sie eine Reihe von
Merkmalen gemeinsam: Sie sind immer nur Teil einer Nominalgruppe, sie
stehen innerhalb der Gruppe an der Kopfposition, sie nehmen teil an
diesem für Ausländer schwer zu beherrschenden Tanz der Genus- und
Kasusmorpheme von Wortart zu Wortart innerhalb der Nominalgruppe; sie
identifizieren und determinieren. Und possessiv = 'besitz'anzeigend sind
sie leider bzw. gottseidank auch nicht, wohl eher zuordnend: unser
(aller) Heimatplanet. Eigentlich sollte man dafür einen neuen Begriff
erfinden, 'Possessivpronomen' führt gleich mehrfach in die Irre.

Irgendwie hat der Begriff etwas vom Möbiusband, er ist ein Paradox: Ein
Wort, das ein Nomen vertritt, also an Stelle des Nomens steht (pro
nomen), welches jedoch noch da ist, obwohl es doch von 'seinem' Pronomen
vertreten wird - schon schwierig irgendwie, sich so etwas vorzustellen.

Aber der Begriff wird munter weiter verwendet, was immer die
Sprachwissenschaft dazu auch sagen mag. Die neueren Grammatiken weisen
jedoch auf das Problem hin, auch Dein Duden unter Randziffer 368.

Jetzt will ich aber erst mal die anderen Postings zu der
Genusbezugsfrage lesen...

Gruß von Ralf Joerres
Gunhild Simon
2016-10-23 12:17:09 UTC
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Post by Ralf Joerres
Post by Gunhild Simon
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
ihre Souveränität verloren."
https://rottweil.wordpress.com/2015/12/27/safranski-merkels-naive-asylmoral-infantil/
Ich finde Possessivpronomen "ihre" falsch.
Ich würde den Bezug zu Deutschland,n., nicht
"Deutschland hat nach 1945 als besiegte ­Nation
_seine_ Souveränität verloren."
Kann man wählen? Gibt es eine Regel?
Das mit dem Genus sehe ich so wie Du. Ne Regel weiß ich nicht dazu.
Kleine Anmerkung am Rande: Ich würde ein Possessiv als Begleiter eines
Nomens nicht als Pronomen bezeichnen, aus dem einfachen Grund, weil es
kein Pronomen ist. Possessivpronomen sind Wörter wie 'meins','deiner',
'ihrs' usw., welche in einem Satz die syntaktische Rolle eines Nomens
einnehmen können: Kann ich heute deinen Wagen nehmen? _Meiner_ (=
Subjekt) ist noch in der Werkstatt. Die Formen dieser Pronomen
überschneiden sich weitgehend mit den Formen der begleitenden
Possessiva, aber einige pronominale Formen tauchen unter den
Substantivbegleitern nicht auf.
Possessivbegleiter, Possessivartikel, possessive Artikelwörter,
possessive Determinanten ... Mit den Artikeln haben sie eine Reihe von
Merkmalen gemeinsam: Sie sind immer nur Teil einer Nominalgruppe, sie
stehen innerhalb der Gruppe an der Kopfposition, sie nehmen teil an
diesem für Ausländer schwer zu beherrschenden Tanz der Genus- und
Kasusmorpheme von Wortart zu Wortart innerhalb der Nominalgruppe; sie
identifizieren und determinieren. Und possessiv = 'besitz'anzeigend sind
sie leider bzw. gottseidank auch nicht, wohl eher zuordnend: unser
(aller) Heimatplanet. Eigentlich sollte man dafür einen neuen Begriff
erfinden, 'Possessivpronomen' führt gleich mehrfach in die Irre.
Irgendwie hat der Begriff etwas vom Möbiusband, er ist ein Paradox: Ein
Wort, das ein Nomen vertritt, also an Stelle des Nomens steht (pro
nomen), welches jedoch noch da ist, obwohl es doch von 'seinem' Pronomen
vertreten wird - schon schwierig irgendwie, sich so etwas vorzustellen.
Aber der Begriff wird munter weiter verwendet, was immer die
Sprachwissenschaft dazu auch sagen mag. Die neueren Grammatiken weisen
jedoch auf das Problem hin, auch Dein Duden unter Randziffer 368.
Ja,...

da gebe ich Dir aus vollem Herzen recht.

Zuerst stand da sogar "das Possessiv".

Ich habe es geändert, weil es mir so abgehoben
klang.

Auch de Überlegungen, die nach Deinen Ausführungen
die Sprachwissenschaft angestellt hat, habe ich vor
langer Zeit selbst in einem Artikel veröffentlicht -
allerdings ohne daß ich sie gedeckt wußte.

Ich habe es vielleicht kurzerhand Possessivadjektiv
genannt. Finde den Beitrag* aber nicht mehr.
Ich fand auch die Endung -iv(um) sprach dafür.
Ich übersetze sie als "anzeigend, verfügend über":
z.B
Substantiv = Substanz, Übergeordnetes anzeigend
Adjektiv = Angefügtes anzeigend
attributiv = zugeordnet, Bezogenheit anzeigend

Ich war damals unsicher, weil ich mich zu einer
derartigen Überlegung erkühnt hatte.

Schönen Sonntag!
Gunhild

* Falls CT mitliest, kann er vielleicht eine
Fundstelle angeben.
Helmut Richter
2016-10-23 14:12:52 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Possessivbegleiter, Possessivartikel, possessive Artikelwörter,
possessive Determinanten ... Mit den Artikeln haben sie eine Reihe von
Merkmalen gemeinsam: Sie sind immer nur Teil einer Nominalgruppe, sie
stehen innerhalb der Gruppe an der Kopfposition, sie nehmen teil an
diesem für Ausländer schwer zu beherrschenden Tanz der Genus- und
Kasusmorpheme von Wortart zu Wortart innerhalb der Nominalgruppe; sie
identifizieren und determinieren.
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere. Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
--
Helmut Richter
Helmut Richter
2016-10-23 14:20:28 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Possessivbegleiter, Possessivartikel, possessive Artikelwörter,
possessive Determinanten ... Mit den Artikeln haben sie eine Reihe von
Merkmalen gemeinsam: Sie sind immer nur Teil einer Nominalgruppe, sie
stehen innerhalb der Gruppe an der Kopfposition, sie nehmen teil an
diesem für Ausländer schwer zu beherrschenden Tanz der Genus- und
Kasusmorpheme von Wortart zu Wortart innerhalb der Nominalgruppe; sie
identifizieren und determinieren.
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere. Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
Das scheinen dieselben Adjektive zu sein, die man besser nicht
prädikativ verwendet:

*Diese Frage ist zentral. (wie von Gunhild kürzlich als unpassend erkannt)
*Mein Freund Jacques ist französisch.
*Der Tag, an dem ich das tat, war gestrig.
--
Helmut Richter
Ralf Joerres
2016-10-23 15:04:00 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Possessivbegleiter, Possessivartikel, possessive Artikelwörter,
possessive Determinanten ... Mit den Artikeln haben sie eine Reihe von
Merkmalen gemeinsam: Sie sind immer nur Teil einer Nominalgruppe, sie
stehen innerhalb der Gruppe an der Kopfposition, sie nehmen teil an
diesem für Ausländer schwer zu beherrschenden Tanz der Genus- und
Kasusmorpheme von Wortart zu Wortart innerhalb der Nominalgruppe; sie
identifizieren und determinieren.
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere. Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
Das scheinen dieselben Adjektive zu sein, die man besser nicht
*Diese Frage ist zentral. (wie von Gunhild kürzlich als unpassend erkannt)
*Mein Freund Jacques ist französisch.
*Der Tag, an dem ich das tat, war gestrig.
Nein, das ist etwas anderes, da geht es (in der Duden-Terminologie)
um den Unterschied zwischen 'qualifizierenden' und 'relationalen'
Adjektiven - gibt's da im Englischen nicht auch analoge Unterschiede
bei den Relativpronomen? Mir schwant da sowas ... Damit hab ich mich
noch nie beschäftigt, scheint aber auch eine wichtige Unterscheidung
zu sein, denn relationale Adjektive können normalerweise kein
Subjektsprädikativ sein: ?dieses Land ist afrikanisch, ?die Befragung
war polizeilich, ?diese Frage ist technisch. Dieselbe Einschränkung
scheint für Zahlwörter zu gelten, die überwiegend als Adj. aufgefasst
werden (aber: Ihrer Hühner waren drei), für indefinite Artikel
(viele, zahlreiche, manche, etliche...) und überhaupt für die Artikel,
außer fürs Possessivum, wenn man sich der Duden-Auffassung
anschließt.

Gruß Ralf Joerres
Stefan Ram
2016-10-23 16:29:22 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
relationale Adjektive können normalerweise kein
Subjektsprädikativ sein: ?dieses Land ist afrikanisch, ?die Befragung
war polizeilich, ?diese Frage ist technisch.
Ich empfinde diese Gebräuche nicht als falsch, nur als
selten (markiert). Man muß so etwas vielleicht einfach
nur in einen plausiblen Kontext einbinden:

A: Er muß ja keine Angaben zur Person machen, ich meine,
solange es keine /polizeiliche/ Befragung ist.

B: Die Befragung /war/ polizeilich!

A: Man kann aber nun doch nicht sagen, daß das Christentum
eine "afrikanische Religion" sei. Schließlich stammt Jesus
aus /Nigeria/.

B: Nigeria /ist/ afrikanisch!

u. s. w.
Ralf Joerres
2016-10-26 18:57:03 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
relationale Adjektive können normalerweise kein
Subjektsprädikativ sein: ?dieses Land ist afrikanisch, ?die Befragung
war polizeilich, ?diese Frage ist technisch.
Ich empfinde diese Gebräuche nicht als falsch, nur als
selten (markiert). Man muß so etwas vielleicht einfach
A: Er muß ja keine Angaben zur Person machen, ich meine,
solange es keine /polizeiliche/ Befragung ist.
B: Die Befragung /war/ polizeilich!
A: Man kann aber nun doch nicht sagen, daß das Christentum
eine "afrikanische Religion" sei. Schließlich stammt Jesus
aus /Nigeria/.
B: Nigeria /ist/ afrikanisch!
Schöne Beispiele, nur: Mit Kontrastbetonung im dazugehörigen Kontext
kann man alle möglichen Sätze konstruieren, die unter anderen Umständen
nicht als korrekt gelten würden. Das hatte ich auch geschrieben: 'Können
normalerweise kein Subjektsprädikativ sein.' Der Kontext ist quasi
metasprachlich: 'Die Befragung _war_ polizeilich ist zu verstehen als:
Es handelte sich um eine Befragung, die man korrekterweise eine
'polizeiliche Befragung' nennen kann. Mit Metasprache kann man eine
ganze Menge von Paradoxien erzeugen, damit will ich sagen: Sobald man
zwischen sprachlicher Meta- und Objektebene hin-und herspringt, sind
Dinge möglich, die normalerweise nicht möglich sind.

Ich möchte das nicht weiter ausführen, sondern das Ganze abkürzen und
sagen: In einigermaßen normalem Deutsch müsste der erste von Dir
konstruierte Satz lauten: (mündlich:) Es *handelte* [= betont] sich aber
um eine polizeiliche Befragung; oder: Es *war* aber eine polizeiliche
Befragung; (schriftlich:) Es handelte sich sehr wohl um eine
polizeiliche Befragung (o.ä.). Ein solcher Inhalt wird, das ist richtig,
häufig so formuliert, wie Du es konstruiert hast; wenn ich derjenige
'Sprecher wäre, wäre ich mir allerdings dessen bewusst, dass es ein
nicht ganz korrektes Deutsch ist sondern nur eine Art echoartige, zwar
praktische, aber halb übers Knie gebrochene Verkürzung. Der Satz soll
bedeuten: Deine Annahme, dass es sich um keine polizeiliche Befragung
gehandelt haben könnte, muss ich zurückweisen: Die Befragung wurde nun
wirklich von der Polizei durchgeführt. Da das lächerlich umständlich
ist, greift man gerne zu derart holzfällerartigen Verkürzungen.

Ich würde einem Deutsch lernenden Ausländer nicht sagen: 'polizeilich'
kann ganz so wie die meisten anderen Adjektive prädikativ eingesetzt
werden. Ich würde Sätze wie die von Dir konstruierten nicht als typische
deutsche Sätze in eine Grammatik zur Beschreibung der deutschen Sprache
aufnehmen, sondern allenfalls mit * und Fußnote als Sonderfälle darauf
verweisen, und auch das nur in einem Anfall von Hyper-Perfektionismus.

Gruß Ralf Joerres
Peter J. Holzer
2016-10-26 19:58:37 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
relationale Adjektive können normalerweise kein
Subjektsprädikativ sein: ?dieses Land ist afrikanisch, ?die Befragung
war polizeilich, ?diese Frage ist technisch.
Ich empfinde diese Gebräuche nicht als falsch, nur als
selten (markiert). Man muß so etwas vielleicht einfach
A: Er muß ja keine Angaben zur Person machen, ich meine,
solange es keine /polizeiliche/ Befragung ist.
B: Die Befragung /war/ polizeilich!
[...]
Post by Ralf Joerres
In einigermaßen normalem Deutsch müsste der erste von Dir
konstruierte Satz lauten: (mündlich:) Es *handelte* [= betont] sich aber
um eine polizeiliche Befragung; oder: Es *war* aber eine polizeiliche
Befragung; (schriftlich:) Es handelte sich sehr wohl um eine
polizeiliche Befragung (o.ä.). Ein solcher Inhalt wird, das ist richtig,
häufig so formuliert, wie Du es konstruiert hast;
Ich muss hier Stefan zustimmen. Wenn eine "häufige" Formulierung[1] nicht
als "einigermaßen normales Deutsch" gilt, dann stimmt etwas mit der
Definition von "normal" nicht.
Post by Ralf Joerres
wenn ich derjenige 'Sprecher wäre, wäre ich mir allerdings dessen
bewusst, dass es ein nicht ganz korrektes Deutsch ist sondern nur eine
Art echoartige, zwar praktische, aber halb übers Knie gebrochene
Verkürzung. Der Satz soll bedeuten: Deine Annahme, dass es sich um
keine polizeiliche Befragung gehandelt haben könnte, muss ich
zurückweisen: Die Befragung wurde nun wirklich von der Polizei
durchgeführt. Da das lächerlich umständlich ist,
... ist Deine Definition von "ganz korrektem Deutsch" vielleicht wenig
praxistauglich, und jedenfalls nicht identisch mit "normalem Deutsch".
Post by Ralf Joerres
greift man gerne zu derart holzfällerartigen Verkürzungen.
So funktioniert halt normale Sprache.
Post by Ralf Joerres
Ich würde einem Deutsch lernenden Ausländer nicht sagen: 'polizeilich'
kann ganz so wie die meisten anderen Adjektive prädikativ eingesetzt
werden.
Ich wiederum würde ihm nicht sagen, dass 'polizeilich'·nicht so
eingesetzt werden kann. Oder zumindest erst dann, wenn er die vielen
anderen Stolpersteine, die die deutsche Sprache einem in den Weg legt,
gemeistert hat, und sich muttersprachlichem Niveau annähert. Davor halte
ich das für ein ziemlich irrelevantes Detail. Dann aber ist die einfache
Regel "geht nicht" auch falsch, denn manchmal geht es ja doch.

hp

[1] Ausnahme: Zitate und Redewendungen.
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Ralf Joerres
2016-10-27 03:59:05 UTC
Permalink
Post by Peter J. Holzer
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
relationale Adjektive können normalerweise kein
Subjektsprädikativ sein: ?dieses Land ist afrikanisch, ?die Befragung
war polizeilich, ?diese Frage ist technisch.
Ich empfinde diese Gebräuche nicht als falsch, nur als
selten (markiert). Man muß so etwas vielleicht einfach
A: Er muß ja keine Angaben zur Person machen, ich meine,
solange es keine /polizeiliche/ Befragung ist.
B: Die Befragung /war/ polizeilich!
[...]
Post by Ralf Joerres
In einigermaßen normalem Deutsch müsste der erste von Dir
konstruierte Satz lauten: (mündlich:) Es *handelte* [= betont] sich aber
um eine polizeiliche Befragung; oder: Es *war* aber eine polizeiliche
Befragung; (schriftlich:) Es handelte sich sehr wohl um eine
polizeiliche Befragung (o.ä.). Ein solcher Inhalt wird, das ist richtig,
häufig so formuliert, wie Du es konstruiert hast;
Ich muss hier Stefan zustimmen. Wenn eine "häufige" Formulierung[1] nicht
als "einigermaßen normales Deutsch" gilt, dann stimmt etwas mit der
Definition von "normal" nicht.
Das ist richtig, ich hab mich da ungeschickt ausgedrückt,mir fällt im
Moment keine bessere Formulierung ein.
Post by Peter J. Holzer
Post by Ralf Joerres
wenn ich derjenige 'Sprecher wäre, wäre ich mir allerdings dessen
bewusst, dass es ein nicht ganz korrektes Deutsch ist sondern nur eine
Art echoartige, zwar praktische, aber halb übers Knie gebrochene
Verkürzung. Der Satz soll bedeuten: Deine Annahme, dass es sich um
keine polizeiliche Befragung gehandelt haben könnte, muss ich
zurückweisen: Die Befragung wurde nun wirklich von der Polizei
durchgeführt. Da das lächerlich umständlich ist,
... ist Deine Definition von "ganz korrektem Deutsch" vielleicht wenig
praxistauglich, und jedenfalls nicht identisch mit "normalem Deutsch".
Post by Ralf Joerres
greift man gerne zu derart holzfällerartigen Verkürzungen.
So funktioniert halt normale Sprache.
Schon wahr.
Post by Peter J. Holzer
Post by Ralf Joerres
Ich würde einem Deutsch lernenden Ausländer nicht sagen: 'polizeilich'
kann ganz so wie die meisten anderen Adjektive prädikativ eingesetzt
werden.
Ich wiederum würde ihm nicht sagen, dass 'polizeilich'·nicht so
eingesetzt werden kann. Oder zumindest erst dann, wenn er die vielen
anderen Stolpersteine, die die deutsche Sprache einem in den Weg legt,
gemeistert hat, und sich muttersprachlichem Niveau annähert. Davor halte
ich das für ein ziemlich irrelevantes Detail. Dann aber ist die einfache
Regel "geht nicht" auch falsch, denn manchmal geht es ja doch.
Nun gut, richtigerweise könnte es dann heißen: Kann nur in ganz
speziellen Kontexten ausnahmsweise auch prädikativ verwendet werden.

Ich hoffe, mit fällt da mal ein besseres Beispiel ein für 'zwar häufig
gesagt, aber dennoch im Grunde 'falsch'.

Gruß Ralf Joerres
Stefan Ram
2016-10-27 04:18:27 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Das ist richtig, ich hab mich da ungeschickt ausgedrückt,mir fällt im
Moment keine bessere Formulierung ein.
Jetzt sind natürlich noch die Korpuszitate unvermeidlich,
wie konnte ich das nur bei meiner ersten Antwort vergessen!

Also, ich habe nach prädikativem "polizeilich" und "afrikanisch"
gesucht:

"Das Gesicht war zwar etwas afrikanisch; aber ihre ..."

"Belphegor", Johann Karl Wezel

Die Lemma "polizeilich" und "afrikanisch" sind ja nun
allgemein nicht so häufig. Entsprechend fand ich diesmal
auch nur /einen/ Treffer in meinem Korpus, in dem eines der
beiden pradikativ verwendet wurde.

Johann Karl Wezel (auch: "Carl"; * 31. Oktober 1747 in
Sondershausen; + 28. Januar 1819 ebenda) war ein deutscher
Dichter, Schriftsteller und Pädagoge.
Christian Weisgerber
2016-10-23 20:23:08 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Nein, das ist etwas anderes, da geht es (in der Duden-Terminologie)
um den Unterschied zwischen 'qualifizierenden' und 'relationalen'
Adjektiven - gibt's da im Englischen nicht auch analoge Unterschiede
bei den Relativpronomen? Mir schwant da sowas ...
Es gibt restriktive und nichtrestriktive Relativsätze. Die gibt es
im Deutschen wie im Englischen. Im Englischen spricht man aber
darüber, weil es einen Unterschied für die Zeichensetzung macht:
nichtrestriktive Relativsätze werden mit Komma abgetrennt, restriktive
nicht, was Mehrdeutigkeit und Missverständnisse vermeidet. Im
Deutschen kümmert das niemanden. Deutschsprecher sind aber besessen
von der sonst in dieser Gründlichkeit nur für Grammatikforscher
interessanten Frage, welche Wörter als Substantive einzustufen sind.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Martin Gerdes
2016-10-24 16:06:38 UTC
Permalink
Deutschsprecher sind aber besessen von der sonst in dieser
Gründlichkeit nur für Grammatikforscher interessanten Frage,
welche Wörter als Substantive einzustufen sind.
Das ist ja wohl naheliegend. Im Deutschen schreibt man Substantive groß,
die Frage, ob ein Wort ein Substantiv ist oder nicht, betrifft somit
jeden Alltagsschreiber.

In fast allen anderen Sprachen schreibt man Substantive so klein wie
alle anderen Wörter. Es kann nicht groß verwundern, daß es in diesen
Sprachen nur Spezialisten interessiert, ob ein Wort ein Substantiv ist
oder nicht.
Bertel Lund Hansen
2016-10-24 16:50:42 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
In fast allen anderen Sprachen schreibt man Substantive so klein wie
alle anderen Wörter. Es kann nicht groß verwundern, daß es in diesen
Sprachen nur Spezialisten interessiert, ob ein Wort ein Substantiv ist
oder nicht.
Korrekt. Der Alltagsdäne beschäftigt sich nur mit wichtigen
Sachen.
--
Bertel, Dänemark
Ralf Joerres
2016-10-26 18:58:49 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Ralf Joerres
Nein, das ist etwas anderes, da geht es (in der Duden-Terminologie)
um den Unterschied zwischen 'qualifizierenden' und 'relationalen'
Adjektiven - gibt's da im Englischen nicht auch analoge Unterschiede
bei den Relativpronomen? Mir schwant da sowas ...
Es gibt restriktive und nichtrestriktive Relativsätze. Die gibt es
im Deutschen wie im Englischen. Im Englischen spricht man aber
nichtrestriktive Relativsätze werden mit Komma abgetrennt, restriktive
nicht, was Mehrdeutigkeit und Missverständnisse vermeidet. Im
Deutschen kümmert das niemanden. Deutschsprecher sind aber besessen
von der sonst in dieser Gründlichkeit nur für Grammatikforscher
interessanten Frage, welche Wörter als Substantive einzustufen sind.
Danke für den Tipp,ich les' dann dazu mal'n bisschen rum...

Grüße: Ralf Joerres
Ralf Joerres
2016-10-23 14:41:54 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Possessivbegleiter, Possessivartikel, possessive Artikelwörter,
possessive Determinanten ... Mit den Artikeln haben sie eine Reihe von
Merkmalen gemeinsam: Sie sind immer nur Teil einer Nominalgruppe, sie
stehen innerhalb der Gruppe an der Kopfposition, sie nehmen teil an
diesem für Ausländer schwer zu beherrschenden Tanz der Genus- und
Kasusmorpheme von Wortart zu Wortart innerhalb der Nominalgruppe; sie
identifizieren und determinieren.
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere.
Ja genau, da gibt's noch relative, interrogative und indefinite
Artikelwörter und Pronomen.
Post by Helmut Richter
Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
Ja. Ist im Detail ziemlich schwer abzugrenzen, aber es scheint so
etwas wie eine determinierende und/oder generalisierende Basisfunktion
zu geben, die eher von den 'Determinern' getragen wird als von den Adj.

Im Fall der Possessiva scheint es im Deutschen noch komplizierter zu
sein, als ich weiter oben geschrieben hatte, Fälle wie 'wenn dein Kuli
nicht schreibt, nimm einfach _meinen_' wertet die Duden-Grammatik als
elliptische Ausdrucksweise für 'meinen Kuli' und 'meinen' als Artikel.
Auch bei 'Wem gehört der Mantel? - Das ist meiner' könnte 'meiner'
als Kurzform von 'mein Mantel' und also als Artikel aufgefasst werden.
Der Duden geht so weit, anzunehmen, dass es im Deutschen kein Possessivpronomen "im engen Sinn" gebe (Aufl. 2006 S. 287). Für mich
selbst lasse ich das dahingestellt, es ist einer der vielen Fälle von
Mehrfach-Interpretierbarkeit. Bzw. so genau will ich das jetzt auch
wieder nicht wissen. Nur dass Artikel und Adjektive zwei essentiell
verschiedene Wortarten mit sich sehr voneinander unterscheidenden
Leistungen sind, scheint mir auf der Hand zu liegen, und dass
Pronomen ihrem Wesen nach Stellvertreterwörter für Nominalgruppen
sind, auch.

Grüße: Ralf Joerres
Stefan Ram
2016-10-23 16:05:24 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
nicht schreibt, nimm einfach _meinen_' wertet die Duden-Grammatik als
elliptische Ausdrucksweise für 'meinen Kuli' und 'meinen' als Artikel.
Ich hatte hier wohl schon einmal erklärt, daß ich denke, daß
eine Grammatik die Sprache so beschreiben muß wie die Sprache ist.

Wenn man sagt, daß ein Text eine Ellipse für einen anderen
Text sei, so mag dies zum Verständnis der Entstehungsgeschichte
der Form des ersten Textes tatsächlich dienlich sein; die
Grammatik muß jedoch das interpretieren, was gesagt wurde,
ohne etwas hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde. Eine
gute Grammatik kann »Nimm meinen.« so erklären, wie es dasteht.
Sie weist »Nimm«, »meinen« und ».« grammatische Kategorien zu und
gibt Regeln an, welche jene spezielle Kombination »Nimm meinen.«
erlauben und ihr einen Sinn geben. Eine Grammatik, die das nicht
kann, ist nicht vollständig.
Ralf Joerres
2016-10-26 19:14:44 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
nicht schreibt, nimm einfach _meinen_' wertet die Duden-Grammatik als
elliptische Ausdrucksweise für 'meinen Kuli' und 'meinen' als Artikel.
Ich hatte hier wohl schon einmal erklärt, daß ich denke, daß
eine Grammatik die Sprache so beschreiben muß wie die Sprache ist.
Wenn man sagt, daß ein Text eine Ellipse für einen anderen
Text sei, so mag dies zum Verständnis der Entstehungsgeschichte
der Form des ersten Textes tatsächlich dienlich sein; die
Grammatik muß jedoch das interpretieren
ja genau: interpretieren
Post by Stefan Ram
, was gesagt wurde,
ohne etwas hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde.
Ich kann mir keine Interpretation welcher Art auch immer vorstellen, die
einfach nur den simplen Wortlaut repliziert. Es wird immer etwas
hinzu-gesagt.
Post by Stefan Ram
Eine
gute Grammatik
Was wird jetzt wohl kommen?
Post by Stefan Ram
kann »Nimm meinen.« so erklären, wie es dasteht.
Sie weist »Nimm«, »meinen« und ».« grammatische Kategorien zu
... über die sich Generationen von Grammatikern in den Haaren gelegen
haben und liegen, und wenn man zu einer von ihnen greift, 'erklärt' man
den Satz so, wie er dasteht? Echt jetzt?
Post by Stefan Ram
und
gibt Regeln an, welche jene spezielle Kombination »Nimm meinen.«
erlauben und ihr einen Sinn geben. Eine Grammatik, die das nicht
kann, ist nicht vollständig.
Ich muss gestehen, ich bin verwirrt.

Gruß Ralf Joerres
Stefan Ram
2016-10-26 21:48:52 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Eine gute Grammatik
Was wird jetzt wohl kommen?
kann »Nimm meinen.« so erklären, wie es dasteht.
Sie weist »Nimm«, »meinen« und ».« grammatische Kategorien zu
... über die sich Generationen von Grammatikern in den Haaren gelegen
haben und liegen, und wenn man zu einer von ihnen greift, 'erklärt' man
den Satz so, wie er dasteht? Echt jetzt?
Die Sprache ist, was Muttersprachler sagen (wobei man noch
gewisse Freiheiten hat, was man als "pathologisch" aus
seinem Korpus ausschließen will).

Eine Grammatik ist ein daraus gewonnenes Regelsystem,
das kürzer sein sollte als einfach nur die Auflistung all
dessen, was Muttersprachler je gesagt haben. Es gibt viele
verschiedene mögliche Grammatiken zu einer Sprache.

Ein Grammatik soll die Frage beantworten: "Würde ein
Muttersprachler¹ das so sagen?". Darüber kann man vor allem
streiten. Die Zuweisung von Kategorien ist doch nur ein
Werkzeug zu diesem Zweck, das von unterschiedlichen
Grammatiken unterschiedlich aufgebaut werden kann.

Daher sollte man nicht über die "Richtigkeit" von Kategorien
streiten, sondern darüber, ob eine Grammatik insgesamt
möglichst viele Äußerungen, die Muttersprachler¹ als korrekt
ansehen, ebenfalls als korrekt ansieht, und möglichst viele
Äußerungen, die Muttersprachler¹ als falsch ansehen,
ebenfalls als falsch ansieht. (¹: "Muttersprachler" sind
hier dann im wesentlichen die Autoren der Grammatik.)

Für mich gibt es nicht "die Grammatik" des Deutschen;
eine Grammatik ist für mich ein konkreter Text, der von
einem konkreten Autor geschrieben wurde.
Post by Ralf Joerres
und gibt Regeln an, welche jene spezielle Kombination »Nimm
meinen.« erlauben und ihr einen Sinn geben. Eine Grammatik,
die das nicht kann, ist nicht vollständig.
Ich muss gestehen, ich bin verwirrt.
Ein gute Grammatik ist so genau, daß sie verwendet werden
kann, um ein Computerprogramm zu schreiben, das einen Text
entgegennimmt, und dann entweder ausgibt "Deutsch" oder
"kein Deutsch", und dies möglichst oft mit der Einschätzung
von Muttersprachlern (dem Autor der Grammatik) übereinstimmt.

Ich will eine Grammatik, die bei der Umsetzung als
Computerprogramm für die Eingabe

Nimm meinen!

ausgibt

Deutsch

und dann bestenfalls noch mit Kategorien und Kombinations-
regeln (vereinfacht, ad-hoc):

"Nimm": Imperativ Singular des Transitiv-Verbs "nehmen".

"meinen": Akkusativ-Demonstrativpronomen.

Regel: Verbalphrase >
Transitiv-Imperativform + Akkusativ-Nominalphrase
Transitiv-Imperativform "Nimm"
Akkusativ-Nominalphrase "meinen"

Regel: Akkusativ-Nominalphrase > Akkusativ-Pronomen
Regel: Akkusativ-Pronomen > Akkusativ-Demonstrativpronoment
Regel: Akkusativ-Demonstrativpronomen >> "meinen"

Regel: Satz > Verbalphrase + Endzeichen
Verbalphrase > "Nimm meinen"
Endzeichen >> "."

Die Grammatik soll also Regeln enthalten, die "Nimm meinen!"
bereits so, wie es dasteht, als Deutsch erkennen, nicht als
etwas, das erst noch einer Ergänzung bedarf, um Deutsch zu sein.
(Denn dann müßte - da die Ergänzung hier fehlt - ja erscheinen
"kein Deutsch").

Ja, ich würde "meinen" in diesem Fall als
Demonstrativpronomen ansehen, aber entscheidend ist,
ob am Ende rauskommt "Deutsch" oder "kein Deutsch".

Wie so eine maschinelle Analyse etwas realistischer (unter
Berücksichtigung der Mehrdeutigkeit der Kategorisierung
einer Wortform) und im Detail aussehen kann, findest Du
beispielsweise in [Hausser86].

[Hausser86]
Lecture Notes in Computer Science Vol.231
NEWCAT, Parsing Natural Language Using Left-Associative Grammar
Roland Hausser
ISBN: 3-540-16781-1; Springer; 1986; Berlin, New York
Jakob Achterndiek
2016-10-27 18:25:03 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
[..]
Ein gute Grammatik ist so genau, daß sie verwendet werden
kann, um ein Computerprogramm zu schreiben, das einen Text
entgegennimmt, und dann entweder ausgibt "Deutsch" oder
"kein Deutsch", und dies möglichst oft mit der Einschätzung
von Muttersprachlern (dem Autor der Grammatik) übereinstimmt.
[..]
Da sollte man - wie in der Frage der Okkupanten-Integration -
ein bißchen Flexibilität und wechselseitiges Entgegenkommen
walten lassen: Wenn es gar zu teuer wird, den Computer das
verstehen zu lassen, dann muß eben die Sprache ein bißchen
"harmonisiert" werden. In der Ruhrkohle war man dazumal schon
ziemlich weit: "Kumpel, gib mich mal der Mottek!" Einen
vielversprechenden Neuanfang markiert das bekanntgewordene
"Ich mach dich Krankenhaus!"
--
j/\a
Ralf Joerres
2016-10-28 01:25:58 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Eine gute Grammatik
Was wird jetzt wohl kommen?
kann »Nimm meinen.« so erklären, wie es dasteht.
Sie weist »Nimm«, »meinen« und ».« grammatische Kategorien zu
... über die sich Generationen von Grammatikern in den Haaren gelegen
haben und liegen, und wenn man zu einer von ihnen greift, 'erklärt' man
den Satz so, wie er dasteht? Echt jetzt?
Die Sprache ist, was Muttersprachler sagen (wobei man noch
gewisse Freiheiten hat, was man als "pathologisch" aus
seinem Korpus ausschließen will).
Eine Grammatik ist ein daraus gewonnenes Regelsystem,
das kürzer sein sollte als einfach nur die Auflistung all
dessen, was Muttersprachler je gesagt haben. Es gibt viele
verschiedene mögliche Grammatiken zu einer Sprache.
Ein Grammatik soll die Frage beantworten: "Würde ein
Muttersprachler¹ das so sagen?". Darüber kann man vor allem
streiten. Die Zuweisung von Kategorien ist doch nur ein
Werkzeug zu diesem Zweck, das von unterschiedlichen
Grammatiken unterschiedlich aufgebaut werden kann.
Ich würde dem im Ansatz folgen.

Wenn ich recht verstehe, wäre *eine* denkbare Weise, Grammatik zu
betreiben, die Entwicklung eines Regelapparats, der hineingefütterte
Sätze grob gesagt zutreffenderweise in 'richtige' und 'falsche'
sortiert. Die zu diesem Zweck konstruierten Begrifflichkeiten sollen vor
allem im Ergebnis funktionieren.

Vorliegende Grammatiken unterscheiden sich nach meinem Verständnis von
einem solchen Ansatz vor allem dadurch, dass sie _erklären_ wollen, wie
Sprache funktioniert. Die dabei entwickelten Begriffe wollen
weitreichend (erklärungsmächtig) sein. Es wäre schon mal gut, wenn man
ein Nomen zuverlässig definieren könnte, aber es stellt sich heraus,
dass man die einmal gefundenen Nomen weiter unterteilen muss, um besser
erklären zu können, z.B. in 'zählbare' und 'nicht-zählbare', in
'abstrakt' und 'konkret', in Eigennamen und Gattungsnamen und in viele
weitere Untergruppen. Diese Kategorien werden mit Hilfe von Modellen
entwickelt, die der menschlichen Intuition zugänglich sind. Dadurch sind
sie möglicherweise weniger maschinengerecht, aber man kann so besser
damit und darüber kommunizieren. Und es soll im Ergebnis alles
zusammenpassen, es sollen sich nicht zu viele Widersprüche ergeben, das
ganze Beschreibungssystem soll in sich konsistent sein.
Post by Stefan Ram
Daher sollte man nicht über die "Richtigkeit" von Kategorien
streiten
Das wird sich nicht vermeiden lassen: Welche Nomen-Definition sortiert
aus vorliegenden Texten die Nomen zuverlässiger aus, welche Aussagen
über das Funktionieren von Nomen in Sätzen treffen überhaupt zu, und
gerate ich durch konkurrierende Begriffe wie die Definitionen der
anderen Wortarten nicht in Widersprüche? Und angesichts der Diskussionen
über Groß- und Kleinschreibung oder anhand von Sätzen wie 'Ein Nein ist
ein Nein' sieht man, dass die Konstruktion der Kategorie 'Nomen' nicht
trivial ist.
Post by Stefan Ram
sondern darüber, ob eine Grammatik insgesamt
möglichst viele Äußerungen, die Muttersprachler¹ als korrekt
ansehen, ebenfalls als korrekt ansieht, und möglichst viele
Äußerungen, die Muttersprachler¹ als falsch ansehen,
ebenfalls als falsch ansieht. (¹: "Muttersprachler" sind
hier dann im wesentlichen die Autoren der Grammatik.)
Für mich gibt es nicht "die Grammatik" des Deutschen;
eine Grammatik ist für mich ein konkreter Text, der von
einem konkreten Autor geschrieben wurde.
Post by Ralf Joerres
und gibt Regeln an, welche jene spezielle Kombination »Nimm
meinen.« erlauben und ihr einen Sinn geben. Eine Grammatik,
die das nicht kann, ist nicht vollständig.
Ich muss gestehen, ich bin verwirrt.
Ein gute Grammatik ist so genau, daß sie verwendet werden
kann, um ein Computerprogramm zu schreiben, das einen Text
entgegennimmt, und dann entweder ausgibt "Deutsch" oder
"kein Deutsch", und dies möglichst oft mit der Einschätzung
von Muttersprachlern (dem Autor der Grammatik) übereinstimmt.
Das ist *eine*, allerdings gangbare und interessante Möglichkeit. Es
gibt weitere gute Grammatiken, wenn man 'Grammatik' nicht willkürlich
auf Computerisierbarkeit einengen will.
Post by Stefan Ram
Ich will eine Grammatik, die bei der Umsetzung als
Computerprogramm für die Eingabe
Nimm meinen!
ausgibt
Deutsch
und dann bestenfalls noch mit Kategorien und Kombinations-
"Nimm": Imperativ Singular des Transitiv-Verbs "nehmen".
"meinen": Akkusativ-Demonstrativpronomen.
Demonstrativpronomen? Das wäre 'Nimm den da' + mit Finger drauf zeigen.
Post by Stefan Ram
Regel: Verbalphrase >
Transitiv-Imperativform + Akkusativ-Nominalphrase
Transitiv-Imperativform "Nimm"
Akkusativ-Nominalphrase "meinen"
Regel: Akkusativ-Nominalphrase > Akkusativ-Pronomen
Regel: Akkusativ-Pronomen > Akkusativ-Demonstrativpronoment
Regel: Akkusativ-Demonstrativpronomen >> "meinen"
Regel: Satz > Verbalphrase + Endzeichen
Verbalphrase > "Nimm meinen"
Endzeichen >> "."
Die Grammatik soll also Regeln enthalten, die "Nimm meinen!"
bereits so, wie es dasteht, als Deutsch erkennen, nicht als
etwas, das erst noch einer Ergänzung bedarf, um Deutsch zu sein.
Da scheinen mir Probleme zu liegen - wenn man bis dahin mitgegangen ist.
Das Sätzchen soll nicht nur 'Deutsch' (= richtig) sein, sondern auch
verständlich. Eine erste 'Ergänzung' wäre, dass das Pronomen 'meinen'
sprecherbezogen ist. Eine weitere, dass es sich auf eine vorgängige
Äußerung beziehen muss, um korrekt zu sein, und dass der Inhalt von
'meinen' in diesem Satz nur mit Hilfe des Vorgängersatzes zu erfassen
ist. Eine weitere, dass aus dem Repertoire der Möglichkeiten, um die
Sprechhandlung 'Einladung' in diesem Kontext vorzunehmen ('hier!' +
Schlüssel hinhalten, 'nimm doch einfach meinen', 'du kannst gerne meinen
nehmen', 'warum nimmst du nicht meinen?', 'willst du meinen haben?'...)
eine bestimmte ausgewählt wurde, die hinsichtlich 'Höflichkeit',
'Freundlichkeit', 'Nachdrücklichkeit', man könnte auch sagen:
hinsichtlich der beteiligten Gefühle der einladenden Person in
bestimmter Weise beeinflusst und dadurch in breitem Rahmen
interpretationsfähig ist.
Post by Stefan Ram
(Denn dann müßte - da die Ergänzung hier fehlt - ja erscheinen
"kein Deutsch").
Ja, ich würde "meinen" in diesem Fall als
Demonstrativpronomen ansehen, aber entscheidend ist,
ob am Ende rauskommt "Deutsch" oder "kein Deutsch".
Wie so eine maschinelle Analyse etwas realistischer (unter
Berücksichtigung der Mehrdeutigkeit der Kategorisierung
einer Wortform) und im Detail aussehen kann, findest Du
beispielsweise in [Hausser86].
[Hausser86]
Lecture Notes in Computer Science Vol.231
NEWCAT, Parsing Natural Language Using Left-Associative Grammar
Roland Hausser
ISBN: 3-540-16781-1; Springer; 1986; Berlin, New York
Okay, ich weiß jetzt, was Du Dir unter einer 'guten Grammatik'
vorstellst. Der Ansatz ist wie gesagt interessant, aber in der Umsetzung
sehr technisch und daher wenig einladend, um darüber zu kommunizieren,
was einerseits schade ist. Andererseits bleibt einem
Durchschnittsmenschen damit wie in vielen anderen Lebensbereichen wenig
anderes übrig, als zur Kenntnis zu nehmen, dass die Computerlinguistik
ein ingenieurhaftes Eigenleben führt, das wenig zugänglich ist, jedoch
bereits eine Vielzahl von Produkten bis hin zu Siri hervorgebracht hat,
die via Computer, Internet und Smartphone tief in unseren Alltag
eingedrungen sind und von denen wir zunehmend abhängiger werden, ohne
doch im Mindesten mitreden zu können. Ärzte bemühen sich ja inzwischen
dem Anspruch nach, sich ihren Patienten ein wenig verständlich zu
machen. Vielleicht wird die Computerlinguistik sich auch einmal dazu
herablassen.

Gruß Ralf Joerres
Stefan Ram
2016-10-28 03:04:22 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Ein Grammatik soll die Frage beantworten: "Würde ein
Muttersprachler¹ das so sagen?". Darüber kann man vor allem
Ich würde dem im Ansatz folgen.
Wobei es letztendlich auch immer etwas Sprachfindung
des Autors der Grammatik ist. In Grenzfällen entscheidet er.
Post by Ralf Joerres
Wenn ich recht verstehe, wäre *eine* denkbare Weise, Grammatik zu
betreiben, die Entwicklung eines Regelapparats, der hineingefütterte
Sätze grob gesagt zutreffenderweise in 'richtige' und 'falsche'
sortiert. Die zu diesem Zweck konstruierten Begrifflichkeiten sollen vor
allem im Ergebnis funktionieren.
Vielleicht muß man auch über eine "Fuzzy"-Klassifikation
nachdenken: von "mit 99prozentiger Bejahung Deutsch" bis
zu "mit 1prozentiger Bejahung Deutsch". Damit könnte man
dann solche Varianten wie das "Kiezdeutsch" besser
klassifizieren als nur mit "Ja" oder "Nein".
Post by Ralf Joerres
Das wird sich nicht vermeiden lassen: Welche Nomen-Definition sortiert
aus vorliegenden Texten die Nomen zuverlässiger aus, welche Aussagen
über das Funktionieren von Nomen in Sätzen treffen überhaupt zu, und
gerate ich durch konkurrierende Begriffe wie die Definitionen der
anderen Wortarten nicht in Widersprüche?
Ich kann mir vorstellen, daß es auch Grammatiken des
Deutschen gibt, die das Wort "Nomen" gar nicht enthalten.

Im Register von Helbig/Buscha (1996) finde ich "Nomen"
jedenfalls nicht (nur "Nomen actionis" und "Nomen agentis").

Wortarten gibt es ja nicht absolut, sondern nur als Teil
einer bestimmten Grammatik.
Post by Ralf Joerres
verständlich. Eine erste 'Ergänzung' wäre, dass das Pronomen 'meinen'
sprecherbezogen ist. Eine weitere, dass es sich auf eine vorgängige
Äußerung beziehen muss, um korrekt zu sein, und dass der Inhalt von
'meinen' in diesem Satz nur mit Hilfe des Vorgängersatzes zu erfassen
ist.
Ein Handwerker auf Wanderschaft kommt an einem kleinen
Gehöft vorbei, wo er einen Bauern sich mit einem defekten
Hammer abmühen sieht. Das erste, was er zu dem Mann, mit dem
er zuvor nie ein Wort gesprochen hat, sagt, als er ihm
seinen Zimmermannshammer hinhält, ist: "Nimm meinen!".
Post by Ralf Joerres
Okay, ich weiß jetzt, was Du Dir unter einer 'guten Grammatik'
vorstellst.
Ich meinte: gut für eine theoretische Diskussion der
Grammatik als Beschreibung einer Sprache.

Wenn ich eine Fremdsprache lernen will, dann wünsche ich
mir natürlich zum Anfang erst einmal eine möglichst kleine
Lerngrammatik, die nur das Wichtigste enthält.
Post by Ralf Joerres
anderes übrig, als zur Kenntnis zu nehmen, dass die Computerlinguistik
ein ingenieurhaftes Eigenleben führt, das wenig zugänglich ist, jedoch
Die Computerlinguistik ist nicht weniger zugänglich als
viele andere Gebiete auch, aber man muß sich eben die Zeit
nehmen, um ihre Lehrbücher/Texte zu lesen. Es kann sein,
daß jemand in seinem Leben andere Prioritäten setzen will,
als Bücher der Computerlinguistik zu lesen.
Sergio Gatti
2016-10-28 07:35:31 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
anderes übrig, als zur Kenntnis zu nehmen, dass die Computerlinguistik
ein ingenieurhaftes Eigenleben führt, das wenig zugänglich ist, jedoch
Die Computerlinguistik ...
Mein einziger Kontakt mit einer Computerlinguistin war ihre
Frage an eine Mailingliste für _Übersetzer_. Deutsche
Übersetzung ihrer Frage: "Wer kann mir das korrekteste
(italienische) Wort vorschlagen, das den englischen Wörtern
*antler* und *beanbag* entspricht? Es handelt sich um zwei
Wörter, die aus dem Deutschen (sic!) übersetzt wurden, und
zwar gewei und zitzak."

Sollte diese Frage das allgemeine Niveau der
Sprachkenntnisse und der Gedankengänge
(Wort-für-Wort-Übersetzung) von Computerlinguistinnen und
ihren männlichen Mittätern widerspiegeln ... Kein Kommentar!
Christian Weisgerber
2016-10-28 21:07:02 UTC
Permalink
Post by Sergio Gatti
Sollte diese Frage das allgemeine Niveau der
Sprachkenntnisse und der Gedankengänge
(Wort-für-Wort-Übersetzung) von Computerlinguistinnen und
ihren männlichen Mittätern widerspiegeln ... Kein Kommentar!
Gaaanz vorsichtig, Sergio. Du arbeitest doch als Übersetzer. Möchtest
du, dass man deine Arbeit unbesehen nach der deiner Kollegen
beurteilt?
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Sergio Gatti
2016-10-29 09:11:11 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Sergio Gatti
Sollte diese Frage das allgemeine Niveau der
Sprachkenntnisse und der Gedankengänge
(Wort-für-Wort-Übersetzung) von Computerlinguistinnen und
ihren männlichen Mittätern widerspiegeln ... Kein Kommentar!
Gaaanz vorsichtig, Sergio. Du arbeitest doch als Übersetzer. Möchtest
du, dass man deine Arbeit unbesehen nach der deiner Kollegen
beurteilt?
Ich habe wenigstens eine Frage gestellt.
Hast du eine Ahnung, wie viele Leute genau das tun: Die
Arbeit von Übersetzern nach dem gröbsten Schnitzer zu
beurteilen, den sie einmal im Leben gelesen haben?
Oliver Cromm
2016-10-30 21:10:46 UTC
Permalink
Post by Sergio Gatti
Post by Ralf Joerres
anderes übrig, als zur Kenntnis zu nehmen, dass die Computerlinguistik
ein ingenieurhaftes Eigenleben führt, das wenig zugänglich ist, jedoch
Die Computerlinguistik ...
Mein einziger Kontakt mit einer Computerlinguistin war ihre
Frage an eine Mailingliste für _Übersetzer_. [...]
Du hattest hier aber schon auch Kontakt mit mir.
--
Bug:
An elusive creature living in a program that makes it incorrect.
The activity of "debugging," or removing bugs from a program, ends
when people get tired of doing it, not when the bugs are removed.
Roland Franzius
2016-10-30 21:20:42 UTC
Permalink
Post by Oliver Cromm
Post by Sergio Gatti
Mein einziger Kontakt mit einer Computerlinguistin war ihre
Frage an eine Mailingliste für _Übersetzer_. [...]
Du hattest hier aber schon auch Kontakt mit mir.
Da stimmt das natürliche Geschlecht beim Kontakt semantisch nicht so ganz.
--
Roland Franzius
Oliver Cromm
2016-10-31 16:33:53 UTC
Permalink
Post by Roland Franzius
Post by Oliver Cromm
Post by Sergio Gatti
Mein einziger Kontakt mit einer Computerlinguistin war ihre
Frage an eine Mailingliste für _Übersetzer_. [...]
Du hattest hier aber schon auch Kontakt mit mir.
Da stimmt das natürliche Geschlecht beim Kontakt semantisch
nicht so ganz.
Ich fühle mich mitgemeint. Ich bin mir sicher, daß das die
richtige Interpretation von Sergios Äußerung war, und sehe in der
von Dir gespürten Dissonanz eine Schwäche der deutschen Sprache.
--
Some things are taken away from you, some you leave behind-and
some you carry with you, world without end.
-- Robert C. Wilson, Vortex (novel), p.31
Sergio Gatti
2016-10-31 17:03:17 UTC
Permalink
Post by Oliver Cromm
Post by Roland Franzius
Post by Oliver Cromm
Post by Sergio Gatti
Mein einziger Kontakt mit einer Computerlinguistin war ihre
Frage an eine Mailingliste für _Übersetzer_. [...]
Du hattest hier aber schon auch Kontakt mit mir.
Da stimmt das natürliche Geschlecht beim Kontakt semantisch
nicht so ganz.
Ich fühle mich mitgemeint. Ich bin mir sicher, daß das die
richtige Interpretation von Sergios Äußerung war, und sehe in der
von Dir gespürten Dissonanz eine Schwäche der deutschen Sprache.
Du hast vollkommen recht. Nicht umsonst hatte ich
hinzugefügt: "... und ihren männlichen Mittätern".
Allerdings wusste ich noch nicht, dass du zu dieser Gruppe
gehörst.
Ich wiederhole es mit leichten Änderungen, damit es auch
Roland und andere verstehen: "Wenn du ein Computerlinguist
bist, hast du schon durch deine Beiträge an DESD mein
schiefes Bild ein bisschen zurechtgerückt."
Und für dich wiederhole ich den Hinweis, dass ich Texte über
Computerlinguistik von dir oder von anderen gerne lesen
möchte, die meine aufgrund eines unglücklichen Treffens mit
einer unwürdigen Angehörigen dieser Spezies entstandenen
Vorurteile noch mehr zerstreuen.
Sergio Gatti
2016-10-31 08:40:09 UTC
Permalink
Post by Oliver Cromm
Post by Sergio Gatti
Post by Ralf Joerres
anderes übrig, als zur Kenntnis zu nehmen, dass die Computerlinguistik
ein ingenieurhaftes Eigenleben führt, das wenig zugänglich ist, jedoch
Die Computerlinguistik ...
Mein einziger Kontakt mit einer Computerlinguistin war ihre
Frage an eine Mailingliste für _Übersetzer_. [...]
Du hattest hier aber schon auch Kontakt mit mir.
Du hattest dich aber noch nicht als einen Computerlinguisten
geoutet.
(Extra für dich: Geoutet ist Neudeutsch. :-( Normal wäre
eher: Du hattest noch nicht verraten, dass du ein
Computerlinguist bist.

Wenn du und - wenn ich seine Reaktion richtig einschätze -
Christian W. Computerlinguisten seid, dann bedanke ich mich
dafür, dass ihr durch eure Beiträge an DESD mein schiefes
Bild ein bisschen zurechtgerückt habt. Wollt ihr noch mehr
dafür tun? Ich lese gerne eure Kommentare oder interessante
Links über den heutigen Stand der Computerlinguistik.
Hinweise könnt ihr auch privat schicken.
Ralf Joerres
2016-10-28 22:02:02 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Ein Grammatik soll die Frage beantworten: "Würde ein
Muttersprachler¹ das so sagen?". Darüber kann man vor allem
Ich würde dem im Ansatz folgen.
Wobei es letztendlich auch immer etwas Sprachfindung
des Autors der Grammatik ist. In Grenzfällen entscheidet er.
Post by Ralf Joerres
Wenn ich recht verstehe, wäre *eine* denkbare Weise, Grammatik zu
betreiben, die Entwicklung eines Regelapparats, der hineingefütterte
Sätze grob gesagt zutreffenderweise in 'richtige' und 'falsche'
sortiert. Die zu diesem Zweck konstruierten Begrifflichkeiten sollen vor
allem im Ergebnis funktionieren.
Vielleicht muß man auch über eine "Fuzzy"-Klassifikation
nachdenken: von "mit 99prozentiger Bejahung Deutsch" bis
zu "mit 1prozentiger Bejahung Deutsch". Damit könnte man
dann solche Varianten wie das "Kiezdeutsch" besser
klassifizieren als nur mit "Ja" oder "Nein".
Naja, dieses ziemlich kaputte Kiezdeutsch auch noch mit irgendwelchen
Verrenkungen unterzubringen hätte ich wenig Bedarf. Aber die Idee einer
abgestuften Sprachrichtigkeit hat was. Fürs erste dürfte allerdings die
Ja-Nein-Sortierung noch genug Herausforderungen bieten, um nicht vor
Langeweile umzukommen.
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Das wird sich nicht vermeiden lassen: Welche Nomen-Definition sortiert
aus vorliegenden Texten die Nomen zuverlässiger aus, welche Aussagen
über das Funktionieren von Nomen in Sätzen treffen überhaupt zu, und
gerate ich durch konkurrierende Begriffe wie die Definitionen der
anderen Wortarten nicht in Widersprüche?
Ich kann mir vorstellen, daß es auch Grammatiken des
Deutschen gibt, die das Wort "Nomen" gar nicht enthalten.
Im Register von Helbig/Buscha (1996) finde ich "Nomen"
jedenfalls nicht (nur "Nomen actionis" und "Nomen agentis").
Wortarten gibt es ja nicht absolut, sondern nur als Teil
einer bestimmten Grammatik.
Ich hab jetzt den Helbig/Buscha nicht hier, aber irgendwelche
Wortartenkategorien wird er haben, und dann logischerweise auch Nomen
oder irgendetwas Entsprechendes, vielleicht 'Substantiv'. Und wenn
nicht, dann sind die Autoren mit ihrer Grammatik nicht fertig geworden.
Ich meinerseits kann mir nämlich keine Grammatik vorstellen ohne den
Versuch, diesen Ozean an Wörtern zu strukturieren und in Kategorien
einzuteilen.
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
verständlich. Eine erste 'Ergänzung' wäre, dass das Pronomen 'meinen'
sprecherbezogen ist. Eine weitere, dass es sich auf eine vorgängige
Äußerung beziehen muss, um korrekt zu sein, und dass der Inhalt von
'meinen' in diesem Satz nur mit Hilfe des Vorgängersatzes zu erfassen
ist.
Ein Handwerker auf Wanderschaft kommt an einem kleinen
Gehöft vorbei, wo er einen Bauern sich mit einem defekten
Hammer abmühen sieht. Das erste, was er zu dem Mann, mit dem
er zuvor nie ein Wort gesprochen hat, sagt, als er ihm
seinen Zimmermannshammer hinhält, ist: "Nimm meinen!".
Ja, dem Erfindungsreichtum ausgefallener Kontexte sind hier keine
Grenzen gesetzt, und das ist auch in Ordnung so. Man könnte jetzt sehr
kleinlich fragen, ob er nicht eher 'hier, probier's mal mit dem da'
sagen würde, oder ob er nicht wenigstens ein leutseliges 'Hallo'
vorausschicken würde. Aber nehmen wir mal an, er ist einer von der sehr
wortkargen Sorte, Typ Marlboro-Mann, und nehmen wir weiter an, er sagte
diesen etwas seltsamen Satz (ob man den einem Drehbuchschreiber so
durchgehen lassen würde?), dann würde das, was ich Vorgängersatz genannt
hatte, durch den situativen Kontext und die Zeigegeste (das Hinhalten)
geliefert. Lassen wir dann mal offen, ob 'meinen' hier Pronomen oder
Begleiter/Artikel/Determinierer wäre, klingt für mich mehr nach einem
Artikel vor einem situativ getilgten Nomen, aber so ganz ernst ist das
alles hier vielleicht auch nicht gemeint. Oder, anders gesagt: Du hast
recht, 'meinen' kann auch ohne vorherige Erwähnung des Bezugsnomens
benutzt werden, wenn durch den Kontext klar ist, worauf mit 'meinen'
Bezug genommen werden soll.

Ich möchte Dir dennoch einmal folgendes in Erinnerung rufen: "die
Grammatik muß (...) das interpretieren, was gesagt wurde, ohne etwas
hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde." Deine Worte in einem
vorgängigen Posting. Wie ist es nun mit diesem ominösen Hammer, muss der
nicht irgendwie 'dazuerfunden' werden, um den Satz bzw. die Form
'meinen' verständlich zu machen?
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Okay, ich weiß jetzt, was Du Dir unter einer 'guten Grammatik'
vorstellst.
Ich meinte: gut für eine theoretische Diskussion der
Grammatik als Beschreibung einer Sprache.
Tja, nur wird das ein sehr kleiner Diskussionskreis sein.
Post by Stefan Ram
Wenn ich eine Fremdsprache lernen will, dann wünsche ich
mir natürlich zum Anfang erst einmal eine möglichst kleine
Lerngrammatik, die nur das Wichtigste enthält.
Post by Ralf Joerres
anderes übrig, als zur Kenntnis zu nehmen, dass die Computerlinguistik
ein ingenieurhaftes Eigenleben führt, das wenig zugänglich ist, jedoch
Die Computerlinguistik ist nicht weniger zugänglich als
viele andere Gebiete auch, aber man muß sich eben die Zeit
nehmen, um ihre Lehrbücher/Texte zu lesen. Es kann sein,
daß jemand in seinem Leben andere Prioritäten setzen will,
als Bücher der Computerlinguistik zu lesen.
Auch. Aber es ist nun mal außerordentlich mühselig, sich z.B. in eine
Programmiersprache bis an den Punkt einzuarbeiten, dass man bei einer
nicht völlig banalen Anforderung (PRINT "Hallo Welt") so etwas wie den
gewünschten Output erzielt, und so wird es einem auch mit der
Computerlinguistik ergehen. Mir scheint, dass vielen eine solchermaßen
technizistische Herangehensweise grundsätzlich verschlossen ist, sie
haben eine spezielle Form 'Technik-Dyskalkulie'. Und die, welche es
schaffen könnten, haben praktisch immer andere Prioritäten, da hast Du
völlig recht. Es gibt allein im technischen Bereich wahrlich nicht nur
die Computerlinguistik, von allem anderen ganz zu schweigen.

Gruß Ralf Joerres
Stefan Ram
2016-10-28 22:24:14 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Ich möchte Dir dennoch einmal folgendes in Erinnerung rufen: "die
Grammatik muß (...) das interpretieren, was gesagt wurde, ohne etwas
hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde." Deine Worte in einem
vorgängigen Posting. Wie ist es nun mit diesem ominösen Hammer, muss der
nicht irgendwie 'dazuerfunden' werden, um den Satz bzw. die Form
'meinen' verständlich zu machen?
Einen Kontext gibt es ja praktisch immer. Ein Mann und eine Frau
haben sich nie zuvor gesehen; die Frau sagt zu dem Mann:
»Zwei Fünfundachtzig!«. Danach sehen sie sich nie wieder.
Das ist ein ganz normaler Teil gelebter Sprachpraxis.

Ein Schriftsteller beginnt einen Roman mit: "Ilsebill salzte
nach." - Wer ist "Ilsebill"? Hat der Autor noch nicht
gelernt, daß Personen erst einmal eingeführt werden müssen?
Anderer Romananfang: "Es fiel Regen in jener Nacht, ein
feiner, wispernder Regen." - darf hier "jener" verwendet
werden, wenn zuvor noch gar nicht von einer Nacht die Rede war?

Ich wollte mich nur gegen Interpretation richten, die nicht
einen gesagten Text interpretieren, sondern diesen erst
irgendwie verändern (beispielsweise etwas hinzufügen) und
dann dies Veränderte interpretieren.
Post by Ralf Joerres
Auch. Aber es ist nun mal außerordentlich mühselig, sich z.B. in eine
Programmiersprache bis an den Punkt einzuarbeiten, dass man bei einer
nicht völlig banalen Anforderung (PRINT "Hallo Welt") so etwas wie den
gewünschten Output erzielt
»Everyone can be taught to sculpt: Michelangelo would have had
to be taught how not to. So it is with the great programmers.«
- Alan Perlis
Ralf Joerres
2016-10-29 09:14:45 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Ich möchte Dir dennoch einmal folgendes in Erinnerung rufen: "die
Grammatik muß (...) das interpretieren, was gesagt wurde, ohne etwas
hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde." Deine Worte in einem
vorgängigen Posting. Wie ist es nun mit diesem ominösen Hammer, muss der
nicht irgendwie 'dazuerfunden' werden, um den Satz bzw. die Form
'meinen' verständlich zu machen?
Einen Kontext gibt es ja praktisch immer. Ein Mann und eine Frau
»Zwei Fünfundachtzig!«. Danach sehen sie sich nie wieder.
Das ist ein ganz normaler Teil gelebter Sprachpraxis.
Ein Schriftsteller beginnt einen Roman mit: "Ilsebill salzte
nach." - Wer ist "Ilsebill"? Hat der Autor noch nicht
gelernt, daß Personen erst einmal eingeführt werden müssen?
Anderer Romananfang: "Es fiel Regen in jener Nacht, ein
feiner, wispernder Regen." - darf hier "jener" verwendet
werden, wenn zuvor noch gar nicht von einer Nacht die Rede war?
Ich wollte mich nur gegen Interpretation richten, die nicht
einen gesagten Text interpretieren, sondern diesen erst
irgendwie verändern (beispielsweise etwas hinzufügen) und
dann dies Veränderte interpretieren.
In Ordning.
Post by Stefan Ram
Post by Ralf Joerres
Auch. Aber es ist nun mal außerordentlich mühselig, sich z.B. in eine
Programmiersprache bis an den Punkt einzuarbeiten, dass man bei einer
nicht völlig banalen Anforderung (PRINT "Hallo Welt") so etwas wie den
gewünschten Output erzielt
»Everyone can be taught to sculpt: Michelangelo would have had
to be taught how not to. So it is with the great programmers.«
- Alan Perlis
Also das mit dem Bildhauern, da hätte ich meine Zweifel, obwohl, einmal
war mir eine Kerzenwachs-Ferienparadies-Szenerie gar nicht mal schlecht
gelungen. Mir das Programmieren-Können abzutrainieren wäre keinesfalls
nötig gewesen. Dazu bin ich viel zu unkonzentriert, beim Programmieren
stürzt schon beim kleinsten Kommafehler alles ab, und da wird nicht
diskutiert wie hier, entweder das Komma steht haargenau an seinem Platz
oder man kriegt gar nix Brauchbares geliefert für ein paar Stunden
Programmierarbeit. Da geht es halt extrem streng zu, und es ist u.a.
dieses Eingezwängt-Sein, was vielen bei der Computerei Unbehagen
bereitet bzw. zu friemelig und irgendwie inhuman vorkommt. Man möchte
als Mensch 'Fehler' machen dürfen, ohne ständig 'bestraft' zu werden.

Im Prinzip gebe ich Dir recht. Ich stehe auch auf dem Standpunkt: Jeder
kann bis zu einem bestimmten Level fast alles lernen, kostet 'nur'
Energie und Zeit, und das muss dann im Verhältnis stehen.

Gruß Ralf Joerres
Roland Franzius
2016-10-29 10:24:50 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Im Prinzip gebe ich Dir recht. Ich stehe auch auf dem Standpunkt: Jeder
kann bis zu einem bestimmten Level fast alles lernen, kostet 'nur'
Energie und Zeit, und das muss dann im Verhältnis stehen.
Dieser Standpunkt wird häufig von Leuten vertreten, die bis dato gar
nichts gelernt haben, aber schon sthen und sprechen können und sich
daher lieber einen Standpunkt mit dem bekannten minimalen Gesichtskreis
leisten, der sich bei 138cm Augenhöhe ergibt.

Im übrigen stehen Energie und Zeit nicht im "Verhältnis", sondern da ihr
Produkt eine Wirkung ist, schließen sie sich im Prinzip gegenseitig als
exakt meßbare Größen laut Heisenbergscher Unschärferelation aus.

Heisenberg gibts - gerade gesehen - jetzt als e-bike, da stehen aber
Energie und Preis in keinem Verhältnis.
--
Roland Franzius
Ralf Joerres
2016-10-29 18:57:10 UTC
Permalink
Post by Roland Franzius
Post by Ralf Joerres
Im Prinzip gebe ich Dir recht. Ich stehe auch auf dem Standpunkt: Jeder
kann bis zu einem bestimmten Level fast alles lernen, kostet 'nur'
Energie und Zeit, und das muss dann im Verhältnis stehen.
Dieser Standpunkt wird häufig von Leuten vertreten, die bis dato gar
nichts gelernt haben, aber schon sthen und sprechen können und sich
daher lieber einen Standpunkt mit dem bekannten minimalen Gesichtskreis
leisten, der sich bei 138cm Augenhöhe ergibt.
Holla holla, kein Grund, ausfallend zu werden. Ich hatte ehrlich gesagt
keine olympischen Höhen und Elfenbeintürme im Sinn, zu denen man sich
von einsachtunddreißig aufschwingen möge. Einmal hatte ich eine
DaF-Lernerin, die konnte allereinfachste Sätze nicht bilden. Sie war
nicht sehr alt, in den späten Vierzigern. Heute würde ich sagen, es war
irgendeine Art von Demenz, damals war das Wort noch nicht in Umlauf.
Also das Gedächtnis muss schon funktionieren, sonst wird das nix mit dem
Lernen. Ich nehme an, Du meinst was anderes. Okay, es gibt verschiedene
Formen von Lernbehinderung, Hirnverletzungen, neuronale Defekte
seltsamster Art usw. Auch das wirst Du nicht meinen. Ich vermute, Du
hast so etwas wie bedauernswerte Dämlichkeit in Kombination mit zum
Lachen reizender Hybris im Sinn, à la "Wenn einer, der mit Mühe kaum,
geklettert ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär' -
dann irrt sich der." (So ähnlich wird es wohl lauten, bin momentan
googlophob.) Da fallen mir Karaoke-'Sänger' ein: Ja, Begabung und
Veranlagung spielen eine große Rolle. Manche können nicht singen, manche
keinen Ton halten, die meisten scheinen kein Gefühl für Takt zu haben
(mitklatschenderweise beim Konzert), andere ein englisches R nicht
aussprechen, wieder andere kein Zungen-R lernen, ich kann nicht auf zwei
Fingern pfeifen, das Zungen-R zu lernen war für mich ein wochenlanger
Kampf auf dem Weg zu Fuß zur Uni und zurück. Aber im Prinzip lässt sich
das alles lernen. Abstraktionen bereits ab relativ niedriger Stufe
fallen mir schwer, höhere Stufen sind für mich nicht erreichbar, ich kam
immer nur bis zu einem niedrigen Level, und jetzt kommt noch das Alter
hinzu. Da reichen mir meine 138 cm. Das Autofahren lernen hierzulande
auch Menschen - mit großem Aufwand -, die am Rande einer geistigen
Behinderung dahinschlittern: Motivation spielt auch eine, wahrscheinlich
*die* entscheidende Rolle.
Post by Roland Franzius
Im übrigen stehen Energie und Zeit nicht im "Verhältnis", sondern da ihr
Produkt eine Wirkung ist, schließen sie sich im Prinzip gegenseitig als
exakt meßbare Größen laut Heisenbergscher Unschärferelation aus.
Hm, ich meinte natürlich, der in ein Verstehensprojekt hineingesteckte
Zeit- und Energieaufwand muss im Verhältnis zum Ertrag stehen, sonst
lässt man's. 'Im Verhältnis stehen' benutzt man oft ohne dieses
'Ergebnis/Ertrag' (Das steht doch in keinem Verhältnis!), das ergänzt
sich dann implizit (unausgesprochenerweise).
Post by Roland Franzius
Heisenberg gibts - gerade gesehen - jetzt als e-bike, da stehen aber
Energie und Preis in keinem Verhältnis.
Auch nett

Gruß Ralf Joerres
Helmut Richter
2016-10-28 23:00:02 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Ich hab jetzt den Helbig/Buscha nicht hier, aber irgendwelche
Wortartenkategorien wird er haben, und dann logischerweise auch Nomen
oder irgendetwas Entsprechendes, vielleicht 'Substantiv'. Und wenn
nicht, dann sind die Autoren mit ihrer Grammatik nicht fertig geworden.
Ich meinerseits kann mir nämlich keine Grammatik vorstellen ohne den
Versuch, diesen Ozean an Wörtern zu strukturieren und in Kategorien
einzuteilen.
Ich hatte in der sehr kurzen Zeitspanne, in der ich mich (ohne Erfolg)
mit Chinesisch beschäftigt habe, den Eindruck, die Wortarten im
europäischen Sinn lägen bei vielen Wörtern nicht fest, sondern ergeben
sich aus der Verwendung im Kontext. Kurzer Test: bei leo.org werden als
Übersetzung von 生 shēng unter anderen Substantive wie "Leben" und
"Existenz", Verben wie "gebären" und "wachsen" sowie Adjektive wie "roh"
und "fremd" angeboten. Vielleicht kann Heinz Lohmann kommentieren, in
welchem Maße dieser Eindruck berechtigt ist.
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Ein Handwerker auf Wanderschaft kommt an einem kleinen
Gehöft vorbei, wo er einen Bauern sich mit einem defekten
Hammer abmühen sieht. Das erste, was er zu dem Mann, mit dem
er zuvor nie ein Wort gesprochen hat, sagt, als er ihm
seinen Zimmermannshammer hinhält, ist: "Nimm meinen!".
Ja, dem Erfindungsreichtum ausgefallener Kontexte sind hier keine
Grenzen gesetzt, und das ist auch in Ordnung so. Man könnte jetzt sehr
kleinlich fragen, ob er nicht eher 'hier, probier's mal mit dem da'
sagen würde, oder ob er nicht wenigstens ein leutseliges 'Hallo'
vorausschicken würde. Aber nehmen wir mal an, er ist einer von der sehr
wortkargen Sorte, Typ Marlboro-Mann, und nehmen wir weiter an, er sagte
diesen etwas seltsamen Satz (ob man den einem Drehbuchschreiber so
durchgehen lassen würde?), dann würde das, was ich Vorgängersatz genannt
hatte, durch den situativen Kontext und die Zeigegeste (das Hinhalten)
geliefert. Lassen wir dann mal offen, ob 'meinen' hier Pronomen oder
Begleiter/Artikel/Determinierer wäre, klingt für mich mehr nach einem
Artikel vor einem situativ getilgten Nomen, aber so ganz ernst ist das
alles hier vielleicht auch nicht gemeint. Oder, anders gesagt: Du hast
recht, 'meinen' kann auch ohne vorherige Erwähnung des Bezugsnomens
benutzt werden, wenn durch den Kontext klar ist, worauf mit 'meinen'
Bezug genommen werden soll.
Und wie würde sich die Analyse verändern, wenn er "Nimm den meinen!"
gesagt hätte?
Post by Ralf Joerres
Ich möchte Dir dennoch einmal folgendes in Erinnerung rufen: "die
Grammatik muß (...) das interpretieren, was gesagt wurde, ohne etwas
hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde." Deine Worte in einem
vorgängigen Posting. Wie ist es nun mit diesem ominösen Hammer, muss der
nicht irgendwie 'dazuerfunden' werden, um den Satz bzw. die Form
'meinen' verständlich zu machen?
Es gibt durchaus Ellipsen, die nur Ellipsen sind, aber bei einer
grammatischen Analyse mit Ellipsen zu argumentieren, ist in der Tat
gefährlich: beim Weglassen eines Wortes kann sich die Grammatik
verändern, z.B.:

Er geht mit [einem] gute.. Beispiel voran.

Das ist das Auto [unseres] Onkel... Otto...

Was für die ... einzusetzen ist, richtet sich danach, ob das Wort in [ ]
dasteht oder nicht, obwohl dieses Wort die Gesamtsyntax jeweils nicht
ändert.
Post by Ralf Joerres
Auch. Aber es ist nun mal außerordentlich mühselig, sich z.B. in eine
Programmiersprache bis an den Punkt einzuarbeiten, dass man bei einer
nicht völlig banalen Anforderung (PRINT "Hallo Welt") so etwas wie den
gewünschten Output erzielt, und so wird es einem auch mit der
Computerlinguistik ergehen. Mir scheint, dass vielen eine solchermaßen
technizistische Herangehensweise grundsätzlich verschlossen ist, sie
haben eine spezielle Form 'Technik-Dyskalkulie'. Und die, welche es
schaffen könnten, haben praktisch immer andere Prioritäten, da hast Du
völlig recht.
Mir scheint es eher um eine Abneigung nicht gegen die konkrete Technik
sondern gegen die dahinterstehende algorithmische Denke zu gehen. Vom
Linguisten wird nicht gefordert, er möge programmieren lernen, sondern
er möge sich so klar ausdrücken, dass ein gelernter Programmierer danach
programmieren könnte.

Ich -- Programierer und linguistischer Dilettant -- habe in den letzten
Jahren mehrfach den Versuch unternommen, Grammatikregeln von Sprachen,
die ich lerne (oder wie Deutsch anderen erkläre), so klar
hinzuschreiben, dass man danach programmieren *könnte* (wobei dabei auch
solche Anweisungen erlaubt sein müssten wie "informiere dich, nach
welcher Deklination dieses Wort geht oder ob es dabei eine Ausnahme
gibt"), wirklich programmiert habe ich nichts. Aber es sind Regeln
herausgekommen, die einfacher sind und gleichzeitig weniger Ausnahmen
haben, als man sie in Grammatiken findet, deren Schreiber einfach
frisch-fröhlich vorgehen, ohne auf diese Art Eindeutigkeit zu achten.
Die Ergebnisse solchen Bemühens sind auf meiner Webseite
http://hhr-m.userweb.mwn.de/ix/lang/, z.B. ../de-decl/, besonders der
Abschnitt ../de-decl/phrase/, oder ../he-suffix/. Der Durchschittsleser
verabscheut *diese* Art Einfachheit; ich genieße sie, weil sie im
gleichen Sinne einfach ist wie die Mathematik.
--
Helmut Richter
Heinz Lohmann
2016-10-29 04:46:41 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Ich hab jetzt den Helbig/Buscha nicht hier, aber irgendwelche
Post by Ralf Joerres
Wortartenkategorien wird er haben, und dann logischerweise auch Nomen
oder irgendetwas Entsprechendes, vielleicht 'Substantiv'. Und wenn
nicht, dann sind die Autoren mit ihrer Grammatik nicht fertig geworden.
Ich meinerseits kann mir nämlich keine Grammatik vorstellen ohne den
Versuch, diesen Ozean an Wörtern zu strukturieren und in Kategorien
einzuteilen.
Ich hatte in der sehr kurzen Zeitspanne, in der ich mich (ohne Erfolg)
mit Chinesisch beschäftigt habe, den Eindruck, die Wortarten im
europäischen Sinn lägen bei vielen Wörtern nicht fest, sondern ergeben
sich aus der Verwendung im Kontext. Kurzer Test: bei leo.org werden als
Übersetzung von 生 shēng unter anderen Substantive wie "Leben" und
"Existenz", Verben wie "gebären" und "wachsen" sowie Adjektive wie "roh"
und "fremd" angeboten. Vielleicht kann Heinz Lohmann kommentieren, in
welchem Maße dieser Eindruck berechtigt ist.
Ich bin leider kein Sinologe und kann nur ein bisschen aus meiner
Erfahrung als Laie berichten:
Im Chinesischen sind die Unterschiede zwischen den Wortarten zumindest
wesentlich weniger deutlich als im Deutschen. Das Beispiel von Helmut
zeigt es deutlich.

Wortarten wie z.B. Präpositionen existieren mMn eigentlich nicht, es
sind in der Regel ursprünglich Verben (soweit ich es jetzt überblicke),
die sich bei Übersetzungen ins Deutsche oft mit Präpositionen
wiedergeben lassen. Wörter können in bestimmten Sätzen als Nomen
übersetzt werden, in anderen als Verb. Da die meisten chinesischen
Wörter heute aus zwei oder mehr Zeichen bestehen, fragt sich oft, was
das einzelne Zeichen ursprünglich bedeutet oder bedeutet hat.

In der Syntax ist auch oft unklar, was eigentlich ein/das Subjekt ist.
Eher sollte man von einem Satzthema oder Topik sprechen, zu dem eine
Aussage gemacht wird.
https://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_grammar
(Besonders Sentence structure)

Da werden vier Möglichkeiten gelistet:

Chinesisch ist
* ist eine SVO-Sprache
* ist eine "topic-prominent language"
* weist Strukturen ergativer Sprachen auf
* ist zu einem gewissen Grad eine "a pro-drop or null-subject language"

Verschiedene chinesische Grammatiken haben verschiedene Meinungen, was
alles als Subjekt angesehen werden kann, und ich habe oft den Eindruck,
das Problem existiert nur, weil man Grammatikbegriffe aus anderen
Sprachen (z.B. Latein) verwendet.
Vielleicht sähen die chinesischen Grammatiken komplett anders aus, wenn
man die westlichen Modelle und Begriffe erst gar nicht kennen gelernt hätte.

Von all dem weiß der Normalchinese nichts und spricht einfach drauflos.
Das alles ist ein weites Feld und wenig erforscht.

In "Die japanische Sprache" von Roy Andrew Miller deutet sich das an. Er
schreibt über Fujitani Nariakira (1738-1779), den ersten "Japaner, der
einen tiefgreifenden Versuch unternahm, die Einheiten seiner Sprache
nach ihren grammatikalischen Funktionen zu klassifizieren. Da er
notgedrungen in Unkenntnis der indischen und westeuropäischen
Grammatiktraditionen arbeitete, überrascht die kühne Originalität seiner
Analyse nicht." (S. 319)

Um mir längeres Herumgetippe zu ersparen, hier ein Link:
https://en.wikipedia.org/wiki/Fujitani_Nariakira

"He is best known for setting up four "parts of speech" in Japanese
based on an analogy with clothing: na (names = nouns, indeclinable),
kazashi (hairpins = particles or connectives), yosōi (clothing = verbs),
and ayui (binding cords = particles and auxiliary verbs)."
(So steht es auch bei Miller.)

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die lateinische Grammatik
mich beim Erlernen der chinesischen Sprache am Anfang massiv behindert
hat. Früher erlernte Grammatikmodelle können einem wirklich den Blick
verstellen auf die Möglichkeiten, die Sprachen bieten. Man könnte alles
auch ganz anders sehen, deuten und beschreiben.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Stefan Ram
2016-10-29 05:33:58 UTC
Permalink
Post by Heinz Lohmann
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die lateinische Grammatik
mich beim Erlernen der chinesischen Sprache am Anfang massiv behindert
hat. Früher erlernte Grammatikmodelle können einem wirklich den Blick
verstellen auf die Möglichkeiten, die Sprachen bieten. Man könnte alles
auch ganz anders sehen, deuten und beschreiben.
Deswegen eröffnet einem ja auch die von [Hausser86]
verwendete linksassoziative Grammatik eine interessante
neue Sichtweise.

Die Regeln dieser Grammatik sagen im wesentlichen, welche
Kategorien ein Satzanfang (der aus einer Folge von Wörtern
besteht) und ein Wort haben und wie beide miteinander
kombiniert werden können und dann einen neuen Satzanfang mit
neuen Kategorien ergeben.

Dabei verhindert eine Ausrichtung an der Oberfläche die
Übernahme von Modellen anderer Sprachen: Wenn alle Substantive
mit einem bestimmten Genus in vier Fällen immer nur drei
verschiedene Formen haben, dann werden nur diese drei Formen
unterschieden und zur Kategorisierung herangezogen - nicht
die vier Fälle. - Im Englischen werden Substantive danach
kategorisiert, ob sie "a" oder "an" als Artikel hätten.

[Hausser86]
Lecture Notes in Computer Science Vol.231
NEWCAT, Parsing Natural Language Using Left-Associative Grammar
Roland Hausser
ISBN: 3-540-16781-1; Springer; 1986; Berlin, New York

Andere mögliche Grammatiken neben den bekannten
Phrasenstrukturgrammatiken sind natürlich die
Verb-Dependenz-Grammatiken.

Die Programmierung einer Grammatik als ein Programm,
das beurteilt, ob Eingaben korrekt sind, bietet einem dann
eine Möglichkeit, die Grammatikern früherer Zeiten fehlte,
nämlich zu erkennen, ob die Regeln genau und vollständig
formuliert wurden. - Der Computer kann sie nämlich nur dann
richtig anwenden, während ein Mensch ungenaue und
unvollständige Regeln bei der Anwendung jeweils ad-hoc
zurechtbiegen und ergänzen könnte.

"What I cannot create, I do not understand."

Richard Phillips Feynman (May 11, 1918 - February 15, 1988),
auf seiner Wandtafel zum Zeitpunkt seines Todes im Februar 1988.

"Programming is understanding"

Kristen Nygaard
Ralf Joerres
2016-10-29 10:16:28 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Ich hab jetzt den Helbig/Buscha nicht hier, aber irgendwelche
Wortartenkategorien wird er haben, und dann logischerweise auch Nomen
oder irgendetwas Entsprechendes, vielleicht 'Substantiv'. Und wenn
nicht, dann sind die Autoren mit ihrer Grammatik nicht fertig geworden.
Ich meinerseits kann mir nämlich keine Grammatik vorstellen ohne den
Versuch, diesen Ozean an Wörtern zu strukturieren und in Kategorien
einzuteilen.
Ich hatte in der sehr kurzen Zeitspanne, in der ich mich (ohne Erfolg)
mit Chinesisch beschäftigt habe, den Eindruck, die Wortarten im
europäischen Sinn lägen bei vielen Wörtern nicht fest, sondern ergeben
sich aus der Verwendung im Kontext. Kurzer Test: bei leo.org werden als
Übersetzung von 生 shēng unter anderen Substantive wie "Leben" und
"Existenz", Verben wie "gebären" und "wachsen" sowie Adjektive wie "roh"
und "fremd" angeboten. Vielleicht kann Heinz Lohmann kommentieren, in
welchem Maße dieser Eindruck berechtigt ist.
Ich möchte jetzt nicht nachschlagen, aber da, wie ich früher gelesen zu
haben glaube, Chinesisch eine isolierende Sprache ist, wundern mich
solche 'Wortartensprünge' nicht.
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Post by Stefan Ram
Ein Handwerker auf Wanderschaft kommt an einem kleinen
Gehöft vorbei, wo er einen Bauern sich mit einem defekten
Hammer abmühen sieht. Das erste, was er zu dem Mann, mit dem
er zuvor nie ein Wort gesprochen hat, sagt, als er ihm
seinen Zimmermannshammer hinhält, ist: "Nimm meinen!".
Ja, dem Erfindungsreichtum ausgefallener Kontexte sind hier keine
Grenzen gesetzt, und das ist auch in Ordnung so. Man könnte jetzt sehr
kleinlich fragen, ob er nicht eher 'hier, probier's mal mit dem da'
sagen würde, oder ob er nicht wenigstens ein leutseliges 'Hallo'
vorausschicken würde. Aber nehmen wir mal an, er ist einer von der sehr
wortkargen Sorte, Typ Marlboro-Mann, und nehmen wir weiter an, er sagte
diesen etwas seltsamen Satz (ob man den einem Drehbuchschreiber so
durchgehen lassen würde?), dann würde das, was ich Vorgängersatz genannt
hatte, durch den situativen Kontext und die Zeigegeste (das Hinhalten)
geliefert. Lassen wir dann mal offen, ob 'meinen' hier Pronomen oder
Begleiter/Artikel/Determinierer wäre, klingt für mich mehr nach einem
Artikel vor einem situativ getilgten Nomen, aber so ganz ernst ist das
alles hier vielleicht auch nicht gemeint. Oder, anders gesagt: Du hast
recht, 'meinen' kann auch ohne vorherige Erwähnung des Bezugsnomens
benutzt werden, wenn durch den Kontext klar ist, worauf mit 'meinen'
Bezug genommen werden soll.
Und wie würde sich die Analyse verändern, wenn er "Nimm den meinen!"
gesagt hätte?
Auch solche Kombinationen wie 'der meinige' und Abwandlungen davon
sollten nicht unter den Tisch fallen. Kurz aus dem Handgelenk:
Artikelpronomen sind in beschränktem Umfang miteinander kombinierbar.
Wie sehr es notwendig ist, hier und in anderen Fällen zu einer
eindeutigen Lösung zu kommen, hängt von der Architektur der jeweiligen
'Grammatik' bzw. der jeweiligen Etage oder Wohnung darin ab. 'Der meine'
wäre für ich auf den ersten Blick eine stilistisch gehobene Variante für
'meiner', entsprechend 'den meinen' für 'meinen'; ob das 'meinen' in
'nimm meinen' als Pronomen oder als Artikel mit situativer Tilgung des
Nomens anzusehen ist, bleibt für mich zunächst offen. 'Den meinen' in
'nimm den meinen' funktioniert morphologisch wie 'den kleinen' und
wortartspezifisch als pronominaler Verband, vergleichbar mit 'diesen
meinen' (gibt's aber nur in Artikelfunktion: in diesem unserem Lande)
oder Kombinationen mit 'all(e)', 'welch(e)', 'solch(e)' oder 'manch(e)'
(all mein Hoffen, all mein Sehnen; welch ein Schlamassel, ugs. 'was für
ein'; solch einen Unsinn / einen solchen Unsinn, ugs. 'so ein Unsinn';
'manch einer' wie man hier sieht auch pronominal, als Artikel 'manch ein
Tierfreund', eher ugs. 'so mancher Tierfreund'). Ähnliche Kombis gibt es
mit 'viel' (die vielen offenen Fragen), 'jeder' (ein jeder) usw. Was von
'all dem' als Artikel oder Ko-Artikel anzusehen wäre, bliebe genauer zu
untersuchen, da kommen aktuelle Grammatiken zu unterschiedlichen
Ergebnissen.
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Ich möchte Dir dennoch einmal folgendes in Erinnerung rufen: "die
Grammatik muß (...) das interpretieren, was gesagt wurde, ohne etwas
hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde." Deine Worte in einem
vorgängigen Posting. Wie ist es nun mit diesem ominösen Hammer, muss der
nicht irgendwie 'dazuerfunden' werden, um den Satz bzw. die Form
'meinen' verständlich zu machen?
Es gibt durchaus Ellipsen, die nur Ellipsen sind, aber bei einer
grammatischen Analyse mit Ellipsen zu argumentieren, ist in der Tat
gefährlich: beim Weglassen eines Wortes kann sich die Grammatik
Er geht mit [einem] gute.. Beispiel voran.
Das ist das Auto [unseres] Onkel... Otto...
Was für die ... einzusetzen ist, richtet sich danach, ob das Wort in [ ]
dasteht oder nicht, obwohl dieses Wort die Gesamtsyntax jeweils nicht
ändert.
Es ist klar, dass Verteilung der Flexionsendungen nur in der gesamten
Nominalgruppe sinnvoll beschrieben werden kann, und die kann bestehen
aus (?Koartikel + Artikel(Determinierer) + Adjektiv (+ Adjektiv +
Adjektiv ...) + Nomen (+ Nomen + Nomen ...)), vereinfacht aus Artikel +
Adjektiv + Nomen. Die von Dir angeführten Beispiele sehen auf den ersten
Blick schwierig aus, stellen aber nach meinem Eindruck für aktuelle
Grammatiken kein Problem mehr dar. Sie wurden früher vielleicht etwas
überkompliziert analysiert mit gleich drei Deklinationsparadigmata für
Adjektive, waren aber im Prinzip gelöst. Ich vermute, für den aktuellen
DaF-Unterricht gibt es elegantere Lösungen.
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Auch. Aber es ist nun mal außerordentlich mühselig, sich z.B. in eine
Programmiersprache bis an den Punkt einzuarbeiten, dass man bei einer
nicht völlig banalen Anforderung (PRINT "Hallo Welt") so etwas wie den
gewünschten Output erzielt, und so wird es einem auch mit der
Computerlinguistik ergehen. Mir scheint, dass vielen eine solchermaßen
technizistische Herangehensweise grundsätzlich verschlossen ist, sie
haben eine spezielle Form 'Technik-Dyskalkulie'. Und die, welche es
schaffen könnten, haben praktisch immer andere Prioritäten, da hast Du
völlig recht.
Mir scheint es eher um eine Abneigung nicht gegen die konkrete Technik
sondern gegen die dahinterstehende algorithmische Denke zu gehen. Vom
Linguisten wird nicht gefordert, er möge programmieren lernen, sondern
er möge sich so klar ausdrücken, dass ein gelernter Programmierer danach
programmieren könnte.
Ich -- Programierer und linguistischer Dilettant -- habe in den letzten
Jahren mehrfach den Versuch unternommen, Grammatikregeln von Sprachen,
die ich lerne (oder wie Deutsch anderen erkläre), so klar
hinzuschreiben, dass man danach programmieren *könnte* (wobei dabei auch
solche Anweisungen erlaubt sein müssten wie "informiere dich, nach
welcher Deklination dieses Wort geht oder ob es dabei eine Ausnahme
gibt"), wirklich programmiert habe ich nichts. Aber es sind Regeln
herausgekommen, die einfacher sind und gleichzeitig weniger Ausnahmen
haben, als man sie in Grammatiken findet, deren Schreiber einfach
frisch-fröhlich vorgehen, ohne auf diese Art Eindeutigkeit zu achten.
Die Ergebnisse solchen Bemühens sind auf meiner Webseite
http://hhr-m.userweb.mwn.de/ix/lang/, z.B. ../de-decl/, besonders der
Abschnitt ../de-decl/phrase/, oder ../he-suffix/. Der Durchschittsleser
verabscheut *diese* Art Einfachheit; ich genieße sie, weil sie im
gleichen Sinne einfach ist wie die Mathematik.
Auch ich hatte ein wenig herumexperimentiert, zwar nur mit Excel und
sehr oberflächennah, um das im DaF-Unterricht einzusetzen. Es kamen
interessante Ergebnisse heraus. Mir wurden dadurch immer mehr Probleme
der Beschreibung des deutschen Regelinventars bewusst, das war sehr
lehrreich. Deine Arbeit werde ich mir auf jeden Fall anschauen.

Gruß Ralf Joerres
Peter J. Holzer
2016-10-29 09:32:07 UTC
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Post by Ralf Joerres
Ich möchte Dir dennoch einmal folgendes in Erinnerung rufen: "die
Grammatik muß (...) das interpretieren, was gesagt wurde, ohne etwas
hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde." Deine Worte in einem
vorgängigen Posting. Wie ist es nun mit diesem ominösen Hammer, muss der
nicht irgendwie 'dazuerfunden' werden, um den Satz bzw. die Form
'meinen' verständlich zu machen?
In Programmiersprachen wird strikt zwischen Grammatik (Syntax) und
Semantik unterschieden. Ich nehme an, dass Stefan diese Unterscheidung
auch für natürliche Sprachen trifft. Um zu entscheiden, ob "Nimm
meinen!" grammatisch richtig ist, muss man nicht verstehen, was mit
"meinen" gemeint ist. Es reicht, dass es eine Regel in der Grammatik
gibt, die die Konstruktion eines solchen Satzes erlaubt. Auch "Der
Blarong kruwutzte den Blarfl." ist grammatikalisch korrekt, obwohl er
völlig unverständlich ist.

hp
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Ralf Joerres
2016-10-29 19:32:19 UTC
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Post by Peter J. Holzer
Post by Ralf Joerres
Ich möchte Dir dennoch einmal folgendes in Erinnerung rufen: "die
Grammatik muß (...) das interpretieren, was gesagt wurde, ohne etwas
hinzuzuerfinden, das nicht gesagt wurde." Deine Worte in einem
vorgängigen Posting. Wie ist es nun mit diesem ominösen Hammer, muss der
nicht irgendwie 'dazuerfunden' werden, um den Satz bzw. die Form
'meinen' verständlich zu machen?
In Programmiersprachen wird strikt zwischen Grammatik (Syntax) und
Semantik unterschieden. Ich nehme an, dass Stefan diese Unterscheidung
auch für natürliche Sprachen trifft. Um zu entscheiden, ob "Nimm
meinen!" grammatisch richtig ist, muss man nicht verstehen, was mit
"meinen" gemeint ist. Es reicht, dass es eine Regel in der Grammatik
gibt, die die Konstruktion eines solchen Satzes erlaubt.
Kann sein. Nur ist mit einem solchen rein syntaktischen Check-up nicht
allzu viel erreicht, will mir scheinen. Wie will man ohne jede Semantik
und ohne irgendwelche Text- und Kontextregeln entscheiden, ob der Satz
richtig sein kann, wo er sich doch liest wie ein abgebrochenes 'Nimm
meinen na du weißt schon.' Der Satz wäre dann falsch, weil das Nomen
fehlt.
Post by Peter J. Holzer
Auch "Der
Blarong kruwutzte den Blarfl." ist grammatikalisch korrekt, obwohl er
völlig unverständlich ist.
Ist 'Blarfl' ein nach den deutschen Regeln der Lautkombinierbarkeit
wohlgeformt gebildetes Wort? Muss wohl bairisch sein...

Unverständlich vielleicht, aber nicht ohne jede Semantik: 'Blarong' wird
vermutlich kein Eigenname sein, außer es handelte sich um
Umgangssprache; das Verb ist im Präteritum, also ist es kein genereller
Satz; nach den Häufigkeiten der Satzbaupläne im Deutschen ist 'Blarong'
mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein Agens, möglicherweise menschlich,
der 'Blarfl' wäre die betroffene Person oder Sache. Das alles sehr
ungefähr und mit großen Vorbehalten, aber es lassen sich sehr viele
Aussagen dazu machen, was dieser Satz nicht ist, z.B. keine einfache
Prädizierung, kein Passiv, er enthält kein Funktionsverbgefüge, das Verb
ist nicht reflexiv usw.

Gruß Ralf Joerres
Florian Ritter
2016-10-24 09:04:36 UTC
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Post by Helmut Richter
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere. Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
Ich möchte dafür halten, daß der "heutige Tag" ein Pleonasmus
ist, da in "heute" der Tag schon enthalten ist (dän. idag), wie in
"heuer" das Jahr - FR
Walter Schmid
2016-10-24 09:15:32 UTC
Permalink
Post by Florian Ritter
Post by Helmut Richter
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere. Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
Ich möchte dafür halten, daß der "heutige Tag" ein Pleonasmus
ist, da in "heute" der Tag schon enthalten ist (dän. idag), wie in
"heuer" das Jahr - FR
Von Nächten scheinst Du noch nie gehört zu haben. Die "heutige
Nacht" bezeichnet etwas anderes als der "heutige Tag" - aber
beides ist "heute". "Heute" dauert 24 Stunden, der Tag maximal
etwa 18 (je nach Breitengrad) und die Nacht ebenso.
Oliver Cromm
2016-10-25 16:16:50 UTC
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Post by Walter Schmid
Post by Florian Ritter
Post by Helmut Richter
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere. Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
Ich möchte dafür halten, daß der "heutige Tag" ein Pleonasmus
ist, da in "heute" der Tag schon enthalten ist (dän. idag), wie in
"heuer" das Jahr - FR
Von Nächten scheinst Du noch nie gehört zu haben. Die "heutige
Nacht" bezeichnet etwas anderes als der "heutige Tag" - aber
beides ist "heute". "Heute" dauert 24 Stunden, der Tag maximal
etwa 18 (je nach Breitengrad) und die Nacht ebenso.
Der Tag (24h) besteht aus Tag und Nacht. "Tag" ist doch *das*
klassische Beispiel für diesen Effekt.
--
Microsoft designed a user-friendly car:
instead of the oil, alternator, gas and engine
warning lights it has just one: "General Car Fault"
Walter Schmid
2016-10-25 16:49:36 UTC
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Post by Oliver Cromm
Post by Walter Schmid
Post by Florian Ritter
Post by Helmut Richter
Das gilt dann wohl genauso für Demonstrativartikel und andere. Im
Englischen gibts das Wort "determiner" dafür, weil sie solche Dinge wie
Definitheit, Generizität usw. festlegen oder wenigstens eingrenzen.
Adjektive können das mitunter auch (der *heutige* Tag), haben aber nicht
nur im Deutschen eine andere Stellung in der Nominalgruppe.
Ich möchte dafür halten, daß der "heutige Tag" ein Pleonasmus
ist, da in "heute" der Tag schon enthalten ist (dän. idag), wie in
"heuer" das Jahr - FR
Von Nächten scheinst Du noch nie gehört zu haben. Die "heutige
Nacht" bezeichnet etwas anderes als der "heutige Tag" - aber
beides ist "heute". "Heute" dauert 24 Stunden, der Tag maximal
etwa 18 (je nach Breitengrad) und die Nacht ebenso.
Der Tag (24h) besteht aus Tag und Nacht.
Ein Tag ist immer ein Tag, aber heute ist morgen schon gestern.
Deshalb ist "der heutige Tag" kein Pleonasmus.

"Heute" bezeichnet hier einen Zeit*punkt*, "ein Tag" eine
Zeit*strecke*. Also kann "der heutige Tag" kein Pleonasmus sein.


Gruss

Walter
--
Religionsfreiheit ist die Freiheit zur Geschlechterapartheid,
und damit zur Versklavung der halben Menschheit.
Peter J. Holzer
2016-10-26 14:14:18 UTC
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Post by Walter Schmid
Post by Oliver Cromm
Post by Walter Schmid
Post by Florian Ritter
Ich möchte dafür halten, daß der "heutige Tag" ein Pleonasmus
ist, da in "heute" der Tag schon enthalten ist (dän. idag), wie in
"heuer" das Jahr - FR
Von Nächten scheinst Du noch nie gehört zu haben. Die "heutige
Nacht" bezeichnet etwas anderes als der "heutige Tag" - aber
beides ist "heute". "Heute" dauert 24 Stunden, der Tag maximal
etwa 18 (je nach Breitengrad) und die Nacht ebenso.
Der Tag (24h) besteht aus Tag und Nacht.
Ein Tag ist immer ein Tag, aber heute ist morgen schon gestern.
Deshalb ist "der heutige Tag" kein Pleonasmus.
"Heute" bezeichnet hier einen Zeit*punkt*,
Ganz sicher nicht. "Heute" bezeichnet ein Zeitintervall, den Zeitraum
zwischen zwei Zeitpunkten. Nach dem Kalender hat heute um
2016-10-26T00:00+0200 begonnen und wird um 2016-10-27T00:00+0200 enden.
Subjektiv hat heute für mich um ca. 09:00 begonnen und wird kurz nach
Mitternacht enden. In jede, Fall aber hat "heute" eine Ausdehnung, es
ist kein Punkt.

Interessanterweise scheint es keinen Ausdruck zu geben, der eindeutig
auf ein bestimmtes Zeitintervall (von 2016-10-26T00:00+0200 bis
2016-10-27T00:00+0200) im Gegensatz zu einer Zeitdauer (24 Stunden)
hinweist. Ausdrücke wie "Ein Zeitintervall von 24 Stunden" oder "Ein
Zeitraum von 24 Stunden" sind unauffällig, hingegen kann man nicht
sagen, die "die Zeitdauer von 2016-10-26T00:00+0200 bis
2016-10-27T00:00+0200".
Post by Walter Schmid
"ein Tag" eine Zeit*strecke*.
Ein Tag kann sowohl eine Zeitdauer sein (24 h) als auch ein Zeitraum
(heute ist ein Tag, morgen wieder einer, etc.). In "der heutige Tag" ist
letzteres gemeint.
Post by Walter Schmid
Also kann "der heutige Tag" kein Pleonasmus sein.
"heute" und "der heutige Tag" ist für mich gleichbedeutend. Ein
"Wortreichtum ohne Informationsgewinn", wie die Wikipedia so schön
formuliert.

hp
--
_ | Peter J. Holzer | Fluch der elektronischen Textverarbeitung:
|_|_) | | Man feilt solange an seinen Text um, bis
| | | ***@hjp.at | die Satzbestandteile des Satzes nicht mehr
__/ | http://www.hjp.at/ | zusammenpaßt. -- Ralph Babel
Bertel Lund Hansen
2016-10-26 07:23:47 UTC
Permalink
Post by Florian Ritter
Ich möchte dafür halten, daß der "heutige Tag" ein Pleonasmus
ist, da in "heute" der Tag schon enthalten ist (dän. idag), wie in
"heuer" das Jahr
Ich bin vielleicht von dänischem Denken influiert, aber bei
"heute" denke ich nur an den Tag. Der dänische Ausdruck ist ganz
richtig "i dag" (oft fehlerhaft zusammengeschrieben - es wird
sicher einmal korrekt), und deshalb ist etwas mit Nacht für uns
ganz unmöglich.

Aber ein Ngram bei Google zeigt auch, dass "die heutige Nacht"
fast nie benutzt wird, im Gegensatz zu "der heutige Tag".

Dass es ein Pleonasmus ist (was ich zustimme) ist kein Problem.
Im dänischen sagen wir oft "dagen i dag" ("der Tag heute").
--
Bertel, Dänemark
Florian Ritter
2016-10-26 08:58:56 UTC
Permalink
Post by Bertel Lund Hansen
Post by Florian Ritter
Ich möchte dafür halten, daß der "heutige Tag" ein Pleonasmus
ist, da in "heute" der Tag schon enthalten ist (dän. idag), wie in
"heuer" das Jahr
Ich bin vielleicht von dänischem Denken influiert, aber bei
"heute" denke ich nur an den Tag. Der dänische Ausdruck ist ganz
richtig "i dag" (oft fehlerhaft zusammengeschrieben - es wird
sicher einmal korrekt), und deshalb ist etwas mit Nacht für uns
ganz unmöglich.
Aber ein Ngram bei Google zeigt auch, dass "die heutige Nacht"
fast nie benutzt wird, im Gegensatz zu "der heutige Tag".
Dass es ein Pleonasmus ist (was ich zustimme) ist kein Problem.
Im dänischen sagen wir oft "dagen i dag" ("der Tag heute").
Da seht Ihr's mal, der Hansen ist kein heuriger Hase - FR
Bertel Lund Hansen
2016-10-26 09:18:36 UTC
Permalink
Post by Florian Ritter
Post by Bertel Lund Hansen
Dass es ein Pleonasmus ist (was ich zustimme) ist kein Problem.
Im dänischen sagen wir oft "dagen i dag" ("der Tag heute").
Da seht Ihr's mal, der Hansen ist kein heuriger Hase - FR
Ich hatte eigentlich meinen Beitrag gelöscht, weil ich mir
erinnerte, dass "heute Nacht" ein üblicher Ausdruck ist, aber die
zwei dobbeltzitierten Zeilen bereue ich nicht.
--
Bertel, Dänemark
Christian Weisgerber
2016-10-23 20:45:29 UTC
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Post by Ralf Joerres
Kleine Anmerkung am Rande: Ich würde ein Possessiv als Begleiter eines
Nomens nicht als Pronomen bezeichnen, aus dem einfachen Grund, weil es
kein Pronomen ist.
Ersetzen sie denn nicht ein Genitivattribut?

die Rede des Präsidenten -> seine Rede
--------------- -----

Ich halte die Bezeichnung "Possessivpronomen" für diese attributiven
Formen auch für fraglich, aber sie scheint in der deutschen Grammatik
etabliert zu sein.

Verwirrenderweise kommt noch dazu, dass in Sprachen wie Deutsch und
Russisch Possessivpronomen nicht dasselbe sind wie der Genitiv der
Personalpronomen. (Russisch zeigt auch, wie fließend das ist. Dort
gibt es Possessivpronomen nur für die 1. und 2. Person und reflexiv
für alle Personen. Für die dritte Person gibt es keine nichtreflexive
Form; bei Sätzen nach dem Muster "er liest ihr Buch" verwendet man
stattdessen den Genitiv des Personalpronomens.)
Post by Ralf Joerres
Und possessiv = 'besitz'anzeigend sind sie leider bzw. gottseidank
auch nicht, wohl eher zuordnend: unser (aller) Heimatplanet.
Hier sollte man die etymologische Bedeutung ignorieren. Der Akkusativ
ist auch nicht anklagend.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Heinz Lohmann
2016-10-24 00:56:51 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Ralf Joerres
Kleine Anmerkung am Rande: Ich würde ein Possessiv als Begleiter eines
Post by Ralf Joerres
Nomens nicht als Pronomen bezeichnen, aus dem einfachen Grund, weil es
kein Pronomen ist.
Ersetzen sie denn nicht ein Genitivattribut?
die Rede des Präsidenten -> seine Rede
--------------- -----
Ich halte die Bezeichnung "Possessivpronomen" für diese attributiven
Formen auch für fraglich, aber sie scheint in der deutschen Grammatik
etabliert zu sein.
In den DaF-Lehrwerken werden sie oft Possessivartikel genannt. Sie
stehen an der Stelle der Artikel und haben possessive Funktionen.

Damit kommen die Kursteilnehmer und ich als Kursleiter gut hin.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Christian Weisgerber
2016-10-24 14:55:01 UTC
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Post by Heinz Lohmann
Post by Christian Weisgerber
Ich halte die Bezeichnung "Possessivpronomen" für diese attributiven
Formen auch für fraglich, aber sie scheint in der deutschen Grammatik
etabliert zu sein.
In den DaF-Lehrwerken werden sie oft Possessivartikel genannt. Sie
stehen an der Stelle der Artikel und haben possessive Funktionen.
Entsprechend dann auch "Demonstrativartikel"?

Im Deutschen und Englischen sind die attributiv verwendeten und
alleinstehenden Demonstrativa ja formgleich; im Französischen sind
sie das nicht und die Unterscheidung zwischen _adjectif démonstratif_
und _pronom démonstratif_ unmittelbar einsichtig.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Ralf Joerres
2016-10-26 21:30:55 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Heinz Lohmann
Post by Christian Weisgerber
Ich halte die Bezeichnung "Possessivpronomen" für diese attributiven
Formen auch für fraglich, aber sie scheint in der deutschen Grammatik
etabliert zu sein.
In den DaF-Lehrwerken werden sie oft Possessivartikel genannt. Sie
stehen an der Stelle der Artikel und haben possessive Funktionen.
Entsprechend dann auch "Demonstrativartikel"?
Im Deutschen und Englischen sind die attributiv verwendeten und
alleinstehenden Demonstrativa ja formgleich; im Französischen sind
sie das nicht und die Unterscheidung zwischen _adjectif démonstratif_
und _pronom démonstratif_ unmittelbar einsichtig.
Allerdings bis auf die nicht zu unterschätzende (terminologische)
'Kleinigkeit', dass Adjektive sowohl, was ihr Stellungsverhalten angeht,
als auch vor allem in ihrer mit der syntaktischen Funktion verbundenen
Semantik sich wesensmäßig von Determinierern unterscheiden.

Gruß Ralf Joerres
Heinz Lohmann
2016-10-27 00:20:31 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Heinz Lohmann
Post by Christian Weisgerber
Ich halte die Bezeichnung "Possessivpronomen" für diese attributiven
Formen auch für fraglich, aber sie scheint in der deutschen Grammatik
etabliert zu sein.
In den DaF-Lehrwerken werden sie oft Possessivartikel genannt. Sie
stehen an der Stelle der Artikel und haben possessive Funktionen.
Entsprechend dann auch "Demonstrativartikel"?
Demonstrativpronomen.
Ich vermute, man benutzt Possessivartikel, weil sie anstelle des
Artikels vor dem Nomen stehen.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Christian Weisgerber
2016-10-28 20:57:18 UTC
Permalink
On 2016-10-27, Heinz Lohmann <***@sofort-mail.de> wrote:

["Possessivpronomen"]
Post by Stefan Ram
Post by Christian Weisgerber
Post by Heinz Lohmann
In den DaF-Lehrwerken werden sie oft Possessivartikel genannt. Sie
stehen an der Stelle der Artikel und haben possessive Funktionen.
Entsprechend dann auch "Demonstrativartikel"?
Demonstrativpronomen.
Das ist aber inkonsequent.
Post by Stefan Ram
Ich vermute, man benutzt Possessivartikel, weil sie anstelle des
Artikels vor dem Nomen stehen.
Das tun die Demonstrativdingsda auch:

die Hose - meine Hosee - diese Hose
die blaue Hose - meine blaue Hose - diese blaue Hose

Sie sind auch nicht mit Artikeln kombinierbar: *die diese Hose

(Sprachgeschichtlich entstehen Artikel ja typischerweise aus solchen
Demonstrativa.)
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Helmut Richter
2016-10-28 21:56:32 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
die Hose - meine Hosee - diese Hose
die blaue Hose - meine blaue Hose - diese blaue Hose
Sie sind auch nicht mit Artikeln kombinierbar: *die diese Hose
Dafür sind die Demonstrativdingsda mit den Possesivdingsda kombinierbar,
so dass der Ausdruck dann zwei Artikelsurrogate hat:

diese meine blaue Hose

Geht auch mit echtem Artikel statt Demonstrativdingsdum und echtem
Possessivpronomen:

die blaue Hose mein

In anderen Sprachen sind die Kombinationsregeln wieder andere, z.B. im
It mit Artikel *und* Possessivdingsdum oder im He mit Artikel auch am
Adjektiv und Demonstrativdingsdum, aber nicht am Possessivdingsdum.

Da es diese Dingsda in vielen Sprachen gibt, hätte man gern eine
Bezeichnung, die von solchen Feinheiten wie Wiederholbarkeit und
Wortstellung nicht allzusehr abhängt. Man nennt sie halt Pronomen, auch
wenn das unglücklich ist.

(Ich hoffe der Singular Dingsdum von Dingsda war richtig -- bin kein
Lateiner.)
--
Helmut Richter
Ralf Joerres
2016-10-26 21:21:05 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Ralf Joerres
Kleine Anmerkung am Rande: Ich würde ein Possessiv als Begleiter eines
Nomens nicht als Pronomen bezeichnen, aus dem einfachen Grund, weil es
kein Pronomen ist.
Ersetzen sie denn nicht ein Genitivattribut?
die Rede des Präsidenten -> seine Rede
Ich weiß nicht, ober 'ersetzen' hier eine glückliche Formulierung ist.
Und selbst wenn: Müsste es dann nicht 'die seine Rede' heißen, m.a.w.,
wohin ist das 'die' verschwunden, wenn 'seine' das 'des Präsidenten'
'ersetzt'?
Post by Christian Weisgerber
Ich halte die Bezeichnung "Possessivpronomen" für diese attributiven
Formen auch für fraglich, aber sie scheint in der deutschen Grammatik
etabliert zu sein.
Es gibt nicht 'die' deutsche Grammatik, sondern es gibt etliche deutsche
Grammatiken und eine Unzahl von Fachaufsätzen zu speziellen Themen. Bei
den aktuell lieferbaren Grammatiken könnte man diejenigen befragen, die
als maßgeblich angesehen werden. Ich für mein(en?) Teil kann nur die
nehmen, die ich zur Zeit bei mir rumstehen habe. Die Duden-Grammatik von
2006 zieht die Angemessenheit der traditionellen Redeweise von den
'Possessivpronomen' vorsichtig in Zweifel, möglicherweise taten das
bereits frühere Ausgaben. Der Duden nennt die gesamte Wortart
'Artikelwörter und Pronomen' und spricht je nach syntaktischer Funktion
von Artikelwörtern oder von Pronomen und nennt sie in possessiv
begleitender Funktion 'possessive Artikelwörter'. Der Duden verweist auf
Helbig/Buscha 2001, wo ebenfalls von Artikelwörtern die Rede war.
Eisenberg 2013 nennt sie als Wortart 'Artikelpronomen' und spricht vom
'Gebrauch als Artikelwort' (oder von einem 'adsubstantivischen
Possessivum'). Grammis (online) nennt die begleitenden Possessiva
'Possessivartikel', bei Engel (1988) heißen sie 'possessive
Determinative', Zemb (1978) nennt sie 'possessive D' (D = Symbol für
Determinierer). Angesichts dessen zu sagen, die Rede von den
(begleitenden) Possessivpronomen sei 'etabliert', halte ich für nicht
unproblematisch.

Sie ist insofern etabliert, als viele im Berufsfeld der Germanisten
Tätigen mit dieser Terminologie ausgebildet wurden und nie Veranlassung
hatten, sie in Frage zu stellen, weil sie auch durch die Schulbücher
jahrzehntelang mitgetragen und vorausgesetzt wurde. Das heißt aber
nicht, dass die Forschung auf dem Gebiet der Wortarten auf dem Stand der
60er Jahre des letzten Jahrhunderts stehengeblieben wäre.

Dazu hört man dann aus der Richtung der mehr traditionsbewussten
Deutschinteressierten tendenziell eher so etwas wie gequälte Stoßseufzer
mit dem Tenor 'Warum müssen diese schrecklichen Linguisten alles immer
so kompliziert machen...' Das ist verständlich, wer liest sich schon die
Bedienungsanleitung seines Smartphones komplett durch, oder das
Kleingedruckte beim Autokauf, oder die AGB der Deutschen Bahn AG vor dem
Fahrkartenkauf, und ähnlich uncharmant und fieselig und
kleinigkeitsversessen erscheinen vielen die haarspalterischen
Unterscheidungen in neueren Grammatiken.

Was die Unterscheidungen von possessiven Artikelwörtern und Pronomen
angeht, vielleicht noch ein Hinweis: Man kann pronominal auf die Frage
'Wem gehört das Buch?' antworten 'Das ist meins.' Man kann aber nicht
sagen '*Das ist meins Buch.' Das heißt, dass das Flexionsinventar der
Pronomen sich von dem der Artikel unterscheidet, ein zusätzliches
morphologisches Argument.
Post by Christian Weisgerber
Verwirrenderweise kommt noch dazu, dass in Sprachen wie Deutsch und
Russisch Possessivpronomen nicht dasselbe sind wie der Genitiv der
Personalpronomen. (Russisch zeigt auch, wie fließend das ist. Dort
gibt es Possessivpronomen nur für die 1. und 2. Person und reflexiv
für alle Personen. Für die dritte Person gibt es keine nichtreflexive
Form; bei Sätzen nach dem Muster "er liest ihr Buch" verwendet man
stattdessen den Genitiv des Personalpronomens.)
Post by Ralf Joerres
Und possessiv = 'besitz'anzeigend sind sie leider bzw. gottseidank
auch nicht, wohl eher zuordnend: unser (aller) Heimatplanet.
Hier sollte man die etymologische Bedeutung ignorieren. Der Akkusativ
ist auch nicht anklagend.
Okay. Dennoch sollte eine Terminologie versuchen, das Gemeinte auch in
seiner Terminologie abzubilden. Nur ist das Gemeinte beim Akkusativ so
wenig fassbar, dass es dafür vielleicht kein Wort gibt. Darum finde ich
die schlichte Nummerierung der Fälle sinnvoll, nur die Reihenfolge
nicht, und auch die wird jedenfalls im Sprachunterricht oft nicht mehr
in der traditionellen Weise vorgenommen, sondern nach der Wichtigkeit: 1
Nominativ, 2 Akkusativ, 3 Dativ 4 Genitiv. Ob tatsächlich dann vom 2.
Fall im Sinne von 'Akkusativ' gesprochen wird (den Begriff 'Akkusativ'
braucht man eigentlich nicht), weiß ich nicht. Für 'possessiv' könnte
man jedoch ohne weitere 'Zuordnungs-' oder 'Zugehörigkeits-' oder etwas
Vergleichbares sagen.

Dass Terminologien veralten oder durch neue Erkenntnisse überholt
werden, gibt es neben vielen anderen Bereichen auch in der Biologie, vor
allem durch die neueren Möglichkeiten der Genanalyse. Wenn nun ganze
Bereiche innerhalb der Systematik, wie das riesige Feld der Korbblütler,
kladistisch und terminologisch neu organisiert werden, dann dauert es
jahrzehntelang, bis die neuen Erkenntnisse, nachdem sie die sehr
ausgefuchsten Routinen der internationalen Nomenklaturinstanz
durchlaufen haben, bis dieses neue Wissen auch in den Curricula der
Schulen ankommt, vermittelt durch nach den neuen terminologischen
Standards ausgebildete Junglehrer, und wieder einige Jahre, bis dieses
Wissen sich in den Gartenbaubetrieben 'etabliert' hat, denn alle vor den
Neu-Azubis nach alter Terminologie ausgebildeten Gärtner behalten ihre
botanischen Pflanzennamen meist für den Rest ihres Lebens bei. Auch die
stöhnen kräftig rum: Wieso muss sich eigentlich da immer wieder so viel
ändern, sind die eigentlich bekloppt?

Gruß Ralf Joerres
Gunhild Simon
2016-10-27 10:42:44 UTC
Permalink
Ich für mein(en?) Teil ...
Meiner Ansicht nach ist der Teil der Anteil,
Bestandteil,
das Teil jedoch ein einzelnes Stück.

Jetzt habe ich gegugelt:

Duden ist lapidar.
Aber Bastian hat sich Gedannken gemacht:
http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-abc-teil-der-teil-das-a-433020.html

Gruß
Gunhild
Martin Gerdes
2016-10-28 09:05:29 UTC
Permalink
Ich für mein(en?) Teil ...
Meiner Ansicht nach ist der Teil der Anteil, Bestandteil,
das Teil jedoch ein einzelnes Stück.
Grundsätzlich ja, allerdings verschwimmen solche Zuschreibungen in der
Praxis etwas. Dazu kommt die Tendenz zum Weglassen von Endung (wir
hatten das am Beispiel der unbestimmten Artikel gerade eben erst).

Bei so einem eloquenten Mitschreiber wie Ralph verwundert die
Unsicherheit allerdings etwas.
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