Discussion:
Letzte Worte von Heinrich Heine vor seinem Tod
(zu alt für eine Antwort)
Helmut
2010-01-28 21:43:35 UTC
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Der große Spötter Heinrich Heine tat spät Buße. Im Nachwort zu seiner
Gedichtsammlung "Romancero" (30.9.1851) schrieb er: "Wenn man auf dem
Sterbebett liegt, wird man sehr empfindsam und möchte Frieden machen mit
Gott und der Welt ... Gedichte, die nur halbwegs Anzüglichkeiten gegen
Gott enthielten, habe ich mit ängstlichem Eifer verbrannt. Es ist
besser, daß die Verse brennen als der Versemacher ... Ich bin zu Gott
zurück gekehrt wie ein verlorener Sohn, nachdem ich lange bei den
Hegelianern die Schweine gehütet habe ..."

Kurz vor seinem Lebensende schrieb Heine noch:

"Zerschlagen ist die alte Leier am Felsen, welcher Christus heißt!
Die Leier, dir zur bösen Feier bewegt ward von einem bösen Geist.
Die Leier, die zum Aufruhr klang,
die Zweifel, Spott und Abfall sang.
Oh Herr, o Herr, ich knie nieder,
vergib, vergib mir meine Lieder!"

Helmut
norbert baude
2010-01-28 22:46:36 UTC
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Post by Helmut
Der große Spötter Heinrich Heine tat spät Buße. Im Nachwort zu seiner
Gedichtsammlung "Romancero" (30.9.1851) schrieb er: "Wenn man auf dem
Sterbebett liegt, wird man sehr empfindsam und möchte Frieden machen mit
Gott und der Welt ... Gedichte, die nur halbwegs Anzüglichkeiten gegen
Gott enthielten, habe ich mit ängstlichem Eifer verbrannt. Es ist
besser, daß die Verse brennen als der Versemacher ... Ich bin zu Gott
zurück gekehrt wie ein verlorener Sohn, nachdem ich lange bei den
Hegelianern die Schweine gehütet habe ..."
"Zerschlagen ist die alte Leier am Felsen, welcher Christus heißt!
Die Leier, dir zur bösen Feier bewegt ward von einem bösen Geist.
Die Leier, die zum Aufruhr klang,
die Zweifel, Spott und Abfall sang.
Oh Herr, o Herr, ich knie nieder,
vergib, vergib mir meine Lieder!"
Und? Was beweist das?
Ein Tolstoi hat dem Popen untersagt, sein Sterbezimmer zu betreten.
Ein Giordano Bruno hat auf dem Scheiterhaufen noch seinen Kopf
abgewendet von einem Kreuz, das ihm ein Mönch entgegengehalten hat.

Was beweisen Einzelfälle? Nullkommanix!
Und mit der Folter (was Heines "Matratzengruft" ja auch war) kann man so
ziemlich jeden mürbe machen.

Im übrigen sei dazu empfohlen:

Ich habe meine Sache hier getan: Leben und letzte Worte berühmter Frauen
und Männer von Hans Halter (Gebundene Ausgabe - März 2007)

Beispiel:
"Der amerikanische Supergangster Dutch Schultz, von Albert AnastasiaŽs
Murder Incorporation" in einem Restaurant tödlich von Kugeln verletzt,
fantasierte 24 Stunden später im Krankenhaus:" Ich möchte zahlen. Ich
hatte einen Bohneneintopf". Und der Herr von Stand sagte am Sterbelager
zu einem Priester, der ihn ermunterte, jetzt dem Teufel abzuschwören:
Ich glaube nicht, dass jetzt der richtige Moment ist, sich neue Freunde
zu machen."

Gruß Norbert

fúp nach dst
--
"Es muß einmal gesagt werden: Wir sind alle nicht mehr recht zufrieden
mit dem alten Herrn. Was macht der Mann eigentlich den ganzen Tag?"
(Kurt Tucholsky)
Jakob Achterndiek
2010-01-28 23:25:34 UTC
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Post by Helmut
Der große Spötter Heinrich Heine tat spät Buße. Im Nachwort zu
Das Nachwort zum "Romanzero" - mit Z, was freilich nur Leute
wissen können, die jene 12 Seiten selbst gelesen haben - jenes
Nachwort also enthält so herrlich ironische Lästereien, daß die
Lektüre allen denen dringend anzuraten ist, die von Literatur
und Religion genug verstehen, um auch deren ironische Brechungen
mit Vergnügen lesen zu können.
<http://gutenberg.spiegel.de/?id=12&xid=1146&kapitel=50&cHash=382ff2d1312>
Post by Helmut
| "Zerschlagen ist die alte Leier
| am Felsen, welcher Christus heißt!
| [..]"
Dieses Lied hat drei weitere, also im ganzen vier, Strophen,
deren lyrische Brillanz man sich quasi auf der Zunge zergehen
lassen sollte:
<http://www.christliche-gedichte.de/?pg=5110>
Wer das lesen und dann behaupten kann, sowas sei von Heinrich
Heine, dem ist nicht zu helfen: Seine Götter haben ihm das Hirn
verkleistert. Man muß ihn lassen.

Nur wenn er anfängt, selbst Leiern zu zerschlagen, fremde Leiern,
dann muß man ihm kräftig auf die Finger hauen! Weil: Das hat ja
schon mal jemand versucht. :-(

j/\a
--
Gunhild Simon
2010-01-29 07:33:02 UTC
Permalink
...
Post by Jakob Achterndiek
|  "Zerschlagen ist die alte Leier
|  am Felsen, welcher Christus heißt!
|  [..]"
Dieses Lied hat drei weitere, also im ganzen vier, Strophen,
deren lyrische Brillanz man sich quasi auf der Zunge zergehen
   <http://www.christliche-gedichte.de/?pg=5110>
Wer das lesen und dann behaupten kann, sowas sei von Heinrich
Heine, dem ist nicht zu helfen: Seine Götter haben ihm das Hirn
verkleistert. Man muß ihn lassen.
...

Jetzt habe ich mich lange beschäftigt mit dem Lieblingsdichter. Der
Link
http://gutenberg.spiegel.de/?id=12&xid=1146&kapitel=50&cHash=382ff2d1312
war ein Gewinn.
Immerhin verzichtete er auf jegliche Einladung an Kirchenvertreter zu
seinem Leichenbegängnis.
Seine Grabinschrift - Friedhof Montparnasse, es ist sein Gedicht
"Wo?" - lautet:

Wo wird einst des Wandermüden
Letzte Ruhestätte seyn?
Unter Palmen in dem Süden?
Unter Linden an dem Rhein?

Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand.

Immerhin mich wird umgeben
Gotteshimmel, dort wie hier,
Und als Todtenlampen schweben
Nachts die Sterne über mir.

Gruß
Gunhild

Hier ein informativer. ausführlicher und reich bebilderter Artikel zu
Heines Biographie
http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Heine..
Lothar Frings
2010-01-29 08:16:47 UTC
Permalink
Post by Gunhild Simon
Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand.
Donnerknispel. "Küste" auf "Wüste" zu reimen
hätt ich mich nicht getraut.
Volker Gringmuth
2010-01-29 09:00:05 UTC
Permalink
Post by Lothar Frings
Post by Gunhild Simon
Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand.
Donnerknispel. "Küste" auf "Wüste" zu reimen
hätt ich mich nicht getraut.
Und bei mir läutete die letzte Zeile "Eines Meeres tief im Sand"; den
betonten Artikel find ich nicht so schön.

Aber der Heine ist einfach ein Fuchs vor dem HErrn.


vG
Lothar Frings
2010-01-29 09:05:54 UTC
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Post by Volker Gringmuth
Post by Lothar Frings
Post by Gunhild Simon
Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand.
Donnerknispel. "Küste" auf "Wüste" zu reimen
hätt ich mich nicht getraut.
Und bei mir läutete die letzte Zeile "Eines Meeres tief im Sand"; den
betonten Artikel find ich nicht so schön.
Welcher Artikel? "Eines" wird bei dir auch auf der ersten
Silbe betont, "dem" bei Heine nicht.
Volker Gringmuth
2010-01-29 09:11:48 UTC
Permalink
Post by Lothar Frings
Post by Volker Gringmuth
Und bei mir läutete die letzte Zeile "Eines Meeres tief im Sand"; den
betonten Artikel find ich nicht so schön.
Welcher Artikel? "Eines" wird bei dir auch auf der ersten
Silbe betont, "dem" bei Heine nicht.
Wo findest Du das "dem" betonter: bei "in dem" oder bei "im"?


vG
Lothar Frings
2010-01-29 09:16:02 UTC
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Post by Volker Gringmuth
Post by Lothar Frings
Post by Volker Gringmuth
Und bei mir läutete die letzte Zeile "Eines Meeres tief im Sand"; den
betonten Artikel find ich nicht so schön.
Welcher Artikel? "Eines" wird bei dir auch auf der ersten
Silbe betont, "dem" bei Heine nicht.
Wo findest Du das "dem" betonter: bei "in dem" oder bei "im"?
Ich finde beides unbetont.
Lars Bräsicke
2010-01-29 21:20:35 UTC
Permalink
Post by Volker Gringmuth
Post by Lothar Frings
Post by Volker Gringmuth
Und bei mir läutete die letzte Zeile "Eines Meeres tief im Sand"; den
betonten Artikel find ich nicht so schön.
Welcher Artikel? "Eines" wird bei dir auch auf der ersten
Silbe betont, "dem" bei Heine nicht.
Wo findest Du das "dem" betonter: bei "in dem" oder bei "im"?
Bei "in dem" hätte ich keinen Artikel, sondern ein Demonstrativum vermutet.

Lars
Jakob Achterndiek
2010-01-29 09:24:42 UTC
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Post by Volker Gringmuth
Post by Lothar Frings
Post by Gunhild Simon
Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand.
Donnerknispel. "Küste" auf "Wüste" zu reimen
hätt ich mich nicht getraut.
Und bei mir läutete die letzte Zeile
"Eines Meeres tief im Sand";
den betonten Artikel find ich nicht so schön.
Aber der Heine ist einfach ein Fuchs vor dem HErrn.
Vor allem ist er pingelig genau - und weiß, daß die
angeschwemmten Toten leider nicht TIEF im Sand liegen,
sondern höchst unästhetisch einfach so oben drauf.

j/\a
--
Uwe Schickedanz
2010-01-29 10:08:09 UTC
Permalink
On Fri, 29 Jan 2010 10:24:42 +0100, "Jakob Achterndiek"
Post by Jakob Achterndiek
Vor allem ist er pingelig genau - und weiß, daß die
angeschwemmten Toten leider nicht TIEF im Sand liegen,
sondern höchst unästhetisch einfach so oben drauf.
Ein Glück, daß er kein Österreicher war, sonst hätten sie am Sand
gelegen.

Gruß Uwe
--
"Demokratie ist riskant. Das Volk kann sich ja auch irren."
Dieter Wiefelspütz, SPD
=== http://www.sicherheitslampe.de ===
Werner Tann
2010-01-29 12:02:23 UTC
Permalink
Post by Uwe Schickedanz
Ein Glück, daß er kein Österreicher war, sonst hätten sie am Sand
gelegen.
Kein Österreicher liegt "am" Sand. Und "am Sand sein" hat nichts mit
Sand zu tun.

http://www.ostarrichi.org/oesterreich-4599-at-am+Sand+sein.html
http://www.amsand.net/
Martin Schoenbeck
2010-01-29 13:03:42 UTC
Permalink
Hallo Werner,
Post by Werner Tann
Kein Österreicher liegt "am" Sand. Und "am Sand sein" hat nichts mit
Sand zu tun.
Aber Züge stehen am Gleis u.ä.

Gruß Martin
--
Bitte nicht an der E-Mail-Adresse fummeln, die paßt so.
Oliver Cromm
2010-02-02 23:38:44 UTC
Permalink
Post by Werner Tann
Post by Uwe Schickedanz
Ein Glück, daß er kein Österreicher war, sonst hätten sie am Sand
gelegen.
Kein Österreicher liegt "am" Sand.
Tja, den weht's halt von den Bergen immer herunter.
--
The generation of random numbers is too important to be left to chance.
Robert R. Coveyou
Michael Schumacher
2010-02-03 04:53:19 UTC
Permalink
Post by Oliver Cromm
Post by Werner Tann
Post by Uwe Schickedanz
Ein Glück, daß er kein Österreicher war, sonst hätten sie
am Sand gelegen.
Kein Österreicher liegt "am" Sand.
Tja, den weht's halt von den Bergen immer herunter.
Kann Deutschen nicht passieren: die benutzen Frottee-Handtücher
für den gescheiten Grip.


mike

Volker Gringmuth
2010-01-29 17:59:30 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Post by Volker Gringmuth
Post by Lothar Frings
Post by Gunhild Simon
Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand.
Donnerknispel. "Küste" auf "Wüste" zu reimen
hätt ich mich nicht getraut.
Und bei mir läutete die letzte Zeile
"Eines Meeres tief im Sand";
den betonten Artikel find ich nicht so schön.
Aber der Heine ist einfach ein Fuchs vor dem HErrn.
Vor allem ist er pingelig genau - und weiß, daß die
angeschwemmten Toten leider nicht TIEF im Sand liegen,
sondern höchst unästhetisch einfach so oben drauf.
Das mag sein - wenn ich das nächste Mal tot an den Strand geschwemmt werde,
achte ich mal drauf. Aber andererseits stand ja nirgends etwas von
Angeschwemmtwordensein.


vG
--
"Die Linke soll das SED-Vermögen rausrücken? Ich sag immer, die Regeln
gelten für alle. Gut, ich geh zur Linken - wer von Ihnen geht zum Papst?
Und das ist nicht mal ne Nachfolgeorganisation! Die haben sich nach der
Hexenverbrennung nicht mal umbenannt! Das ist Corporate Identity, meine
Damen und Herren!"
(Volker Pispers, "Bis neulich")
Jakob Achterndiek
2010-01-29 09:15:17 UTC
Permalink
Post by Gunhild Simon
Seine Grabinschrift - Friedhof Montparnasse, es ist sein
[..]
Immerhin mich wird umgeben
Gotteshimmel, dort wie hier,
Und als Todtenlampen schweben
Nachts die Sterne über mir.
Gruß
Gunhild
Wer hat ihm eigentlich diese Grabinschrift zugeteilt?

Auch aus dem Nachlaß, aber zeitlich wohl später anzusetzen
als das von Briegleb um 1839/40 eingeordnete "Wo", ist
dieser
| Stoßseufzer
|
| Unbequemer neuer Glauben!
| Wenn sie uns den Herrgott rauben,
| Hat das Fluchen auch ein End' –
| Himmel-Herrgott-Sakrament!
|
| Wir entbehren leicht das Beten,
| Doch das Fluchen ist vonnöten,
| Wenn man gegen Feinde rennt –
| Himmel-Herrgott-Sakrament!
|
| Nicht zum Lieben, nein, zum Hassen
| Sollt ihr uns den Herrgott lassen,
| Weil man sonst nicht fluchen könnt –
| Himmel-Herrgott-Sakrament!

Gruß
j/\a
--
Lothar Frings
2010-01-29 08:21:40 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Dieses Lied hat drei weitere, also im ganzen vier, Strophen,
deren lyrische Brillanz man sich quasi auf der Zunge zergehen
   <http://www.christliche-gedichte.de/?pg=5110>
Wer das lesen und dann behaupten kann, sowas sei von Heinrich
Heine, dem ist nicht zu helfen: Seine Götter haben ihm das Hirn
verkleistert. Man muß ihn lassen.
Nur wenn er anfängt, selbst Leiern zu zerschlagen, fremde Leiern,
dann muß man ihm kräftig auf die Finger hauen! Weil: Das hat ja
schon mal jemand versucht.  :-(
Ja, die Inquisition und unzählige Missionare zum Beispiel.
Lothar Frings
2010-01-29 07:56:34 UTC
Permalink
Post by Helmut
Der große Spötter Heinrich Heine tat spät Buße.
[...]

Ich verstehe nicht ganz - ist da irgendwas sprachlich
Auffälliges dran?
Jakob Achterndiek
2010-01-29 18:34:21 UTC
Permalink
Als im Jahre 1890 meine Ur-Ur-Großmutter Elise Str.,
geborene P., darniederlag und Kinder und Enkel sich
schon um das Bett versammelt hatten, um ihr mit Gebet
und feuchten Tüchern beizustehen, da richtete sich
die Greisin in ihren Kissen auf und sprach: »Kinnings,
gäwt mi mine Strümp! Ick bün dat Gesterbe nu satt.«

j/\a
--
Michael Schumacher
2010-01-29 19:10:07 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Als im Jahre 1890 meine Ur-Ur-Großmutter Elise Str.,
geborene P., darniederlag und Kinder und Enkel sich
schon um das Bett versammelt hatten, um ihr mit Gebet
und feuchten Tüchern beizustehen, da richtete sich
die Greisin in ihren Kissen auf und sprach: »Kinnings,
gäwt mi mine Strümp! Ick bün dat Gesterbe nu satt.«
Das ist doch glatt gelogen -- "Feuchte Tücher" sind
eine Erfindung der Sechziger und kamen etwa zeitgleich
mit Wasser in Flaschen in die Discounter-Filialen.

Das hätte Dir aber auch selber auffallen müssen!


mi";-)"ke
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