Discussion:
Partizip Perfekt von winken
(zu alt für eine Antwort)
Gunhild Simon
2018-04-16 21:58:11 UTC
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Heute im Zeit-Magazin;

"Die linken Parteien haben abgewunken ..."

Mir klingt das etwas schräg.
Parallel zu stinken?
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?

Gruß
Gunhild
Manfred Hoß
2018-04-16 22:28:00 UTC
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Post by Gunhild Simon
Heute im Zeit-Magazin;
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Mir klingt das etwas schräg.
Parallel zu stinken?
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
Der Duden führt sowohl "abgewinkt" als auch "abgewunken" auf, falls du das
meinst.

Gruß
Manfred.
René Marquardt
2018-04-16 22:31:05 UTC
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Post by Gunhild Simon
Heute im Zeit-Magazin;
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Mir klingt das etwas schräg.
Parallel zu stinken?
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
Ist mir rille. Wenn ich das Werk aufschlage, denke ich mir immer,
ach, du dummes Buch.was weißt du denn. Besonders die
neueren Auflagen.

Evtl. könnte ich mir einen Bedeutungsunterschied der beiden
Formen denken, ähnlich gehängt/gehangen.
Christian Weisgerber
2018-04-16 22:29:01 UTC
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Post by Gunhild Simon
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
Duden 9 (7. Aufl., 2011) konstatiert:

winken: [...] 2. Partizip II: Das schwach flektierte Partizip II
von _winken_ lautet _gewinkt_. In der Umgangssprache ist auch die
stark flektierte Form _gewunken_ häufig.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Jakob Achterndiek
2018-04-17 07:46:53 UTC
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Post by Christian Weisgerber
Post by Gunhild Simon
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
winken: [...] 2. Partizip II: Das schwach flektierte Partizip II
von _winken_ lautet _gewinkt_. In der Umgangssprache ist auch die
stark flektierte Form _gewunken_ häufig.
Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
--
k/\a
H.-P. Schulz
2018-04-17 09:09:22 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Ja, das kenne ich auch ... und peinlich zu gestehen: von mir selbst.
Ist Alt-Berliner Aufgeräumtheits-Släng. (mit 'ä'!!)
Etwa auf derselben Stufe wie "Schankedön! - Schittebön!" ...
Helmut Richter
2018-04-17 09:33:52 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Christian Weisgerber
Post by Gunhild Simon
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
winken: [...] 2. Partizip II: Das schwach flektierte Partizip II
von _winken_ lautet _gewinkt_. In der Umgangssprache ist auch die
stark flektierte Form _gewunken_ häufig.
Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
Der Unterschied ist nur, dass das ein Witz ist und erkennbar einer
sein soll, während "gewunken" auf ein Dreivierteljahrtausend
ernsthaften Gebrauchs zurückblickt. Und auch die Mischung starker
("winkte") und schwacher ("gewunken") Bildung von Vergangenheitsformen
ist nichts Ungewöhnliches: auch wer neumodisches "er backte" statt "er
buk" sagt, wird das Partizip "gebacken" verwenden und nicht
"gebackt". Den umgekehrten Fall gibts auch: "es stak" – "es hat
gesteckt".

--
Helmut Richter
Helmut Richter
2018-04-17 09:48:46 UTC
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Post by Helmut Richter
ernsthaften Gebrauchs zurückblickt. Und auch die Mischung starker
("winkte") und schwacher ("gewunken") Bildung von Vergangenheitsformen
Stark und schwach ist natürlich anders herum.
--
Helmut Richter
U***@web.de
2018-04-17 11:50:21 UTC
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Post by Helmut Richter
Der Unterschied ist nur, dass das ein Witz ist und erkennbar einer
sein soll, während "gewunken" auf ein Dreivierteljahrtausend
ernsthaften Gebrauchs zurückblickt.
Und wer da meint, da mit 'geblunken' kommen
zu müssen, dem sei ein herzliches
'gesinkt' entgegengehalten.

Gruß, ULF
Martin Gerdes
2018-04-17 21:37:32 UTC
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Post by Helmut Richter
Der Unterschied ist nur, dass das ein Witz ist und erkennbar einer
sein soll, während "gewunken" auf ein Dreivierteljahrtausend
ernsthaften Gebrauchs zurückblickt.
750 Jahre! Staun.
Post by Helmut Richter
Und auch die Mischung [schwacher] ("winkte") und [starker] ("gewunken")
Bildung von Vergangenheitsformen ist nichts Ungewöhnliches: auch
wer neumodisches "er backte" statt "er buk" sagt, wird das Partizip
"gebacken" verwenden und nicht "gebackt".
Bei "backen" ist Grundverb und Kausativum zusammengefallen.
Post by Helmut Richter
Den umgekehrten Fall gibts auch: "es stak" – "es hat gesteckt".
Auch bei "stecken" sind Grundverb und Veranlassungsverb
zusammengefallen.

Ich sage zwar: "Der Schlüssel steckte im Schloß." (Meine Gewährsperson
sagt: "stak") und "Ich steckte den Schlüssel ins Schloß" -- aber ich
unterscheide die beiden e so, daß ich sie jederzeit sauber
auseinanderbekomme (das erste offen als ä, das zweite geschlossen als
e).

Den gleichen Unterschied mache ich beim Partizip und beim Infinitiv,
bekomme hier also lautlich Grundverb und Kausativum sauber auseinander,
geschrieben beide gleich: "gesteckt" bzw "stecken".

Die beiden Aussprachen des Wortes "stecken" bei Forvo sind für meine
Ohren mit ä.

Die Aussprache der Phrase "stecken bleiben" ist mit e -- und damit für
meine Ohren falsch. "stecken" mit e ist das Kausativum -- bedeutet also
"hineinstecken", "stecken" mit ä ist das Grundverb -- selber gesteckt
sein.

Zu "stak" gibt es m.W. keine starke Partizipform mehr, meine
Gewährsperson weicht auf "gestochen" aus.
René Marquardt
2018-04-17 13:16:46 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Christian Weisgerber
Post by Gunhild Simon
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
winken: [...] 2. Partizip II: Das schwach flektierte Partizip II
von _winken_ lautet _gewinkt_. In der Umgangssprache ist auch die
stark flektierte Form _gewunken_ häufig.
Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
Ich wurde auch schon im Bayrischen gefragt: "Hobts Ihr gelitten?",
als nach Betaetigung einer Haustuersignalanlage durch mich
oben ein Kopf im Fenster erschien.
Helmut Richter
2018-04-17 13:45:12 UTC
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Post by René Marquardt
Ich wurde auch schon im Bayrischen gefragt: "Hobts Ihr gelitten?",
als nach Betaetigung einer Haustuersignalanlage durch mich
oben ein Kopf im Fenster erschien.
Ja, gibts im Bairischen öfter. Im Bairischen Dialektbuch von Ludwig
Zehetner findet man:

B Muadda hod-n gschumpfm ghabd, etz is-a undda-n Disch eine-gschloffa,
wai-a si gfoachdn hod, das-a wida ghaud wead. Des hod-a gschiicha.
Wia-s gliddn hod, how-a-me higsessn, de andern san davo grend, das-sa-s
dawuschn ham.
--
Helmut Richter
U***@web.de
2018-04-17 13:46:47 UTC
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Post by René Marquardt
Ich wurde auch schon im Bayrischen gefragt: "Hobts Ihr gelitten?",
als nach Betaetigung einer Haustuersignalanlage durch mich
oben ein Kopf im Fenster erschien.
Auch wenn Du dort mutterseelenallein standst?

Gruß, ULF
René Marquardt
2018-04-17 13:53:38 UTC
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Post by U***@web.de
Post by René Marquardt
Ich wurde auch schon im Bayrischen gefragt: "Hobts Ihr gelitten?",
als nach Betaetigung einer Haustuersignalanlage durch mich
oben ein Kopf im Fenster erschien.
Auch wenn Du dort mutterseelenallein standst?
Gruß, ULF
Ja, das war die Hoeflichkeitsform, dritte Person, Mehrzahl.
Ansonsten haette der Eingeborene gefragt: "Hat Er gelitten?",
dritte Person, Einzahl.
Dorothee Hermann
2018-04-17 13:56:15 UTC
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Post by René Marquardt
Post by Jakob Achterndiek
Post by Christian Weisgerber
"Die linken Parteien haben abgewunken ..." Ist aber schon
abgesegnet von Duden, oder?
winken: [...] 2. Partizip II: Das schwach flektierte Partizip II
von _winken_ lautet _gewinkt_. In der Umgangssprache ist auch
die stark flektierte Form _gewunken_ häufig.
Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Das ist so eine witzige Formulierung, die es heute noch manchmal
gibt. Und wenn erst einmal einer das Thema streift, dann /strifften/
andere sofort mit.
Post by René Marquardt
Post by Jakob Achterndiek
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
"Prüde"? Nie gehört die Formulierung.

Außerdem stehen doch selten Dialektwörter im Duden, oder?
Post by René Marquardt
Ich wurde auch schon im Bayrischen gefragt: "Hobts Ihr gelitten?",
als nach Betaetigung einer Haustuersignalanlage durch mich oben ein
Kopf im Fenster erschien.
"Habt ihr geläutet" kenn ich eher als "Hat's glittn?"


Dorothee
U***@web.de
2018-04-17 14:01:02 UTC
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Post by Dorothee Hermann
Post by Jakob Achterndiek
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
"Prüde"? Nie gehört die Formulierung.
Bitte wie? https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%BCderie

Gruß, ULF
Dorothee Hermann
2018-04-17 14:10:03 UTC
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Post by U***@web.de
Post by Dorothee Hermann
Post by Jakob Achterndiek
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
"Prüde"? Nie gehört die Formulierung.
Bitte wie? https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%BCderie
*seufz*
Du schriebst:
"Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas."

Und in Deinem o.a. Link heißt es:
|Prüderie bezeichnet eine sehr empfindliche Einstellung und
|Engherzigkeit gegenüber Sitte und Moral. Pierers Universallexikon
|von 1861 beschreibt Prüderie als „auf eine übertriebene und
|affektierte Weise sittsam; scheinspröde, zimperlich“.
|Im weiteren Sinne bezeichnet Prüderie eine Geisteshaltung, die
|das Ziel hat, sexuelle Äußerungen jeglicher Art in der Öffentlichkeit
|und teilweise auch im Privatbereich weitestgehend auszuschließen.
|Dies betrifft vor allem die Darstellung oder auch nur Andeutung von
|Erotik in Ton- und Bildform, Mode, Massenmedien, Literatur,
|historischen Zeugnissen, Konversation.


Für eine witzige Formulierung wie "geschonken gekrochen" findest Du
den Duden "prüde", weil er diese nicht aufgenommen hat?


Dorothee
U***@web.de
2018-04-17 14:17:07 UTC
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Post by Dorothee Hermann
Post by U***@web.de
Post by Dorothee Hermann
Post by Jakob Achterndiek
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
"Prüde"? Nie gehört die Formulierung.
Bitte wie? https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%BCderie
*seufz*
Du
Nein.
Ich mag es mitzitiert haben, ohne es als
eigenes Werk zu beanspruchen.
Post by Dorothee Hermann
"Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas."
|Prüderie bezeichnet eine sehr empfindliche Einstellung und
|Engherzigkeit gegenüber Sitte und Moral. Pierers Universallexikon
|von 1861 beschreibt Prüderie als „auf eine übertriebene und
|affektierte Weise sittsam; scheinspröde, zimperlich“.
|Im weiteren Sinne bezeichnet Prüderie eine Geisteshaltung, die
|das Ziel hat, sexuelle Äußerungen jeglicher Art in der Öffentlichkeit
|und teilweise auch im Privatbereich weitestgehend auszuschließen.
|Dies betrifft vor allem die Darstellung oder auch nur Andeutung von
|Erotik in Ton- und Bildform, Mode, Massenmedien, Literatur,
|historischen Zeugnissen, Konversation.
Für eine witzige Formulierung wie "geschonken gekrochen" findest Du
den Duden "prüde", weil er diese nicht aufgenommen hat?
Nein. Erstens fand nicht ich, und zweitens sind derlei
Verbformen eher albern als freizügig.

Dich aber konnte man so verstehen, als sei Dir ein bestimmtes
Adjektiv bis eben, unabhängig vom mehr oder weniger
unpassenden Kontext, unbekannt geblieben.
Dorothee Hermann
2018-04-17 14:38:04 UTC
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Post by U***@web.de
Dich aber konnte man so verstehen, als sei Dir ein bestimmtes
Adjektiv bis eben, unabhängig vom mehr oder weniger unpassenden
Kontext, unbekannt geblieben.
Tatsächlich?
So fasst Du (nicht "man"!) das auf?

Dein Satz lautete:
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
Und meine Frage zu diesem Satz lautet:
"Prüde"? Nie gehört die Formulierung.
Post by U***@web.de
... zweitens sind derlei Verbformen eher albern als freizügig.
Und warum dann Dein "prüde"?

Dorothee
U***@web.de
2018-04-17 16:16:43 UTC
Permalink
Post by Dorothee Hermann
Post by U***@web.de
... zweitens sind derlei Verbformen eher albern als freizügig.
Und warum dann Dein "prüde"?
Seufz, seufz, seufz. Warum bin ich Deiner Meinung nach Jakob?
Dorothee Hermann
2018-04-17 19:34:29 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Seufz, seufz, seufz. Warum bin ich Deiner Meinung nach Jakob?
Um bei Deiner 'Formulierung [¹] zu bleiben: Wo schrieb ich das?


[¹]
Message-ID: <7031e0a6-46d9-4bb7-a810-***@googlegroups.com>


Dorothee
U***@web.de
2018-04-18 06:38:04 UTC
Permalink
Post by Dorothee Hermann
Post by U***@web.de
Seufz, seufz, seufz. Warum bin ich Deiner Meinung nach Jakob?
Um bei Deiner 'Formulierung [¹] zu bleiben: Wo schrieb ich das?
[¹]
Post by U***@web.de
Dich aber konnte man so verstehen, als sei Dir ein bestimmtes
Adjektiv bis eben, unabhängig vom mehr oder weniger unpassenden
Kontext, unbekannt geblieben.
Tatsächlich?
So fasst Du (nicht "man"!) das auf?
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
Den Satz versuchst Du mir in die Schuhe zu
schieben, obgleich ich nicht dessen Autor bin.
Lars Bräsicke
2018-04-17 18:07:02 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Dich aber konnte man so verstehen, als sei Dir ein bestimmtes
Adjektiv bis eben, unabhängig vom mehr oder weniger
unpassenden Kontext, unbekannt geblieben.
Weibsvolk, dem jede Prüderie fremd ist, ist hier wohlgelitten.
Quinn C
2018-04-17 18:07:41 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Dorothee Hermann
Post by U***@web.de
Post by Dorothee Hermann
Post by Jakob Achterndiek
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas.
"Prüde"? Nie gehört die Formulierung.
Bitte wie? https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%BCderie
*seufz*
[...]
Für eine witzige Formulierung wie "geschonken gekrochen" findest Du
den Duden "prüde", weil er diese nicht aufgenommen hat?
Nein. Erstens fand nicht ich, und zweitens sind derlei
Verbformen eher albern als freizügig.
Dich aber konnte man so verstehen, als sei Dir ein bestimmtes
Adjektiv bis eben, unabhängig vom mehr oder weniger
unpassenden Kontext, unbekannt geblieben.
Mit ein wenig Mühe kann man jede Äußerung falsch verstehen.

Hier hast Du Dich mehr angestrengt, als ich bereit war.
--
gugelgans, f., alberne gans, schelte:
GRIMM, Deutsches Wörterbuch
Jakob Achterndiek
2018-04-17 18:25:04 UTC
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Post by Dorothee Hermann
*seufz*
"Schon meine Mutter (sie wäre heuer 110 Jahre alt) sagte bei
Gelegenheit etwas wie: "Das haben wir geschonken gekrochen."
Aber zu ihrer Zeit war der Duden noch zu prüde für so etwas."
|Prüderie bezeichnet eine sehr empfindliche Einstellung und
|Engherzigkeit gegenüber Sitte und Moral. Pierers Universallexikon
|von 1861 beschreibt Prüderie als „auf eine übertriebene und
|affektierte Weise sittsam; scheinspröde, zimperlich“.
|Im weiteren Sinne bezeichnet Prüderie eine Geisteshaltung, die
|das Ziel hat, sexuelle Äußerungen jeglicher Art in der Öffentlichkeit
|und teilweise auch im Privatbereich weitestgehend auszuschließen.
|Dies betrifft vor allem die Darstellung oder auch nur Andeutung von
|Erotik in Ton- und Bildform, Mode, Massenmedien, Literatur,
|historischen Zeugnissen, Konversation.
Für eine witzige Formulierung wie "geschonken gekrochen" findest Du
den Duden "prüde", weil er diese nicht aufgenommen hat?
Das sollten wir jetzt mal ein bißchen geraderücken.
(Die Verwechslungen der Zitatebenen lasse ich mal unkorrigiert.)

Wie sehr viele Wörter haben auch "prüde" und "Prüderie" mehrere
Bedeutungs-Schichten. Eine davon ist über die Zeiten weitgehend
konstant geblieben: Sie benennt eine scheue bis ängstliche Zurück-
haltung bis hin zur Abneigung in erotisch-sexueller Hinsicht.
Eine zweite Bedeutungs-Schicht hat sich mit den Zeiten stark
verändert und enthält eine moralische Wertung jener Zurückhaltung.
Diese Bedeutungs-Schicht steckt schon in Pierers Übernahme des
französischen Wortes und überwiegt heute stark, wie in dem oben
zitierten Artikel der Wikipedia.

Mit Bezug auf den Duden alter und neuer Provenienz kann "prüde"
doch wohl nur in einer übertragenen Bedeutung gemeint sein. Strei-
chen wir also Erotik und Sexualität, dann bleibt die "Zurückhaltung"
in den Stufen von sittsam bis hysterisch.
Und nun muß ich ja wohl nicht weiter erklären, daß sich der Duden
zu Zeiten meiner Mutter noch gegen jegliche plumpe Anmache mittels
frecher oder gar vulgärer Wortschöpfungen fein sittsam zurückgehalten
hat, wohingegen er heute den Anschein erweckt, als übernähme er gierig
alles Neue, Aufregende und habe dabei die Grenzen der Tradition, der
Moral und Sittsamkeit als irrationale, die Freiheit des Individuums
und die Entwicklung der Sprache einengende "viktorianische" Prüderie
abgestreift.

Das immer gegenwärtige leichte Augenzwinkern ;) wirst Du auch bei
diesen im Grunde ernsthaft gemeinten Erwägungen nicht ganz übersehen.
Es ist der "homo ludens" des Johan Huizinga, der der "Prüderie" der
gar zu ernsthaften Zeitgenossen (samt ~genossinnen) immer wieder gern
ein paar kleine Frivolitäten entgegensetzt.
--
j/\a
Dorothee Hermann
2018-04-17 19:34:23 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Post by Dorothee Hermann
Für eine witzige Formulierung wie "geschonken gekrochen" findest
Du den Duden "prüde", weil er diese nicht aufgenommen hat?
Das sollten wir jetzt mal ein bißchen geraderücken.
Wie sehr viele Wörter haben auch "prüde" und "Prüderie" mehrere
Bedeutungs-Schichten.[...]
Danke für Deine Erklärung.
Ich hätte es ohne diese/Dich /so/ nicht gesehen.


Dorothee
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2018-04-17 11:57:43 UTC
Permalink
Post by Christian Weisgerber
Post by Gunhild Simon
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
winken: [...] 2. Partizip II: Das schwach flektierte Partizip II
von _winken_ lautet _gewinkt_. In der Umgangssprache ist auch die
stark flektierte Form _gewunken_ häufig.
Es stellt sich die Frage nach dem Unterschied ;-)

Aus Johann Nestroy, "Einen Jux will er sich machen":

| Er befand sich, ohne zu wissen wie, in einem engen, abgelegenen
| Gäßchen, plötzlich gewahrte er an der Ecke einen Mann in einem
| Mantel, ihm war's, als ob er ihm gewunken – an der andern Ecke sieht
| er auch einen Mann, ihm deucht', als hätt' er ihm gewinkt,
| unentschlossen steht er da, er weiß nicht, soll er dem folgen, der
| ihm gewinkt, oder dem, der ihm gewunken [...]

Servus,
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Stefan, so preisbewusst wie der Süden. Höhnen ohne Gram.
(Sloganizer)
Christian Weisgerber
2018-04-16 22:39:47 UTC
Permalink
Post by Gunhild Simon
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Ist aber schon abgesegnet von Duden, oder?
Apropos „schon“:

Pfeifer bei der Etymologie:
[...] Ebenfalls in mhd. Zeit wird das Verb gelegentlich starker
Flexion angeglichen; noch heute gilt in Umgangssprache und Mundart
weithin ein Part. Prät. _gewunken_. [...]
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Klaus Pommerening
2018-04-17 06:24:09 UTC
Permalink
Post by Gunhild Simon
Heute im Zeit-Magazin;
"Die linken Parteien haben abgewunken ..."
Mir klingt das etwas schräg.
Parallel zu stinken?
stinken, stank, gestunken --> winken, wank, gewunken?
--
Klaus Pommerening
Dauernd danken irgendwelche Idioten einem für unser Verständnis.
Wenn der Zug Verspätung hat - wir danken Ihnen für Ihr Verständnis.
(Matthias Beltz)
Bertel Lund Hansen
2018-04-17 08:30:54 UTC
Permalink
Post by Klaus Pommerening
stinken, stank, gestunken --> winken, wank, gewunken?
klingen, klang, geklungen?
--
/Bertel - aus Dänemark
Holger_H
2018-04-19 18:36:08 UTC
Permalink
Weil gar zu schön der Wein im Glas geblunken,
hat sich der Hans dicht voll getrinkt.
Drauf ist im Zickzack er nach Haus gehunken –
Und seiner Grete in den Arm gesinkt.
Die aber hat ganz zornig abgewunken
und hat vor ihm die Türe zugeklunken.

Moritz Gottlieb Saphir (1795 - 1858)

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